Читать книгу Banditen und Revolver-Docs: Super Western Sammelband 9 Romane - Pete Hackett - Страница 8
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ОглавлениеSchlaksig, die Schultern krumm, stand er da. Seine hellblauen Augen waren missmutig auf die etwa vierzigjährige Frau gerichtet, und seine knochigen Hände hatte er mit den Daumen in seinen abgeschabten Gürtel gehakt.
Die Frostbeulen gaben ihm ein fürchterliches Aussehen; sein langes blondes Wuschelhaar machte es nicht besser. Die Kleidung wirkte ärmlich, zerschunden und verwaschen. Tatsächlich hätte er seit zwei Jahren dringend neue Hosen und eine neue Jacke gebraucht. Aber dazu reichte es nicht. So wurden sie immer wieder geflickt. Wieder und wieder.
„Wo will er nur noch hinwachsen?“, hatte die Frau schon gesagt, als er mit achtzehn Jahren in ihr Haus gekommen war. Das war jetzt drei Jahre her. Er wuchs nicht mehr, aber das wäre auch furchtbar gewesen. Er maß gut sechs Fuß, und in Mrs. Howards Haus war so gut wie keine Tür, deren Rahmen nicht zu niedrig für seinen Wuschelkopf gewesen wäre.
„Er ist ein Lump, ein gefährlicher, schmutziger Lump“, sagte die Frau, und ihre Stimme klang kratzig und gereizt. „Auf so einen Vater kannst du dir nichts einbilden. Gar nichts!“, fügte sie heftig hinzu und fuchtelte mit dem langen Brotmesser vor Glenns Nase herum.
Die Frostbeulen vom letzten Winter waren jetzt im Mai nochmals zu neuer Blüte gelangt. Sie juckten, brannten und glühten. Vom vielen Kratzen war alles blutig auf seinen Wangen und der Stirn.
Er sah sie an, wie sie immer noch mit dem Brotmesser herumfuhrwerkte und mit hochrotem Gesicht auf ihn einredete. Sie sprach von seinem Vater. Seit drei Jahren war es ihr liebster Gesprächsstoff. Aber, so fragte er sich, was sonst würde sie noch interessieren als der Klatsch um seinen Vater. Sie war einst eine Freundin von ihm gewesen. Deshalb war er ja zu ihr gekommen.
Komisch, dachte er, dass sein Vater diese dicke, wenig hübsche Frau zur Freundin gehabt haben sollte. Aber er wusste, dass es viele Freundinnen seines Vaters gab. Seines Vaters, von dem er seit mindestens zehn Jahren nichts gehört und nichts gesehen hatte.
Nun war er bei Mrs. Howard. Bei der ewig schimpfenden und unentwegt schnatternden Mrs. Howard, die jetzt dick und breit vor ihm stand und wieder einmal feststellte, dass der Mann, der ihr Freund gewesen sein sollte, ein Lump war. Vielleicht, so dachte Glenn, würde sie ganz anders reden, stünde sein Vater plötzlich vor ihr. Vielleicht. Aber er ließ sie reden. Er hatte sie in den drei Jahren immer reden lassen. Weil er nicht vergaß, was sie für ihn am Anfang getan hatte. Damals, als er halbtot hier anlangte. Nur mit dem Cayusen, dem Sattel und Vaters altem Patterson-Colt, einer Waffe, die ihm Mutter vermacht hatte. Damals war er zu Mrs. Howard gekommen, deren Namen und Adresse ihm seine Mutter auf dem Sterbebett nannte. Und Mrs. Howard hatte ihn aufgenommen. Wie einen Sohn nicht gerade. Aber auch nicht wie einen Aussätzigen. Und Glenn stellte keine großen Ansprüche. Nur ein Dach über dem Kopf und etwas in seinen ewig hungernden Magen, mehr wollte er nicht. Und das beides gab es bei der dicken Frau mit dem breiten Gesicht, in dem die Nase wie aufgesetzt wirkte.
„Dein Vater ist ein Spitzbube. Ganze Städte hat er in Angst und Schrecken versetzt“, fuhr sie wieder fort und stemmte die Hände herausfordernd in die Hüften. „Ich weiß noch, als er damals vor zwölf Jahren in Laramie auftauchte. Wer ihn nur von der Seite ansprach, den forderte er zum Duell. Und Mackinshaw, dieser Halbidiot, machte ihn noch zum Deputy-Marshal. So etwas muss sich ein Mensch überlegen. Wozu ein Männerhirn alles fähig ist, das ist geradezu unbeschreiblich. Und dein Vater tobte in der Stadt wie ein Blizzard. Junge, Junge, was war das eine Zeit! Schrecklich! Dann schleppte er deine Mutter und dich an. In der Stadt hatte er drei, vier Freundinnen. Er fand es großartig, dass die mit deiner Mutter herumkeiften ... Nein, Junge, nein, so einen wie ihn hätte man in den nächsten Sumpf werfen sollen. Mehr wert war er nicht. Ist er auch jetzt nicht, falls ihn der Teufel nicht endlich geholt hat.“
Glenn reckte sich auf, bis sein Wuschelhaar oben an den Türpfosten geriet.
