Читать книгу Perry Rhodan Neo Paket 24 - Perry Rhodan - Страница 18
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Deck 17
Joaquim Madeira und Luisa Landry erkundeten die abgelegenen Bereiche der CREST II. Diesmal nicht in Trainingskleidung oder um die Zeit zu zweit zu genießen, sondern auf ausdrückliche Anweisung ihres Vorgesetzten.
»Sie sind doch Spezialisten darin, sich auf den hinterletzten Decks rumzutreiben«, hatte Oberleutnant Sam Tatham gespottet. »Also machen Sie sich nützlich! Vielleicht finden Sie ja was.«
Was sie suchen sollten, war eine Spur der verschwundenen Teile, die der Oproner Merkosh entwendet hatte. Wie ihnen das auf einem Raumschiff dieser Größe gelingen sollte, war Madeira nicht klar. Aber die Hauptpositronik – die Chefingenieur Darnell nur als SENECA bezeichnete, ganz als sei sie ein weiser alter Mann in einer Toga – hatte aus Aufzeichnungen verschiedener Kameras und Sensoren sowie den Orten der Diebstähle so etwas wie einen wahrscheinlichen Pfad des Oproners extrapoliert. Madeira verstand nicht, wie das funktionierte – er hatte einige der Holos gesehen, und sie zeigten nie mehr als einen Schatten, eine leichte Bewegung der Luft, die sofort wieder verschwand. Er konnte Darnell und seiner Positronik nur glauben.
Dennoch fühlte er sich wie auf einer Geisterhatz.
»Wolltest du nicht immer mal nach Phantomen jagen?«, scherzte Landry. »Das wäre ein hervorragendes Werbeholo für die Terranische Flotte, was wir hier gerade machen. Wie im Kino.«
Sie trugen ihre Einsatzkleidung, nur hielten sie statt ihrer Waffen groteske Teleskopstäbe mit allerhand rotierenden Rädchen und Antennen vor sich. Auch diese hatten ihnen Darnells Leute zusammengeschraubt, und nachdem Madeira dreimal gefragt hatte, was die Dinger denn taten, und dreimal darum gebeten hatte, dass man es ihm noch einfacher erklärte, hatte die Antwort in groben Zügen gelautet: sie maßen Quantenirritationen.
»Meinst du wirklich, irgendjemand würde das anschauen wollen?«, gab er zurück. »Landry und Madeira, die Jäger irritierter Quanten?«
»Die Quantenflüsterer«, erwiderte sie.
»C.S.I. Quantum.«
»P.I. Madeira – und Landry, M.D.«
»Die Quantendoktoren ...«
»... denen Oproner vertrauen«, schloss sie, und sie lachten.
Madeira war bislang neu gewesen, dass sich Quanten überhaupt irritieren ließen. Aber er glaubte, verstanden zu haben, dass man mit diesen Geräten mit einer gewissen Chance überprüfen konnte, ob Merkosh während seiner Schlafwandler-Exkursionen durch eine bestimmte Wand oder ein bestimmtes Gerät gegangen war.
Madeira fand die Gabe des Oproners zutiefst unheimlich. Und die ärgerliche Konsequenz aus dieser Gabe war, dass es buchstäblich keinen Ort auf dem Schiff gab, an den Merkosh nicht gelangt sein konnte. Sie mussten sich wohl glücklich schätzen, dass der Oproner sich bislang nur für vergleichsweise irrelevante Maschinenteile interessiert hatte. Deshalb hatte die Kommandantin vorerst keine Einschränkungen des Schiffsbetriebs angeordnet, und die CREST II setzte ihre Reise wie geplant fort.
»Ich glaube, hier sind wir fertig«, verkündete Landry irgendwann. »Machen wir ein Deck tiefer weiter?«
»Das sollten wir wohl«, stimmte Madeira zu. »Aber findest du es nicht auch auffällig, dass der Pfad, den SENECA uns vorschlägt, uns wieder ganz in die Nähe der Stelle bringt, an der wir voriges Wochenende diesen Leibnitz aufgelesen haben?«
Landry stutzte. »Jetzt, wo du es sagst ... Ja, das ist schon ein Zufall.«
»Vielleicht sollten wir uns diesmal die Zeit nehmen, uns dort gründlicher umzusehen.«
Sie riefen sich einen Lift nach Deck 17 und gingen weiter nach Sektor G. Es dauerte nicht lange, da gerieten die Anzeigen ihrer Quantensensoren in Aufregung.
»Er war hier«, sagte Madeira. »Oder etwas war hier ...«
»Die Frage ist, was«, murmelte Landry und starrte mit großen Augen auf die beweglichen Teile ihres Geräts, die einen skurrilen Tanz aufführten.
