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Die Straight-Ranch bestand aus einer Reihe neuerer und zwei fortartigen alten Gebäudekomplexen. Die neueren Gebäude wurden gegenwärtig bewirtschaftet, die alten waren durch einen Staketenzaun umfriedet und stellten für Ali Ionu und jeden, den es interessierte, so etwas wie ein Lokalheiligtum dar. Jeden der mannsdicken Baumstämme, aus denen die alten Häuser und der Palisadenzaun gebaut waren, hatte Ali Ionu selbst geschlagen, zugehauen und dort an den Platz gesetzt ... vor mehr als zwanzig Jahren. Diese zwanzig Jahre hatte er genutzt, um aus seiner vorgeschobenen Handelsstation im Grenzland eine große Ranch zu machen. Das war sein Werk, und er hatte zehn dieser zwanzig Jahre wie ein Maultier geschuftet, um das Ziel zu erreichen.

Der Sohn eines türkischen Viehhändlers aus Illinois begriff beizeiten den Nutzen, den die Prärie der Viehzucht bot. Von Vieh verstand er ohnehin mehr als die meisten. Allah hatte Ali Ionu mit der Figur und der Kraft eines Herkules ausgestattet ... und vom Vater her mit dem schlauen Hirn eines dem Handel verschworenen Kaufmanns.

Der Türkensohn Ionu war mehr Amerikaner als mancher andere hierzulande. Dennoch erinnerten viele seiner Eigenschaften an die Herkunft seiner Väter. Für Ali Ionu gab es nur einen einzigen Menschen, den er auf dieser Welt wirklich liebte: Ali Ionu. Und sich selbst auch gönnte er Gutes, niemandem sonst. Wenn er seine Liebe außer auf sich selbst auch noch einem anderen materiellen Gegenstand zuwendete, dann dem Geld. Er empfand dafür mehr als eine Leidenschaft.

Die Geschichte mit dem Tanzmädchen war daher für Ionu eine Episode. Er erinnerte sich zwar noch sehr gut, aber es hatte nur gekostet und nichts gebracht. Eine unliebsame Episode also, wie er sich selbst eingestand. Leider aber eine mit Folgen. Denn dieses Mädchen mit dem klangvollen Namen Hirunda hatte ihm einen Sprössling geboren. So sehr sich Ali Ionu immer einen Sprössling gewünscht hatte, so sehr begann er ihn seit dem Tag vor zehn Jahren, als man es ihm meldete, zu verfluchen. Denn mochte es sein Sohn sein und mochte Hirunda ein annehmbar hübsches Mädchen gewesen sein, als er sie damals vor elf Jahren innig in die Arme schloss, alles tröstete ihn wenig. Ali Ionu hatte zwar vor zwanzig Jahren die dicken Baumstämme gefällt und eine kleine Burg davon gebaut, doch gekocht hatte zu seiner Stärkung ein damals zierliches und doch zähes Wesen: seine ihm vor zweiundzwanzig Jahren angetraute Frau. Geboren hatte sie ihm in ihrer gemeinsamen Ehe zwei Töchter. Keinen Sohn.

Ali Ionu hatte lange mit dem Gedanken gespielt, den außerehelichen Sohn zu sich zu nehmen. Aber da kam es zum offenen Krieg im eigenen Hause. Die zierliche Frau, um zwölf Jahre Erfahrung mit Ali Ionu reicher, wurde zum erbitterten Feind. Der Rancher konnte zwar kämpfen, dicke Bäume schlagen, wilde Bullen bändigen, aber mit Dorothy Ionu wurde er nicht fertig. Er kapitulierte. Und von da an weigerte er sich, einen Sohn von einer gewissen Hirunda Ryder anzuerkennen. Es gab keinen Sohn von ihm. Fertig.

Hirunda, die Ionu für ledig gehalten hatte, schrieb Briefe. Allesamt landeten sie in Ionus großem Kamin. Er antwortete nie. Hirundas Bruder tauchte auf. Ionu konterte auf seine Art. Als der junge Bursche frech wurde, ließ Ionu ihn durch seinen Vormann herausfordern, und das anschließende Duell bereinigte — wie Ionu es nannte — das Problem. Der Tote wurde auf dem Boothill von Wendover begraben.

Hirunda hatte indessen nicht geruht, die Sache zu klären. Sie erzwang ein Gerichtsurteil, aber in Kansas, und es galt nicht in Wyoming.

Vor zwei Jahren musste Ionu nach Kansas. Er konnte es nicht aufschieben, und er war auch nicht der Mann, der vor etwas — außer vor Mrs. Ionu — Beklemmungen hatte. Ionu kam nach Abilene, und Hirunda war rechtzeitig auf ungeklärte Weise dahintergekommen. Ein Nacht-Marshal nahm Ionu fest und ließ ihn einsperren.