„Er ist trotzdem mein Vater. Und ich weiß nicht, ob das zu ändern ist.“
Die dicke Frau seufzte laut und brummte dann, während sie sich wieder über den Teig hermachte: „Ja, das ist es ja, niemand wird es ändern, und es hängt dir ein Leben lang an.“ Sie sah ihn wieder an. Ihre Augen schienen zu glühen, so erregt war sie. „Aber glaube mir, Glenn, glaub es nur, auch wenn du es nicht begreifen solltest: Wenn er halbwegs ein Kerl gewesen wäre, nur halbwegs, Glenn, dann hätte er etwas für dich getan. Aber das hier hat er getan, nur das ...“ Sie schnippte mit den Fingern und zuckte die Schultern, wandte sich wieder ab und murmelte erbost: „Weiber, Karten, Revolverknallerei, das war alles, was er im Kopf hatte ... oder noch hat. Junge, ich wollte, du hättest dieses Ding da nie in die Hand genommen.“ Sie deutete auf den unansehnlichen Patterson-Colt, der an Glenns rechter Seite herabbaumelte und so gar nicht zu diesem schlaksigen jungen Manne zu passen schien.
„Ich bin nicht hier, Mrs. Howard, um über meinen Vater zu reden.“
Sie seufzte wieder.
„Man könnte fortwährend von ihm sprechen, gerade mit dir. Schon zur Abschreckung.“
Glenn reagierte nicht darauf, sondern fuhr fort: „Ich habe bei Ionu aufgehört.“
Sie ließ entsetzt das Brotmesser aus der Hand fallen, dass es mit einem Missklang zu Boden fiel. Erschrocken sah sie ihn an.
„Aufgehört? Bei Ionu? Obwohl er dich die ganzen Wintermonate auf der Lohnliste gelassen hat?“
„Er hat gesagt, dass mein Vater ein Mörder ist. Und er hat gesagt, dass ich nicht mit auf den Trail gehen könnte, weil der Sohn von Harry Scott nicht zuverlässig sei. Kein Mördersohn wäre es, meinte er.“
Mrs. Howards Gesicht wurde jäh blass. Dann platzte sie heraus: „Dieser alte Dummkopf! Dieser einmalig bornierte Hornochse!“ Sie ließ sich auf den wackeligen Stuhl niedersinken, dass der unter dem hohen Gewicht ächzte. Erschüttert stützte sie den Kopf in die Hände und murmelte: „Das ist nun schon der dritte.“ Plötzlich sah sie zu ihm auf und fragte: „Und du? Was hast du getan?“
Glenn biss sich auf die Lippen. Als er ihr dann antwortete, sah er sie nicht an.
„Ich habe nichts tun können. Als er das sagte, war die halbe Mannschaft um ihn. Sie haben nur darauf gewartet, dass ich etwas täte. Roy hielt eine Parker in der Hand. Er hätte bestimmt abgedrückt, wenn ich nur einen Schritt nach vorn gegangen wäre.“
„Aber gesagt, Glenn, gesagt wirst du doch etwas haben?“, forschte sie.
Er nickte matt. „Ja, ich habe gesagt, dass ich es mir sehr gut merke.“
Sie schüttelte müde den Kopf.
„Er ist der reichste Rancher hier. Wenn er dir keinen Lohn mehr zahlt, werden es andere auch nicht tun.“
„Ja, und deshalb will ich hier weg.“
Sie stand auf, starrte auf den riesigen Berg Brotteig und stach wahllos mit dem Messer hinein. „Wie dein Vater. Er überwarf sich mit den Leuten, dann ging er einfach weg. Weiter, weiter, immer weiter. Und zurück blieben Menschen, die ihn sogar trotz allem noch gerne gehabt ... Ach, was rede ich.“ Sie wandte sich ab und wischte sich verstohlen mit dem Schürzenzipfel über die Augen.
„Mrs. Howard, ich will nicht, dass Sie mit mir noch mehr Ärger ...“
Entrüstet wandte sie sich ihm wieder zu.
„Du dummer Junge!“, fuhr sie ihn an. „Was weißt du von Ärger?“ Ihre Schwäche schwand, und sie sah ihn plötzlich entschlossen an. „Nein! Du wirst hierbleiben. Du wirst hierbleiben und dich behaupten. Ich werde einen Brief schreiben. Los, hol mir Papier und den Kiel! Ich will schreiben! Nun geh schon, du weißt doch, wo alles liegt!“
Er verstand nicht, was sie wollte, an wen sie zu schreiben beabsichtigte. Er verstand ja überhaupt diese Frau nicht. Einmal war sie barsch und abweisend, als sei sie es leid, dass er überhaupt einmal zu ihr gekommen war. Dann wieder konnte sie wie eine Mutter zu ihm sein. Und manchmal behandelte sie ihn, als sei er noch ein zwölfjähriger Naseweis.
