Читать книгу 15 Western Koffer Sommer 2018 - Gegen das Gesetz und 14 andere Romane - Pete Hackett - Страница 45

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Es war früher Nachmittag, als er San Antonio erreichte. Die Luft flimmerte. Es war unerträglich heiß und der Staub brannte in der Lunge. Er drang in die Kleider und scheuerte auf der Haut und selbst wenn man sein Halstuch vor Nase und Mund band, schützte einen das nicht.

Kane ritt geradewegs auf den Dead Comanche Saloon zu, der auch ein paar Hotelzimmer besaß. Die ganze Stadt hatte kaum 1000 Einwohner und war damit bereits eine der größeren Siedlungen in Texas. Tausend Einwohner und 50 Saloons. Weiter nördlich war es der Rinderboom während des Bürgerkriegs gewesen, der solche Städte hatte entstehen lassen. In San Antonio waren es vor allem Siedler, die hier auf dem Weg nach Westen Station machten – oder gleich hier blieben, um sich ihr ganz persönliches Stück Land zwischen San Antonio und Rio Grande zu nehmen. Das neue Heimstättengesetz machte es möglich. Hunderttausende von Besitzlosen und armen Schluckern, die die demobilisierten Bürgerkriegsarmeen ausgespuckt hatten, machten sich jetzt auf den Weg nach Westen, um von ihrem Recht Gebrauch zu machen und sich ihren Besitz abzustecken.

Dass dieses Land längst anderen gehört hatte, hatten die Politiker in Washington dabei schlicht nicht zur Kenntnis genommen.

Konflikte mit Rinderzüchtern und Indianern, die dieses angeblich herrenlose Land schon seit Generationen nutzten, blieben da nicht aus. Kane stieg vor dem Dead Comanche Saloon ab und führte sein Pferd zu der Querstange vor den Schwingtüren – Hitchrack genannt – und machte es dort fest.

Dann trat er ein.

Es waren nur wenige Männer im Raum. Ein paar saßen am Schanktisch vor ihren Whiskey-Gläsern, die anderen spielten an einem Tisch in der Ecke Karten. Ihre Stimmen verstummten augenblicklich, als Kane eintrat und sich umsah.

Der Mann hinter dem Schanktisch war zwei Meter groß, und früher mal Preisboxer auf dem Jahrmarkt gewesen, bevor er sich genug zusammengespart hatte, um den Dead Comanche Saloon übernehmen zu können. Er hieß Ward Sorenson und es hieß, dass sein Vater aus Schweden eingewandert war und eine Indianerin geheiratet hatte, was die Kombination aus dunklem Teint und weißblondem Haar erklärte.

Allein seine körperliche Erscheinung wirkte auf die meisten Gäste so einschüchternd, dass sie es sich zweimal überlegten, ob sie Streit anfingen. Ward Sorenson fiel der Kinnladen herunter, als er Kane sah.

Er erkannte den jungen Mann natürlich sofort wieder. Kane stellte sich an den Schanktisch.

„Ich hoffe, du kennst mich noch, Ward“, sagte Kane.

„Wie könnte ich den besten Postreiter vergessen, der je zwischen Laredo und San Antonio geritten ist“, meinte er.

„Na, wenigstens einer erinnert sich hier an etwas Gutes, das mit mir zusammenhängt.“

Misstrauische Blicke wurden Kane zugesandt. Die Männer warteten ab, was geschehen würde. Manche von ihnen kannte Kane noch, aber die meisten hatte er nie gesehen. Einer der Kerle, die am Kartentisch saßen, hatte es plötzlich sehr eilig, stand auf und verließ den Saloon durch die Schwingtüren.

„Es heißt, du hättest für den Norden gekämpft“, sagte Ward.

„Das stimmt.“

„Ich hätte nie gedacht, dass ein so feiner Junge wie du sich mal so falsch entscheiden könnte.“

„Diese Entscheidung war nicht falsch“, beharrte Kane.

„Falsch war, dass ich mich mit Onkel Ray zerstritten habe und nicht rechtzeitig genug zurückgekehrt bin, um mich noch mit ihm aussöhnen zu können. Er hat mich schließlich nach dem Tod meiner Eltern aufgezogen wie einen eigenen Sohn und hätte etwas anderes verdient gehabt.“ Kanes Blick wirkte jetzt nach innen gekehrt. Die stahlblauen Augen verengten sich etwas. „Aber das ist nicht mehr zu ändern“, fügte er düster hinzu. Ward stellte ihm ein Whiskey-Glas hin.

Kane leerte es in einem Zug.