Drei Cowboys der Straight I holten ihren Boss wieder heraus. Seitdem war Kansas für Ionu so gefährlich wie das Innere eines Tigerkäfigs. Hirunda ließ nicht locker. Sie schickte einen Mann zu Ionu, der ungefähr Ionus Kaliber hatte. Aber das Duell fand nicht statt. Ionu mietete zwei Scharfschützen und ließ den Revolvermann abknallen wie einen tollwütigen Hund. Die Schützen schwiegen, andere Zeugen gab es nicht. Der Fremde wurde verscharrt wie ein Kadaver. Niemand wusste, wo der Mann geblieben war.

Da aber hatte Hirunda einen Mann kennengelernt, der sie nicht nur aus der Tanzhalle herausholte, sondern an ihrem Sohn Phil so etwas wie eine eigene Verfehlung gutzumachen suchte: Harry Scott.

Nach dem Brauch des Westens hatte Harry Scott dem Rancher Ionu einen Brief nach Wyoming geschrieben und ihm mitgeteilt, dass er kommen werde, um entweder die schriftliche Anerkennung zu holen, dass Phil Ionus Sohn sei oder die Geschichte auf seine Art zu regeln. Welche Weise er als Regelung verstanden wissen wollte, war außer Zweifel. Harry Scott kannte ja nur diese eine Methode. Und ihr war der bullige Ionu bestimmt nicht gewachsen.

Ionu wusste seit drei Wochen von Harry Scotts angekündigtem Besuch. Verbittert vermutete er ein Komplott zwischen Scott senior und dessen Sohn, der ausgerechnet auf seiner Ranch arbeitete. Vielleicht deshalb, weil Ionu ihn ein wenig bedauerte, andererseits zeigen wollte, dass er ein Mensch mit Herz sei. Aber da Ali Ionu von zwölf Stunden des Tages geschlagene zehn an den finanziellen Gewinn des Ali Ionu und die übrigen beiden an das Wohlbefinden Ali Ionus zu denken pflegte, glaubte noch nicht einmal er selbst an dieses lautstark verkündete Motiv. Glenn war ein Arbeitspferd, wie er es besser nicht bekommen konnte. Und er schuftete nicht nur für zwei, er war auch spottbillig. Das war es.

Dennoch trennte sich Ionu auf recht fragwürdige Art von dem Sohn seines neuen Gegners, weil er Schützenhilfe von Glenn nicht erwarten konnte. Im Gegenteil.

Als Roy deshalb gegen Mitternacht auf einem geliehenen Pferd die Ranch erreichte und Ali Ionu wecken ließ, war der Rancher so rasch auf, als sei sein Herausforderer schon angetreten. Im Scheine einer Kerosinlampe saßen sich Roy und der Rancher gegenüber. Beides kräftige Männer, Ionu aber schon mit seinen fünfzig Jahren etwas zu schwer in den Hüften und zu speckig im Nacken. Trotzdem ein Mann, der heute noch spielend ein Dutzend mannsdicker Bäume an einem Vormittag mit der Axt schlagen würde.

„Er ist also da. Und Hattkinson hat den Schwanz eingezogen, dieser Skunk. Aber er war ja schon immer gelbgestreift“, meinte Ionu und strich sich den buschigen Schnauzbart, der seinem Gesicht die Ähnlichkeit mit einem Seehund verlieh.

Roy schwieg. Er beobachtete Ionu genau. Es interessierte ihn, ob er irgendwo in dem gedrungenen Gesicht so etwas wie Angst entdecken konnte. Aber bisher zeigte sich da keine Spur. Ionu war nur wütend, sonst nichts.

„Wir sollten ihm eine Falle stellen.“

Roy zuckte die Schultern. „Wie dem Revolvermann damals?“

„So ähnlich“, erwiderte Ionu und stand auf. Mit schweren Schritten ging er bis zu dem massigen Holzschrank, den er einst selbst gebaut hatte. Er öffnete ihn und holte eine Flasche heraus, dann zwei Tonbecher. Zurück am Tisch schenkte er beide Becher ein und schob das eine Roy hin. Sie tranken wortlos, wischten sich mit dem Handrücken die Lippen ab, und Ionu schenkte abermals ein. Dann setzte er die Flasche ab und sagte mit dröhnender Stimme: „Ich hätte den Jungen nicht davonjagen sollen. Es war ein Fehler. Wenn es stimmt, was du sagst, wusste er von dem Besuch seines Vaters doch nichts. Ich hatte gedacht, er weiß es.“

„Nein, das glaube ich nicht. Vielleicht war es wirklich ein Fehler.“

„Noch einer wäre es, ihn auf die Ranch zurückholen zu wollen.“ Roy entgegnete nichts. Ionu hatte offenbar eine Antwort erwartet, denn er fuhr fort: „Ich habe nichts gegen Mrs. Howard. Diesmal nimmt man es uns übel. Die Leute in Wendover grollen uns sowieso heimlich. Sie sind neidisch. Wenn ich dort bin und sage: Scott an den Galgen, dann plärren sie es mir nach. Kommt dieser Harry Scott dann an, fallen sie um. Es sind Memmen.“

„Ich weiß nicht, Boss, ich glaube eher, sie wünschen die Rinderleute ebenso zum Teufel wie diesen Scott.“

„Der Kerl muss weg, bevor er hier auf der Ranch antanzt. Und wenn er schon kommt, dann nicht lange fackeln. Zeugen, die das Gegenteil schwören, haben wir genug. Ich bin der einzige, der seine Mannschaft über den Winter dabehält. Das zählt.“

„Einer ist aber nicht dicht. Dieser Scott scheint eine Menge zu wissen, und von seinem Kleinen kann er’s nicht haben.“

„Gut, dann machst du es!“, sagte Ionu und sah Roy lauernd an.