Ihm tat es nicht um den Job bei Ionu leid. Sicher, es war eine große Ranch, das Essen war sogar den Winter über gut, und zwanzig Dollar im Monat konnte hier nicht jeder zahlen. Wenn Glenn das Geld auch immer bis auf zwei Dollar an Mrs. Howard abgeliefert hatte, so fand er das doch völlig in Ordnung. Mrs. Howard musste ja auch leben. Und damals, als er halbtot zu ihr gekommen war, hatte sie das bisschen, das sie hatte, mit ihm geteilt. Nein, das sollte auch so bleiben, wenn er nicht mehr hier sein würde.
Er besorgte das Papier, die Tinte und den Federkiel. Er sah zu, wie sie umständlich die vorsintflutliche Kielfeder spitzte, neu einkerbte und dann mit hohen, ungelenken Buchstaben zu schreiben begann. Schreiben und lesen hatte sie ihn auch gelehrt. Ohne Mrs. Howard wäre er ein Analphabet geblieben. Ohne sie könnte er nicht rechnen und wüsste nicht, dass die Erde eine Kugel ist. Auf sein Wissen und seine Bildung hatte sie viel Zeit verwandt. Obgleich er weder ihr Sohn noch ein Verwandter war. Nur der Sohn des Mannes, mit dem sie einmal für wenige Jahre zusammengelebt hatte. Der Sohn ihrer Rivalin, die ihm kurz vor ihrem Tode auftrug, eine Mrs. Howard in Wendover aufzusuchen und sie um Unterkunft zu bitten.
„Du kannst dich inzwischen mit dem Teig befassen. Knete ihn noch mal durch, und dann machst du die Brote zurecht! Wir backen heute Nachmittag. Fang nur an!“, sagte sie und schrieb dann weiter.
Er krempelte seine Ärmel hoch und wollte gerade beginnen, als vor dem Haus Hufe klapperten, ein Sattel ächzte, und kurz darauf pochte es hart an die Tür.
„Sieh nach, wer es ist!“, sagte Mrs. Howard, und Glenn nickte nur.
Während er zur Tür ging, überkamen ihn dumpfe Ahnungen. Er konnte nicht ergründen, was ihn erwartete, aber er spürte, dass es Kummer geben würde. Etwas flau öffnete er die Tür und sah verblüfft in das tiefgebräunte und zerfurchte Gesicht des Vormannes Roy.
Groß, breitschultrig und wie die Inkarnation des Begriffes Cowboy stand Roy vor ihm. Eine Strähne seines pechschwarzen Haares hing ihm in der Stirn, der verbeulte Hut hing keck im Genick und Roys ganze Kleidung war über und über mit Staub bedeckt.
„Du hast etwas vergessen, Kleiner“, sagte er und lächelte geringschätzig. „Du hast vergessen, uns zu sagen, dass sie schon hier sind.“
„Wer?“, fragte Glenn verständnislos.
Roy lächelte immer noch, und sein Gesicht wurde um einen Schein härter und entschlossener. „Ich spreche, wie du sehr gut weißt, von deinem Alten und seinen vier Freunden. Sie sind schon da, und ich bin hier, um etwas für die Straight I zu tun. Du wirst deinen Cayusen satteln und mitkommen.“
„Ich stehe nicht auf der Lohnliste der Straight I“, sagte Glenn mechanisch, ohne sich weiter zu überlegen, was er sagte. Er dachte nur an die Nachricht, die ihm Roy da überbracht hatte. Sein Vater mit vier Freunden hier in Wendover! Sein Vater, den er seit Kindesbeinen nicht mehr gesehen hatte.
„Also, nun mach schon!“, herrschte ihn Roy an.
„Du hast gesagt, dass mein Vater ...“
„Ja, und er hat Mr. Ionu wissen lassen, dass er sich den Lohn für dich abholen will.“
„Ich begreife nichts.“
Roy lachte rau.
„Klar, du hast noch nie etwas begriffen. Aber vielleicht weißt du wirklich nicht ...“
Die Stimme von Mrs. Howard unterbrach ihn jäh: „Was ist hier los? Was wollen Sie, Mr. Carteen? Was wollen Sie noch von Glenn?“
„Er soll mitkommen. Harry Scott ist mit vier Männern gekommen. Er will bei Mr. Ionu den Lohn für den hier kassieren.“ Dabei wies er auf Glenn. „Wir haben Glenn ausgezahlt.“
„Sicher. Und Mr. Ionu hat sich dabei benommen wie ein Gentleman, das muss man ihm lassen“, höhnte sie. „Was hat dieser Junge mit Harry Scott zu tun? Er ist sein Sohn, gewiss, aber er hat ihn vielleicht vor zehn oder mehr Jahren zum letzten Male gesehen. Und was geht es euch noch an? Jetzt ist er wieder bei mir, und da bleibt er.“
Roy schüttelte den Köpf.