»Hörst du auch was?«, fragte Madeira.
Hinter einer Ecke – genau der, wo sie vor dem Start Leibnitz und seine Posbi getroffen hatten – erklang ein leises Surren, das immer wieder anhob, nur um kurz darauf mit einem harten Schlag zu verstummen und Sekunden später abermals zu ertönen.
Madeira steckte seinen Detektor ein und zog seinen Handstrahler. Landry tat es ihm gleich. Automatisch trat sie ein bisschen hinter und neben ihn zurück, um ihm Feuerschutz zu geben. Langsam, die Arme nach vorn gestreckt, die Knie locker, bogen sie um die Ecke.
Es war ein Putzroboter. Eine dieser kleinen, flachen Scheiben, die unermüdlich die Flure nach Staub und Kleinteilen abgrasten wie ein emsiger Meeresbewohner den Grund. Immer wieder rumste die Maschine gegen die Wand, besann sich neu, zog sich zurück und rumste abermals dagegen. Madeira stieß die Luft aus, hielt die Waffe aber weiter im Anschlag. Die Situation wäre vielleicht lustig gewesen, wäre nicht so offenkundig etwas falsch mit diesem Roboter.
Nicht nur mit seinem Verhalten.
»Was ist mit ihm passiert?«, fragte Landry. Fasziniert ging sie näher.
Es sah aus, als wäre der Roboter zur Hälfte in ein Säurebad oder etwas Ähnliches getaucht worden. Etwa in der Mitte verlief eine gerade Linie über seinen Körper. Alles diesseits dieser Grenze war korrodiert oder verätzt, das ursprünglich silbergraue Metall rostbraun, aufgeplatzt.
»Ist er in etwas hineingefahren?«, fragte Landry.
Madeira bückte sich vorsichtig. Immer noch rumste der Roboter gegen die Wand, zog sich zurück, fuhr wieder los.
»Es wirkt wie ... Schrott.« Er merkte selbst, dass das keine sehr hilfreiche Beschreibung war. »Ich meine, es wirkt alt – als wäre die eine Seite des Roboters neu und die andere alt. Sehr alt sogar – tausend Jahre oder mehr. Eine echte Antiquität«, versuchte er zu scherzen.
Landry ging nicht darauf ein. »Was ist mit dir passiert, Kleiner?«, fragte sie stattdessen besorgt. Sie hatte ihre Waffe wieder gegen das Quantenirritationsspürgerät getauscht. »Bist du in was reingeraten?« Da lenkte ein nervöses Geräusch ihres Detektors ihrer beider Aufmerksamkeit auf sich. »Da hinten.« Sie deutete mit dem Messstab.
Madeira erhob sich und trat von dem defekten Roboter zurück. Seine Waffe hielt er weiter vor sich. Immer wieder warf er nervöse Blicke auf Landrys Instrument, dessen kleiner Antennenwald beflissen wedelte.
»Es kommt von da hinten«, wiederholte sie und führte ihn auf ein hohes Tor zu.
Widerwillig beschloss Madeira, Meldung zu erstatten. Er hatte keine Lust auf ein Gespräch mit Sam Tatham, aber es war an der Zeit.
»Madeira an Tatham«, sprach er in sein Komarmband. »Wir sind wieder auf Deck siebzehn ...«
»Ah«, machte der Oberleutnant nach kurzer Pause. »Dachte ich mir's doch. Und, wie ist es da zu dieser Jahreszeit?«
»Wir haben einen defekten Reinigungsroboter gefunden, Sir. Und wir empfangen starke Quantenirritationen von einer nahen Lagerhalle.«
»Na, dann schicken Sie doch mal den Roboter zum Putzen vorbei«, ulkte Tatham. »Aber halten Sie sich ran, wenn Sie zur nächsten Transition in Ihren Quartieren sein wollen.« Er schwieg kurz. »Ach, schon zu spät – wir springen in fünf Minuten. Tausend Lichtjahre, mitten ins Compariat. Halten Sie sich fest, wenn Sie empfindliche Mägen haben.«
Landry, die das Gespräch verfolgt hatte, rollte mit den Augen. Madeira fühlte Wut in sich hochsteigen. Wieso musste ihr Vorgesetzter immer so tun, als wären sie Kadetten im ersten Jahr, die noch nie eine Transition mitgemacht hatten? Auf modernen Raumschiffen spürte man sie kaum noch. Im Vergleich zum Flug durch einen Sonnentransmitter waren sie wie die Fahrt durch ein kleines Schlagloch. Nur extrem empfindliche Menschen hatten ein Problem mit dem Entzerrungsschmerz.
»Verstanden, Sir«, bestätigte er, als hätte Tatham eine nützliche Anweisung gegeben. »Wir schauen nach.« Madeira beendete die Verbindung, ehe Tatham noch etwas sagen konnte.