Ein mattes Lächeln flog über sein Gesicht. „Du achtest immer noch auf Qualität, was?“

„Natürlich, Jeff.“

„Ich brauche ein Zimmer, ein heißes Bad und eine Mahlzeit, die unter die Rippen geht. Seit Wichita habe ich mir nur noch ein paar Stunden Schlaf gegönnt. Mehr wegen meinem Gaul als meinetwegen...“

Kane legte einen Silberdollar auf den Tisch. Ward Sorenson zögerte.

Einige der anderen Zecher im Raum beobachteten genau, was Ward als nächstes tat.

„Hör zu, Jeff. Es hat sich einiges getan in San Antonio seid du weg bist. Da war der Bürgerkrieg und...“

„...und du denkst, dass jemand, der für den Norden gekämpft hat, hier nicht her gehört?“

„Nein, das denke ich nicht. Aber es gibt viele hier in San Antonio, die dieser Meinung sind. Es gibt schließlich kaum jemanden, der nicht Angehörige durch die verfluchten Yankees verloren hat.“

„Der Krieg ist vorbei.“

„Nein. Wir sind besiegt worden, das stimmt. Und die Waffen schweigen jetzt – abgesehen von ein paar Guerillas wie Quantrill oder Jesse James und seinem Bruder Frank, die in Texas noch ihr Unwesen treiben. Aber es wird wahrscheinlich hundert Jahre dauern, bis der erste Südstaatler Präsident der Union wird!“

„Aber vielleicht wird vorher schon ein Südstaatler einem Yankee ein Zimmer vermieten“, erwiderte Jeff Kane.

Jetzt stand einer der Kerle am Spieltisch auf. Man sah auf den ersten Blick, dass er ein Spieler war. Und ein Killer.

Er trug zwei Revolver und war offenbar Linkshänder. Einer hing am tiefgeschnallten Revolvergürtel, der andere steckte in einem Futteral unter der Jacke, mit dem Elfenbeingriff nach vorn. Immerhin schaute dieser Griff weit genug hervor, dass Kane die Kerben darauf sehen konnte.

„Ich störe mich nicht daran, dass ein Yankee hier ein Zimmer bekommt. Ich habe selbst Verwandte im Norden“, sagte er. „Aber ich kann es nicht leiden, wenn ein Verräter hier bewirtet wird!“

„Sieh an, ein konföderierter Patriot“, sagte Kane zwischen Zähnen hindurch.

„Du sollst schnell sein, Laredo Kid. Ich frage mich, ob du schnell genug bist!“

Die Linke des Spielers wanderte zur Hüfte. Kane bemerkte außerdem den Derringer im rechten Ärmel, den sich der Spieler in die Hand fingerte. Aus den Augenwinkeln nahm Kane außerdem eine Bewegung an der Balustrade wahr, zu der eine breite Freitreppe führte, über die man zu den Fremdenzimmern gelangen konnte. Zumindest nahm Kane an, dass sich in den Jahren seiner Abwesenheit aus San Antonio zumindest in dieser Hinsicht nichts am Dead Comanche Saloon geändert hatte.

Der Spieler fixierte ihn mit den Augen. Die Männer, die mit ihm am Tisch gesessen hatten, wichen zur Seite. Von dem zu erwartenden Kugelhagel wollte natürlich keiner von ihnen etwas abbekommen. Andererseits waren sie aber neugierig darauf, wie die Sache ausging.

„Ich bin auf keinen Streit mit Ihnen aus, Mister“, sagte Kane. „Und ich werde mich auch nicht mit Ihnen schießen...“

„Das werden wir ja sehen, Laredo Kid!“

„Ich nehme an, jemand wie Sie würde auch einem Unbewaffneten eine Kugel in den Kopf jagen...“

„Du bist nicht unbewaffnet, Laredo Kid. Es liegt also ganz bei dir. Zieh ruhig. Ich werde in aller Ruhe deinen Schuss abwarten und dir dann genau zwischen die Augen schießen.“

„Ich denke, Sie überschätzen sich.“

„Werden wir sehen...“

Kane wusste nur zu gut, dass es auf die Schnelligkeit nicht in erster Linie ankam. Bei einem Revolverschützen war die Treffsicherheit viel entscheidender. Ein geübter Gunslinger konnte tatsächlich in aller Ruhe abwarten, bis sein Gegenüber zog und darauf vertrauen, dass sein Schuss ihn verfehlte, um dann in aller Ruhe zu zielen und abzudrücken.

Ein Revolverduell zwischen einem Gunslinger und einem x-beliebigen Schützen hatte mit einem Duell wenig zu tun.

Es war Mord.