„Nein, Madam“, erklärte er fast sanft. „Ich habe einen ganz genauen Auftrag. Und Mr. Ionu hat es gar nicht gern, wenn seine Mannschaft ein schlechtes Gedächtnis zeigt.“
Glenn war es von Mrs. Howard immer eingehämmert worden, dass er friedlich sein sollte. Immer wieder. Sie hatte ihm auch gesagt, ein Mann mit einem solchen Vater müsse sich Mühe geben, nicht aufzufallen. Ihr zuliebe hatte er sich bemüht, so zu sein. Drei Jahre lang. Drei lange Jahre schluckte er viel, sehr viel. Bedeutend mehr, als sein Stolz ertragen wollte. Doch jetzt war das Fass übergelaufen. Er spürte, wie ihm die Röte des Zornes ins Gesicht schoss. Er spürte, wie ihn die Lust ergriff, diesen hochmütigen Vormann zusammenzuschlagen. Aber noch war ein winziger Rest Beherrschung in ihm.
Roy zerschlug auch das, als er sagte: „Was geht Sie dieser Bursche hier überhaupt an, Mrs. Howard? Was kümmern Sie sich um ihn? Oder stimmt es etwa, dass Sie mit Harry Scott auch ...“
Da schlug Glenn zu. Er sprang wie ein Panther an Mrs. Howard vorbei, und nichts an ihm war noch schlaksig. Einer Feder gleich schnellte seine rechte Faust in Roys Gesicht, die Linke setzte nach und traf Roy in die Lebergegend.
Der Angriff kam Roy so überraschend, dass es ihn umriss. Er stürzte rücklings zu Boden, dicht neben die Hufe seines aufgeregt tänzelnden Pferdes.
Glenn sah weder rechts noch links. Aller Hass, alle angestaute Wut entlud sich jetzt. Er hörte den Aufschrei der Frau hinter sich, er vernahm nur im Unterbewusstsein eine zornige Stimme auf der anderen Straßenseite. Was er sah, war nur Roy, der sich gerade auf die Seite wälzen wollte.
Roy war stärker und geschickter im Kampf als er. Aber jetzt zählte das alles nicht. In Glenn waren infolge des Zornes Kräfte erwacht, die nicht zu berechnen waren. Nicht für Roy.
Plötzlich packte Glenn zu, riss Roy halb hoch und schlug erneut mit einem Fausthieb in dessen Gesicht. Roy schrie gequält auf, wollte nun wieder auf die Beine kommen, aber da prasselten Schläge auf ihn ein, die ihn wieder in den Staub warfen.
„Aufhören!“, brüllte es von der anderen Straßenseite. Dann fiel ein Schuss, aber Glenn reagierte auf nichts. Er zertrümmerte den viel stärkeren Roy nach allen Regeln der Kunst.
Dann, als Roy schlaff im Schmutz der Straße lag, richtete sich Glenn auf. Seine Handknöchel waren blutig, und die Wut entstellte sein Gesicht.
Nun erst gewahrte er den Mann mit dem Gewehr. Er sah den Stern an dessen Weste, das zornige Gesicht und die weißen Schläfen, die jetzt im Sonnenlicht blond wirkten.
„Bist du des Teufels, du Narr“, schrie der Marshal erneut und richtete die Waffe auf Glenn. „Das ist keine Rinderstadt, in der geschossen und geschlagen wird. Ich sperre dich dafür drei Tage ein!“
Glenn war noch nicht fertig. Auch Marshal Hattkinson hatte ihn immer verhöhnt und schikaniert. Und Glenn sah in ihm gar nicht den würdigen Gesetzesvertreter, bieder und aufrecht. Trotz seines guten Aussehens, trotz der weißen Schläfen und dem scheinbar aufrechten Wesen war Hattkinson korrupt und parteiisch. Glenn hatte selbst erlebt, wie es war, wenn Mr. Ionu mit Hattkinson sprach. Er wusste auch, dass Hattkinson einmal von Ionu mit Geld bestochen worden war, als der Rancher der Broken Ring Klage gegen die Straight I erhoben hatte, weil eine Herde der Straight I auf dem Weideland der Broken Ring fast drei Wochen gegrast hatte. Damals ließ Hattkinson die Geschichte einfach auf sich beruhen. Er könnte keine Beweise finden, hatte er erklärt. Fertig.
Und nun stand dieser Hattkinson vor Glenn. Wieder die ganze Würde des Gesetzes ausstrahlend; so schien es. In Glenn flammte die Wut wieder auf.
„Du bist auch so ein Schuft!“, keuchte er. „So ein dreckiger Lappen, der hier tut, als hätte er Anstand und Weisheit in Erbpacht. Aber mir macht ihr hier nichts mehr vor. Drei Jahre habe ich mich von euch in den Dreck treten lassen, nun ist es vorbei.“
„Du verdammter Kerl, nimm die Pfoten hoch, sonst ...“, schrie Hattkinson und kam einen Schritt näher, die Winchester noch immer auf Glenn gerichtet.
„Schieß doch! Ein geschmierter Marshal bist du schon. Nun schieß, damit aus dir auch noch ein Killer wird!“, fuhr ihn Glenn an.