Roy machte sich die Bandana locker. „Ich?“ fragte er abwehrend.

„Trink!“, sagte Ionu und leerte Seinen Becher. Roy tat es ihm nach.

„Diesmal könnte es ein anderer ...“

Ionu unterbrach Roy. „Nein, gerade du. So etwas muss unter uns bleiben. Ron ist tot, und nur du weißt davon ... und ich. Je weniger es wissen, desto besser. Du machst es allein.“

„Auf der Ranch?“

„Nein, in Wendover. Nimm dir zwei frische Pferde und auf!“

„Ich sagte doch, dass er vier Begleiter hat.“

Ionu zuckte die Schultern.

„Na und? Kleben die wie ein Panzer an ihm? Er wird sie nicht an die Brust nehmen zu seinem Schutz. Du hast immer eine Chance.“

Roy hatte Harry Scott erlebt. Ob Chance oder nicht, er errechnete sich nicht viel aus so einer Sache. Und die Geschichte mit dem anderen Revolvermann beschäftigte ihn heute noch. Er war kein Killer, und wenn er’s auch damals zusammen mit Ron gemacht hatte, es war Ron gewesen, der den tödlichen Schuss abgab. Jedenfalls versucht sich das Roy immerzu einzureden. Nun aber kann es nur einen geben, der treffen kann.

„Es gefällt mir nicht“, sagte er knurrend. „Ich mache das nicht, Boss.“

„Wirklich nicht?“, fragte Ionu. Er lächelte grimmig. „Soll ich Hattkinson so eine kleine Story erzählen, von dir und Ron?“

Roy fuhr auf. „Ach so ist das? — Tut mir leid, Boss, dann ...“ Er stand auf, sprach aber nicht weiter.

„Was ist dann?“, forschte Ionu.

„Dann reite ich weg.“

„Du wirst nicht wegreiten, Roy! Du wirst höchstens nach Wendover reiten, um das zu tun, was wir eben besprochen haben.“

„Es geht mich nichts an. Das ist dein Geschäft, Boss, nicht meins.“

Ionu runzelte die Brauen.

„Es ist auch dein Geschäft, Roy. Aber wie du willst, Roy, du hast die Wahl. So einen Job wie bei mir bietet dir niemand. Und wenn ich es will, schon gar nicht hier in dieser Kante.“

„Du willst mich erpressen, ein Verbrechen zu begehen.“

Ionu lachte donnernd.

„Was du nicht sagst, Roy. Ich will gar nichts. Wenn ich höre, dass ein gewisser Harry Scott zum Teufel gegangen ist, dann werde ich meinem Vormann rein zufällig noch den gleichen Tag fünfhundert Bucks in seine Hand legen. So viel verdient ein Würstchen wie Glenn Scott in zwei Jahren harter Arbeit nicht.“

Roy liebäugelte mit Geld, denn er gab die Idee nicht auf, eines Tages mit seinem Ersparten und der kleinen Herde, die bei Ionu mitlief, eine eigene Ranch zu gründen. Ionu wusste es, er wusste überhaupt viel zu viel von Roy. Das war es.

„Ist das ein Wort?“, fragte Roy unentschlossen.

„Habe ich es dir gegenüber je gebrochen?“

Roy zuckte die Schultern und ging zur Tür. „Und wenn es irgendwie schiefgeht?“

Ionu schlug seine Pranken zusammen, dass es wie ein Schuss knallte.

„Du wirst deine fünf Sinne zusammennehmen, Roy, und dann geht nichts schief. Ich denke, das schaffst du doch?“

„Es muss Zeugen geben, die mich hier gesehen haben“, forderte Roy.

„Mehr Zeugen als die Richter brauchen. Geh jetzt!“

Roy ging, und als die Tür hinter ihm zufiel, brummte Ionu zufrieden: „So ein halsstarriger Esel. Dabei hat er alles, was er sich denken kann.“

Roy sattelte draußen zwei frische Pferde, prüfte seinen Revolver, eine andere Waffe als jene, die in Wendover geblieben war. Eine bessere Waffe. Und die Springfield, die er schon einmal auf einem gefährlichen Ritt mitgehabt hatte. Alles in Ordnung. Besonders die Springfield, denn auf die kam es Roy am meisten an. Auf Coltschussweite wollte er sich nicht an Harry Scott heranwagen. Diesen Blick konnte er nicht ertragen, diesen zwingenden Blick des hageren Mannes.

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