Der Ungeübte hatte nicht den Hauch einer Chance, selbst wenn er als Erster zog und sich damit in den Augen des Gesetzes ins Unrecht setzte.

Aber Kane gehörte nicht zu diesem Kaliber. Er hatte früh gelernt, mit dem Revolver umzugehen, wie kein Zweiter. Ein Postreiter musste sich schließlich verteidigen können. Alles, was man brauchte, war ein ruhiges Auge und Training. Und Kane hatte beides im Überfluss gehabt.

Aber er war nicht auf Streit aus.

„Vielleicht nehme ich lieber anderswo ein Zimmer, Ward“, sagte er an den Salooner gerichtet. Dieser schluckte nur.

Sein Gesicht hatte jetzt den letzten Rest an Farbe verloren. Er war inzwischen ein paar Schritte zur Seite gegangen, um kein Ziel abzugeben, wenn die 45er ihr Feuerwerk ausspuckten.

Kane drehte halb den Kopf in Ward Sorensons Richtung, ohne dabei den Spieler aus den Augen zu lassen. Was ihm noch mehr Sorgen machte, war die Bewegung an der Balustrade. Es gab dort ein Separee, in dem man sich mit den Saloongirls vergnügen konnte, wenn man genug Dollars auf den Tisch legen konnte. Das Separee war durch einen Vorhang abgetrennt. Ein länglicher Gegenstand schob sich dahinter hervor. Er glänzte metallisch.

Der blanke Lauf einer Winchester...

Offenbar will der Kerl auf Nummer sicher gehen!, dachte Kane.

„Ich gehe dann wieder, Ward. War schön dich wieder zu sehen...“, sagte Kane.

„Du gehst nirgendwohin, Laredo Kid!“, sagte der Spieler, die Linke immer noch am Holster, an dem er inzwischen den kleinen Haltebügel gelöst hatte, der sich normalerweise bei Quick Draw-Holstern zwischen Hahn und Griff spannte, um zu verhindern, dass die Waffe beim Reiten heraus fiel.

„Vielleicht dürfte ich noch erfahren, wer mir das verbieten will...“

„Mein Name ist Brett Callaghan. Du wirst vielleicht von mir gehört haben...“

„Hat Dan Garth Sie angeheuert?“

„Das braucht dich alles nicht mehr zu interessieren, Laredo Kid.“ Er verzog das Gesicht. „Ich werde ein Gebet für dich sprechen, wenn man dich auf den Boothill trägt.“

„Wie viel zahlt Garth dafür, dass Sie mich umlegen?“

Darauf blieb Brett Callaghan die Antwort schuldig. Seine Augen wurden schmal. Unterhalb seines linken Auges zuckte ein Muskel.

Er wirkte wie ein erstarrtes Monument.

Kane ließ den Derringer in der Linken seines Gegners nicht aus den Augen. Mit der Fingerfertigkeit eines Spielers hatte Brett Callaghan die Waffe inzwischen so in der Hand, dass er sie nur noch hochzureißen und abzudrücken brauchte. Das ging im Zweifelsfall noch um einige Sekundenbruchteile schneller, als er brauchte, um den 45er aus dem Holster zu reißen, den Hahn zu spannen und abzudrücken.

Ein erster Schuss aus dem kleinkalibrigen Derringer sollte Kane außer Gefecht setzen. Die Bleiladung vom Kaliber 45 aus dem Peacemaker sorgte dann für den Rest. Und falls doch noch etwas schief ging, gab es ja auch noch den Komplizen mit der Winchester...

So ähnlich musste sich der Spieler das gedacht haben. Aber er hatte nicht mit Kane gerechnet.

Augenblicke lang starrten die beiden Männer sich an. Dann wollte der Spieler es zu Ende bringen. Brett Callaghan riss den Derringer hoch. Gleichzeitig zog seine Linke den Peacemaker aus dem Quick Draw Holster. Aus beiden Waffen leckte das Mündungsfeuer wie die blutrote Zunge eines Drachen hervor. Schüsse krachten.

Aber Kane hatte die Handlungsweise seines Gegners vorausgeahnt. Mit schier unglaublicher Geschwindigkeit riss er den Revolver hervor. Sein erster Schuss traf Callaghan in die Stirn. Der Spieler taumelte einen Schritt zurück. Die Schüsse aus seinem eigenen Colt und dem Derringer wurden verrissen. In den Regalen hinter dem Schanktisch zersprangen ein paar Whiskeyflaschen. Kane ließ sich zur Seite fallen, während sein zweiter Schuss dem Spieler in die Brust fuhr. Callaghan stand noch einen Augenblick mit erstarrten Augen da und fiel dann vornüber schwer auf den Boden.