„Bei Gott, ich tue es wirklich!“, rief Hattkinson, wich aber wieder einen Schritt zurück, und in seinem Gesicht zeigte sich etwas, das gar nicht zu seinem sonstigen Stil passte. Er schien Glenn in diesem Augenblick wirklich zu fürchten. Vielleicht war es der Ausdruck in Glenns von aufgehenden Frostbeulen verunstaltetem Antlitz. Vielleicht nur der Blick aus den hellen Augen des wütenden jungen Menschen.
„Bei Gott, hast du gesagt. Nimm das nicht in den Mund, du Heuchler! Sprich du lieber vom Teufel!“, schnauzte ihn Glenn an.
Er spürt die Hand von Mrs. Howard an seinem Arm. Und er hörte, wie sie um Atem ringend keuchte: „Junge, stell dich nicht gegen ihn! Junge, tu es nicht! Er trägt den Stern ...“
Ohne auf sie zu sehen, immer nur den Blick auf Hattkinson gerichtet, sagte Glenn scharf: „Wirklich, das ist es ja, dass ausgerechnet er ihn trägt. Er, dieser feine Lord, der hier tut, als wäre die ganze Welt ein Sumpf, wenn es ihn nicht gäbe. Ich werde ...“
„Nichts wirst du!“, rief eine tiefe Stimme seitlich von Glenn.
Er sah kurz hinüber, und auch Hattkinson blickte zur Seite. Und da sahen sie die fünf Reiter. Und sie alle hörten, wie Mrs. Howard mit überschnappender Stimme rief: „Harry! Nein, Harry, nein! Warum ...“
Glenn wandte sich rasch um und konnte Mrs. Howard auffangen, bevor sie ohnmächtig umkippte. Er hielt noch die schwere Last in den Armen und wollte Mrs. Howard vorsichtig zu Boden lassen, als der vorderste der fünf Reiter einem seiner Begleiter zurief: „Achtet auf diesen Sternträger, ich kümmere mich um die Lady!“
Indessen war Roy aus seinem Tiefschlaf erwacht und glotzte verständnislos um sich. Er wollte sich erheben, aber es ging wohl noch nicht, und er tastete ächzend nach seinem Gesicht.
Hattkinson stand wie gelähmt. Der Gewehrlauf war herabgesunken, und der Mann starrte wie gebannt auf den großen, hageren Mann, der nun aus dem Sattel geglitten war und mit federnden Schritten auf Glenn und Mrs. Howard zuging.
Er hatte ihn noch nie gesehen, und es gab auch keine Steckbriefe von ihm, dennoch begriff Marshal Hattkinson in diesem Augenblick alles. Er wusste, wer dieser etwa achtundvierzigjährige Mann sein musste.
Auch Glenn wusste es, denn so, wie er den Mann vor sich sah, so hatte er ihn auch in Erinnerung. Nur noch hagerer, noch faltiger im Gesicht und noch kantiger war er geworden. Sein Vater Harry Scott. Den Mrs. Howard einen Lumpen genannt hatte. Von dem Ionu behauptet hatte, er sei ein Mörder.
Er sah nicht wie ein Mörder aus, auch nicht wie ein Lump. Glenn, der noch immer das ganze Gewicht von Mrs. Howard in den Armen hielt, ahnte in diesem Augenblick, dass sein ganzes Leben auf einem Scheitelpunkt stand. Vor seiner hundertachtziggradigen Wende.
Er blickte Harry Scott an, und der Name Vater war in diesem Moment das Letzte, das ihm über die Lippen gekommen wäre. Obgleich er ihn genau wiedererkannte, war sein Vater für ihn wie ein Fremder. Wie ein Mensch, den man irgendwann einmal gut gekannt und lange nicht mehr gesehen hatte.
Harry Scott griff der Frau unter die Arme und hob sie wie ein Leichtgewicht auf, schleppte sie bis zu der verwitterten Bank auf der Veranda und setzte sie dort nieder. Das war der Augenblick, in dem sie zu sich kam.
„Harry!“, lispelte sie, und in ihrem breiten Gesicht stand alles geschrieben: die offenbar unvergängliche Zuneigung zu diesem Manne, die Furcht vor ihm und ihre noch immer nicht überwundene Überraschung.
„Nur keine falschen Bewegungen, Mister!“, rief einer der Männer, die mit Harry Scott gekommen waren. Und dies galt Marshal Hattkinson, der gerade den matten Versuch machte, in dieser Szene doch noch eine annehmbare Rolle zu spielen.
„Kümmere dich um Mrs. Howard!“, sagte Harry Scott zu seinem etwas ratlos dreinblickenden Sohn. „Hol ihr einen Schluck Wasser!“
Von Kind an war Glenn geschickt worden, hatte er Befehle und Weisungen empfangen. Er schien richtig froh, jetzt etwas tun zu können, irgendeinen Befehl zu erhalten. Er hastete ins Haus, holte ein Glas und kam mit dem Wasser zurück. Doch in diesen wenigen Sekunden hatte sich draußen das Bild verändert.
Roy war aufgestanden. Ein wenig unsicher lehnte er an der Hauswand. Vor ihm lag sein Waffengürtel, und nicht weit davon stand einer der Männer, die mit Harry Scott kamen.