Sie erreichten das Tor. Landry wartete, bis er in Position war und ihr Feuerschutz geben konnte, so wie sie zuvor ihm. Sie steckte das Messgerät ein und zog wieder ihre Waffe. Dann öffnete sie das Tor.
Zuerst sah er nur Dunkelheit, die automatische Beleuchtung sprang nicht an.
»Positronik!«, befahl Madeira. »Licht!«
Doch es gab keine Reaktion. War es denkbar, dass es ausgerechnet in dieser Halle zu einer weiteren Fehlfunktion gekommen war, die SENECA nicht registriert hatte? Oder hatte Merkosh auch damit etwas zu tun?
Fluchend setzte Madeira die Taschenlampe auf seine Waffe, Landry folgte seinem Beispiel. Suchend tasteten die beiden Lichtstrahlen durch die Halle. Dann trafen sie auf eine reflektierende Oberfläche.
Madeira atmete scharf ein. »Was zum ...?«
In gegenläufigen Richtungen schlichen sie an der Innenwand der Halle entlang, um einen größeren Bereich abzudecken. Dort, wo die Strahlen ihrer Lampen sich trafen, schimmerte ein riesiges, groteskes Gebilde, so hoch, dass es bis unter die Decke des hohen Lagerraums reichte.
»Das sind Frachtcontainer ... Leitern ... Pressluftflaschen ...«, zählte Landry auf.
»Thermoskannen ... Radfelgen ... Energiezellen ... Besenstiele ... Rohre ...«, fuhr Madeira fort.
Er verstand nicht, was er sah. Eine wilde Mischung alltäglicher Gegenstände, manche banal, andere komplex. Ihre einzige Gemeinsamkeit schien zu sein, dass sie mehr oder weniger silberfarben waren ... und sich mit entsprechendem Aufwand wohl noch eben so von einer einzelnen Person transportieren ließen.
»War er das?«, fragte Madeira. »Der Oproner?«
Landry schüttelte den Kopf. »Ich weiß es nicht. Wenn ja ... was hat er damit gemacht?«
Madeira trat näher an das Gebilde heran. Die Anordnung der Gegenstände folgte keinem erkennbaren Muster, außer dass es dem Architekten anscheinend gelungen war, sie ohne Hilfe eines Schweißgeräts oder Klebstoffs zu arrangieren. Ein Mikadohaufen aus gestohlenem Schrott – es wäre bewundernswert gewesen, hätte es nicht zugleich so geisteskrank ausgesehen.
Landry musste denselben Gedanken gehabt haben. »Wie ein verrücktes Kunstwerk«, hauchte sie, den Kopf in den Nacken gelegt.
Madeira wollte noch etwas sagen, dann stutzte er. »Moment mal ...«
Sein Herzschlag beschleunigte sich. Er aktivierte seine Helmkamera und griff nach dem Armbandkom. Nur eine Sekunde lang zögerte er – dann rief er die Zentrale.
»Sarah Maas?«, meldete sich eine freundliche Stimme, die wahrscheinlich gerade seine Kennung überprüfte. »Was gibt es ... Leutnant Madeira? Sie rufen etwas ungünstig an – wir sind kurz vor dem Sprung.«
»Keine Zeit für lange Erklärungen«, haspelte er. »Wir stehen in einem Lagerraum auf Deck siebzehn und haben die entwendeten Bauteile gefunden. Bitte überprüfen Sie das Signal meiner Kamera und bestätigen Sie, dass das, was ich da sehe ...« Er schluckte. »Ich glaube, es sind Teile aus Strukturfeldkonvertern. Bitte bestätigen! Es ist wirklich dringend.«
»Verstanden«, sagte die Funkerin knapp. Sie musste ebenso wie er den Ernst der Lage erfasst haben.
Kein Ort auf dem Schiff, an den Merkosh nicht gelangt sein konnte ...
Wenn der Oproner tatsächlich Teile aus den Strukturfeldkonvertern des Transitionsantriebs gestohlen hatte ...
Auch Luisa Landry war ganz blass geworden. »Hat sie gesagt, wir stehen kurz vor dem Sprung?«, fragte sie.
»Zentrale?«, rief Joaquim Madeira und verspürte plötzlich nackte Panik. Wieso meldeten die sich nicht? »Zentrale! Leutnant Madeira an Gabrielle Montoya! Bitte kommen!«
Im nächsten Moment spürte er das charakteristische Ziehen des Entzerrungsschmerzes.
Dann schmetterte ihn ein furchtbarer Schlag an die Hallenwand, und Merkoshs Skulptur kollabierte – so wie alles in diesen Sekunden in sich zusammenbrach.