Eine Kugel aus der Winchester zischte dicht an Kane vorbei, der sich auf den Bodenbrettern des Dead Comanche Saloon um die eigene Achse drehte. Ein zweiter Schuss verfehlte ihn nur knapp und riss ein daumengroßes Loch in die Holzbohle, etwa eine Handbreit von Kanes Kopf entfernt.

Der Mann, den man Laredo Kid nannte, riss den Peacemaker empor und feuerte zweimal kurz hintereinander.

Der Vorhang wölbte sich nach vorn. Der Lauf der Winchester senkte sich. Die Waffe fiel geräuschvoll zu Boden, während der Schütze nach vorn durch die Balustrade brach.

Wie ein nasser Mehlsack landete er mit einem dumpfen Geräusch auf einem der Tische im Schankraum, dessen Beine brachen. Die Tischplatte krachte mitsamt dem Toten zu Boden. Blut rann aus der Wunde am Rücken, wo Kanes Revolverkugeln wieder ausgetreten waren.

Kane erhob sich.

Er steckte den Revolver zurück ins Holster und sammelte seinen Hut auf, den er verloren hatte. Sein Blick traf Ward Sorenson.

Dieser schluckte. „Die Kerle haben hier auf dich gewartet“, sagte er. „Aber ich schwöre, ich wusste nichts davon, dass da oben einer hinter dem Vorhang war.“

„Schon gut, Ward.

„Der Teufel soll mich holen, wenn ich dir kein Zimmer gebe, Jeff. Und wenn sich jemand daran stört, soll der seinen Whiskey woanders trinken. San Antonio hat schließlich Saloons genug, um sich volllaufen zu lassen.“

Kane nickte. „Das nehme ich gerne an“, sagte er. Die anderen anwesenden Zecher verließen jetzt geradezu fluchtartig den Dead Comanche. Offenbar hatten sie einen anderen Ausgang erwartet. Kane stelle sich an den Schanktisch. „Was zur Hölle ist hier in San Antonio eigentlich los?“, fragte er.

„Die Stadt gehört inzwischen mehr oder weniger völlig Dan Garth. Man munkelt, dass er ein Kopfgeld auf dich ausgesetzt hat, weil er um jeden Preis verhindern will, dass du zurückkehrst. Das lockt jede Menge Gesindel an, wenn du verstehst, was ich meine.“

Kane nickte. „Einem Teil dieses Gesindels bin ich bereits begegnet. Ich spreche von einem Kerl namens Reilly. Schwarzer Schnauzbart und eine Narbe am Kinn... In seinem Gefolge reiten ein Einäugiger, ein Kerl mit roten Haaren und ein Mann mit einem Säbel am Sattel, der wohl nicht darüber hinweggekommen ist, dass es für ihn keine Karriere in der konföderierten Armee mehr geben wird.“

Ward Sorenson atmete tief durch. Er stellte zwei Gläser auf den Schanktisch. Eines für Kane, eines für sich selbst. Beide füllte er bis zum Rand. Ward leerte sein Glas in zwei Zügen und füllte es sich gleich darauf wieder. „Das sind üble Männer, Kane. Dieser Reilly ist Garth neuer Vormann. McPhee würde am liebsten jeden erschlagen, den er für einen Yankee-Kollaborateur hält und wer Firehead und One Eye wirklich sind oder wie sie heißen, weiß kein Mensch. Würde mich nicht wundern, wenn man ihre tatsächlichen Namen auf irgendwelchen Steckbriefen finden würde. Mit diesen Männern und noch einer Handvoll anderen Gunslingern hält er die Stadt im Griff. Wer nicht spurt, bekommt Garth Faust zu spüren. Sämtliche Saloons müssen Schutzgelder an ihn bezahlen....“

„Du auch?“

„Bin ich lebensmüde? Hier bleibt dir nur eine Möglichkeit, Jeff. Mit den Wölfen zu heulen.“

„Was ist mit dem Gesetz?“

„Town Marshal Caleb Blossom steht doch genauso auf Dan Garth Lohnliste. Garth bezahlt ihm die enormen Spielschulden, die unser Sternträger regelmäßig macht. Glaubst du, der würde irgendetwas gegen ihn unternehmen?“

Kane trank jetzt ebenfalls seinen Whiskey.

„Wohl kaum.“

„Siehst du!“

„Sag mir, weshalb ich so gefährlich für Garth bin, dass er ein Kopfgeld ausgesetzt hat.“

„Weil er sich mit ein paar Tricks das Land deines Onkels angeeignet hat – und du der Erbe von Ray Tomkins bist!“

„Verstehe...“

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