Hattkinson hielt kein Gewehr mehr. Glenn sah es in den Händen von Harry Scott. — Eigenartig, er selbst nannte seinen Vater auch insgeheim beim vollen Namen und nicht etwa Vater.
Harry Scott lächelte noch immer, aber aus Hattkinsons Gesicht war jede Spur von spöttischer Überheblichkeit der nackten Angst gewichen. Der sonst so selbstbewusste Marshal machte gar keine gute Figur in diesen Augenblicken, und gerade Glenn stellte das vielleicht mehr als jeder andere fest.
Drüben auf der anderen Straßenseite waren ein paar Neugierige zusammengekommen. Überwiegend Männer aus der Stadt. Keiner rührte eine Hand für Hattkinson. Sie standen wie vor einer Bühne, wo sich ein interessantes Geschehen ganz zu ihrer Unterhaltung abspielte.
Mrs. Howard trank das Wasser, als Glenn es ihr reichte. Mit jedem Schluck, den sie trank, kehrte wieder die alte Gesichtsfarbe zurück. Sie sah beunruhigt auf Glenn und flüsterte ihm zu: „Was soll jetzt bloß werden?“
„Nichts Schlimmes“, tröstete Glenn, obwohl er gar nicht so empfand. Das plötzliche Erscheinen seines Vaters mochte wohl im Moment für ihn befreiend gewirkt haben, was Hattkinson anging. Sonst aber fürchtete Glenn das Unbekannte, das wie drohend auf ihn zuzukommen schien. Er ahnte mehr als zuvor, dass alles fortan anders verlaufen würde. Einesteils lockte es ihn, andererseits hatte er vorhin zum ersten Mal eine starke Zuneigung zu Mrs. Howard gefühlt, die in ihm wohl doch so etwas wie einen Sohn sah.
Er kam nicht dazu, weitere Probleme zu verarbeiten.
Hattkinson machte einen schwachen Versuch, sich aus der Affäre zu ziehen.
„Das kostet Sie eine Menge, Scott“, sagte er drohend.
Harry Scott schüttelte ungläubig den Kopf und spottete: „Davor habe ich aber tatsächlich große Angst, du Held! Jetzt hast du wohl nicht mehr den unerfahrenen, verängstigten Burschen vor dir wie eben. Aber lass nur, Marshal, wir tun dir nichts! Ich möchte dich nur noch fragen, was mein Junge bei den Ionus gemacht hat, dass man ihn zum Teufel jagte. Na?“
Hattkinson blickte auf Roy, der verbissen vor sich hinstarrte.
„Ach so“, meinte Harry Scott, „der weiß es wohl besser? Was ist das überhaupt für ein Vogel?“
„Der Vormann von Ionu.“ Hattkinson schluckte nach dieser Auskunft, als fürchte er die Rache Ionus, weil er es gesagt hatte.
Roy reagierte nicht.
„Na, Cowboy, und was wolltest du hier, dass mein Junge dich kurz mit der Handschrift der Scotts bekannt machen musste?“
Roy blickte hasserfüllt auf Harry Scott.
„Sollen wir den etwas zur Höflichkeit erziehen, Harry?“, rief einer der drei, die noch zu Pferde saßen und ihre Hände an den Coltkolben hatten.
Mit einer Handbewegung wehrte Harry Scott dieses Ansinnen ab.
„Er redet freiwillig. Er sieht nicht dumm aus. Deshalb wird er uns schön alles haarklein berichten. — Nun, Cowboy?“
Doch dazu kam es zunächst nicht. Denn plötzlich begann Mrs. Howard zu erzählen. Sie sprudelte die Worte wie ein Wasserfall hervor und schilderte die Gründe von Roys Auftauchen an der Haustür.
Harry Scott hörte es, ohne mit der Wimper zu zucken; nur sein Lächeln machte einem grimmigen Gesichtsausdruck Platz. Und als Mrs. Howard fertig war, sagte er schroff: „Es ist ein gutes Gefühl, den richtigen Sohn zu haben. Glenn, mein Junge, diesen Skunk brauchen wir gar nicht mehr zu fragen. Wir werden ihn mitnehmen zu seiner Ranch. Ich bin der Meinung, dass du dort noch etwas vergessen hast.“
„Vergessen?“, fragte Glenn etwas betroffen. Er wollte nie wieder zu der Straight I hinaus. Nie wieder!
„Ja“, wiederholte Harry Scott, „du hast etwas vergessen. Nämlich die Rechnung einzukassieren.“ Er wandte sich dem Marshal zu. „Diese Stadt hat sich meinem Jungen gegenüber sehr schlecht benommen, wie ich hören musste. Auch Mrs. Howard hättet ihr besser behandeln können. Das soll sich etwas ändern, Marshal. Meine Freunde und ich sind der Überzeugung, dass hier in dieser Stadt viele Gentlemen herumlaufen, die sich freuen, wenn sie bald Gelegenheit haben zu beweisen, wie gut sie erzogen sind. Marshal, dieser Mann dort ...“, er wies auf Roy, „... dieser Mann hat Mrs. Howard beleidigt. Kann man das in dieser Stadt ungestraft tun?“
Hattkinson hatte Angst. Angst vor dem überlegen wirkenden Mann, von dem er so viel schon gehört hatte. Den er nicht zu reizen wagte, weil man sagte, Harry Scott sei ein enorm schneller Schütze. Ein Mann auch, der keine Skrupel kenne.
Der Stern an seiner Brust gab Hattkinson keine Kraft. Schon der Blick aus Scotts Augen schien ihn förmlich zu hypnotisieren. Wie der Blick eines Tigers, der sein Opfer in die Knie zwingt, bevor der entscheidende Sprung kommt.
Hattkinson nickte beklommen. Doch damit schien Harry Scott nicht zufrieden. Er hob ostentativ die Hand ans Ohr, als habe er nichts gehört.
„Ich kann nichts verstehen, Marshal. Ich möchte es hören. Lauter, Marshal! Kann ein Mann in dieser Stadt ungestraft eine Lady beleidigen?“
„Nein“, krächzte Hattkinson.
Die vier Begleiter Harry Scotts lachten schallend, doch Scott selbst nickte nur, als habe er eine andere Antwort nicht erwartet.
Glenn schaute seinen Vater bewundernd an. Meine Güte, dachte er, ich bin immer ein Würstchen gewesen, ein getretener Wurm, und er kommt hier an, ist im Handumdrehen mittendrin und macht aus Hattkinson einen Popanz; während ich Hattkinson jahrelang gefürchtet habe wie eine unbesiegbare Gefahr.
Noch etwas bewunderte Glenn im Stillen. Er wusste, dass die ganze Stadt seit seiner eigenen Anwesenheit auf seinen Vater geschimpft hatte. Dass sie — und auch Mrs. Howard — allesamt immer gesagt hatten, sie würden diesen „Banditen“ zur Hölle jagen, käme er jemals nach Wendover. An den Füßen wollten sie ihn mit einem Pferd aus der Stadt schleifen.
Nun war er hier. Mitten in ihrer Stadt. Aber drüben auf der anderen Straßenseite standen sie nur und gafften. Nichts weiter. Sie würden nicht um eine Million eine Hand rühren gegen ihn.
Harry Scott schien auch das nicht anders erwartet zu haben. Und nun trieb er es noch weiter. Er wandte sich den Leuten drüben zu.
„He, seid ihr auch der Meinung von eurem Marshal?“ Viele nickten, manche stimmten lauthals zu. „Bravo“, rief Harry Scott, und über sein hageres, von Falten durchfurchtes Gesicht glitt ein Lächeln. „Ich wusste, und ich habe prophezeit, dass es hier massenhaft wahre Gentlemen gibt. Also, Marshal, dann belegst du diesen Hundesohn hier mit einer Geldstrafe. Sagen wir hundert Dollar. Die soll er gleich an Mrs. Howard auszahlen. Ist das richtig?“
„Ich habe keinen Cent!“, schrie Roy entsetzt auf. Und von seiner selbstbewussten Art war nichts mehr geblieben als das, was er jetzt zeigte, und was auch Hattkinson anzusehen war: Angst.
„Bist du dieser Meinung, Marshal?“, wiederholte Harry Scott.
Hattkinson brummelte ein gequältes Ja. Man sah ihm an, dass er jetzt allem zustimmen würde, was Harry Scott verlangte. Seine Frucht vor Ionu schien vergessen oder zumindest in den Hintergrund getreten zu sein.
„Gut, ihr Männer dort drüben, was meint ihr: ist dieses Pferd den Betrag von hundert Dollar wert?“ Harry Scott wies auf Roys Wallach.
„Ja, es geht so“, rief ein pausbäckiger junger Bursche.
„Wir sind nicht kleinlich. So werden wir das Pferd nehmen. Marshal, das ist Ihre Sache.“
Nun begann sich Hattkinson die Gefahr seitens der Straight I auszumalen.
„Es wird Schwierigkeiten mit Mr. Ionu geben“, sagte er leise.
„Ja, die wird es bestimmt geben“, meinte Roy trotzig.
Harry Scott machte eine abwehrende Handbewegung.
„Wir wollen uns davon nicht weiter beeindrucken lassen, Cowboy. — Aber nun weiter. Du hast eine Schlägerei in einer friedlichen Stadt ausgetragen, Cowboy. — Eh, Marshal, wie hörte ich vorhin? Du wolltest ihn drei Tage einsperren. Da habe ich doch richtig gehört, wie?“
Die Männer auf der anderen Straßenseite lachten, auch die vier Begleiter Harry Scotts brachen wieder in schallendes Gelächter aus. Nur Harry Scott blieb gelassen.
Hattkinson verzog das Gesicht. Nochmals nahm er Anlauf zu einer Widerrede, aber schon der Blick Harry Scotts stoppte ihn, bevor er überhaupt angefangen hatte. So meinte er nur flau: „Eigentlich sind beide schuld.“
„Dafür hängt euch Ionu an einen Strick“, behauptete Roy.
Harry Scott sah ihn scharf an.
„Wenn du noch einmal ungefragt etwas von dir gibst, wirst du Zahnschmerzen bekommen. — Weiter, Marshal, vorhin warst du doch gar nicht der Meinung, dass beide ...“
Drüben auf der anderen Straßenseite rief ein krausköpfiger Hüne: „Er steckt immer die ins Loch, die übrigbleiben. Gib es ihm, Fremder!“
Harry Scott zuckte herum, als habe ihn eine Natter gebissen. Er blickte zu dem Krauskopf hinüber und meinte verständnislos: „Fremder? Ich bin Harry Scott, wenn euch der Name etwas sagt.“ Er sagte ihnen schon etwas, aber sie wussten es ja längst. Der Krauskopf, übrigens der Mietstallbesitzer, wagte nur nicht, es auszusprechen.
„Da ihr alle sehr nette Menschen seid“, fügte Harry Scott noch hinzu, „so dürft ihr mich Harry nennen. — Nun wieder zu dir“, sagte er zu Roy gewandt. „Der Marshal steckt dich also nicht für drei Tage ins Loch. Nun gut, wir wollen einen so tüchtigen Marshall zu nichts überreden. — Zieh deine Stiefel aus!“ Die letzten Worte waren messerscharf gesprochen, und der zwingende Blick des Revolvermannes ließ nichts mehr an Widerreden offen.
Roy zögerte dennoch. Und Hattkinson wollte noch einmal Einspruch erheben, doch das tosende Gebrüll der Leute drüben ließ untergehen, was er gerade sagte. Harry Scott zeigte die Verachtung nicht, die er für die Männer drüben empfand. Sie waren feige. Wollten sie ihn vorher am liebsten zerstückeln, als sie ihn meilenweit wussten, so hielten sie jetzt zu ihm und hatten wie Zuschauer bei einem Stierkampf ihre helle Freude daran, wie Roy „verarztet“ wurde. Keiner machte sich wohl Gedanken darüber, wie Ionu darauf reagieren könnte. Ionu, der immerhin eine starke, ja die stärkste Mannschaft im weiten Umkreis im Sattel hatte.
Roy war kein Feigling, wenn er sich bisher auf Grund seiner Körperkraft immer sehr überlegen vorgekommen war. Doch er war auch nicht lebensmüde. Dieser Harry Scott, das begriff er vollkommen, würde andere Saiten aufziehen. Offenbar wollte der ja überhaupt nur das ganze Geschehen auf ein Duell zutreiben, in dem er immer überlegen sein würde. Roy hatte hornige, vernarbte Hände, die nicht geeignet waren, geschmeidig einen Colt zu ziehen.
Vielleicht war auch das der Grund, warum Glenn in diesem Augenblick so etwas wie Mitleid mit Roy empfand, obwohl er gerade von dem Vormann immer schikaniert worden war.
„Verlang es nicht von ihm!“, sagte Glenn leise, dass nur sein Vater es hören konnte.
Harry Scott sah seinen Sohn spöttisch an.
„Überlass das mir, mein Junge! Ich kenne diese Sorte besser, als du denkst.“ Er ging auf Roy zu. „Nun? Willst du nicht, oder muss ich dir erst noch ein paar Komplimente machen?“
Roy begriff. Scott würde ihn beleidigen, herausfordern, und der Griff zum Revolver würde geradezu selbstverständlich. Einer von Harry Scotts Begleitern hob Roys Waffengurt auf und gab ihn dem Vormann. „Hier, du kannst ihn wiederhaben.“
Nun gab es keinen Zweifel mehr für Roy. Er nahm den Gurt nicht, sondern wandte sich einfach um, ohne dem Befehl, die Stiefel auszuziehen, nachzukommen.
„Schieß doch, wenn es dir Spass macht, ich gehe ...“
Keiner schoss. Harry Scott begann zu lachen, und die drüben auf der anderen Straßenseite wie auch seine Begleiter fielen pflichtschuldig in dieses Gelächter ein. Roy aber ging, ohne sich umzusehen, die Straße entlang auf die Prärie zu.
„Dafür wird sich Ionu etwas einfallen lassen“, meinte Hattkinson.
„Hoffentlich“, erwiderte ihm Harry Scott und wandte sich dann Glenn zu. „Komm, mein Sohn, wir wollen sehen, ob uns Mrs. Howard nicht einen guten Kaffee kocht! — Kommt, Jungs!“ Dann sah er Glenn an. „Meine Güte, aus dir ist tatsächlich ein richtiger Mann geworden, und ich habe es gar nicht glauben wollen, als mir einer von der Straight I sagte, dass du das bist. Ich habe dich nämlich vor vier Tagen beobachtet, als du den Zaun am Hell-Bole-Springs ausgebessert hast. Nun, wir wollen mal ausführlich über dich sprechen. Jedenfalls wird es Zeit, dass dir mal einer unter die Arme greift.“
Glenn hatte auch dieses Gefühl. Und irgendwie wunderte er sich darüber, dass es Menschen gab, die Harry Scott wie die Pest hassten. So schlimm war er doch nun wirklich nicht.