Читать книгу 15 Western Koffer Sommer 2018 - Gegen das Gesetz und 14 andere Romane - Pete Hackett - Страница 47

Оглавление

5


Kane trat ins Freie, löste die Zügel seines Braunen vom Hitchrack und schwang sich in den Sattel. Abe Aarons’ Büro lag in einem schmucken Haus am Ende der Main Street. Er war einer von ganz wenigen Anwälten im Südwesten von Texas.

Kane stieg vom Pferd, als er das Haus erreichte. Vor der Veranda befand sich ein Hitchrack mit einer Tränke, dort machte er den Braunen fest.

Dann ging er zur Tür.

Kane klopfte.

„Sind Sie zu Hause, Mister Aarons? Hier ist Jeff Kane – oder Laredo Kid, wenn Sie wollen!“

Die Tür öffnete sich.

Ein schmächtiger Mann mit hohlen Wangen und tief liegenden Augen öffnete.

Kane bemerkte den Derringer in der rechten. Abe Aarons atmete tief durch und ließ die zweischüssige Pistole für die Westentaschen von Spielern oder die Strumpfbänder von Saloon Girls wieder unter seine dunkle Anzugjacke verschwinden.

„Gut, dass Sie da sind, Jeff – obwohl ich inzwischen wohl besser Mister Kane zu Ihnen sagen sollte. Als wir uns das letzte Mal sahen, waren Sie noch ziemlich grün hinter den Ohren und jetzt...“

„Es ist in der Zwischenzeit viel geschehen, Mister Aarons“, gab Kane zu.

„Kommen Sie herein.“

„Begrüßen Sie gute Bekannte immer mit dem Derringer?“

Er schüttelte den Kopf. „Nein, gute Bekannte nicht. Aber man muss schon auf der Hut sein, seit dieses Revolvergesindel die Stadt beherrscht, das von Dan Garth angeheuert wurde.“

„Ich weiß, was Sie meinen, Mister Aarons. Ein paar Kerle haben mich bereits zwanzig Meilen vor der Stadt abgefangen.“

Aarons nickte. „Das hatte ich befürchtet, Jeff.“

„Wieso?“

„Sie hatten mir aus Wichita noch einmal ein Telegramm geschickt, um sich anzukündigen.“

„Richtig. Ich wollte sicher sein, hier auch jemanden anzutreffen. Schließlich weiß ich noch von früher, dass Sie manchmal tagelang in der Gegend unterwegs sind, weil es zwischen San Antonio und dem Rio Grande vielleicht insgesamt drei Anwälte gibt.“

„Ja, das ist immer noch so.“

„Schätze, das neue Heimstättengesetz beschert Ihnen ganz schön viel Arbeit.“

„Auch das ist richtig. So lange die freie Weide galt, waren Landstreitigkeiten eher selten. Das Land gehörte allen. So einfach war das. Aber das ist jetzt unwiderruflich anders geworden, weil die Yankee Politiker in Washington es so beschlossen haben.“

Aarons atmete tief durch. „Entschuldigung.“

„Schon gut. Ich fühle ich nicht unbedingt angesprochen, wenn Sie von Yankees reden - obwohl ich von den meisten Leuten hier wohl als einer aus dem Norden angesehen werde.“

Aarons zuckte mit den Schultern. „Wundert mich nicht. Sie haben ja schließlich auch für die Blauröcke gekämpft.“

„Halten Sie mir das jetzt auch vor, Mister Aarons.“

Abe Aarons schüttelte den Kopf. „Ich bin weit davon entfernt. Kommen Sie.“

Er führte Kane in sein Wohnzimmer, das mit Möbeln ausgestattet war, die in ihrer Gediegenheit für San Antonio wahrscheinlich ziemlich einmalig waren. Es gab sogar ein Klavier. Wahrscheinlich das einzige Klavier zwischen Wichita und dem Rio Grande.

„Wo ist Ihre Frau?“, fragte Kane.

„Grace ist gestorben.“

„Das tut mir Leid, Mister Aarons.“

„Es war im Winter vor zwei Jahren. Das Fieber ging um und wir hatten keinen Doc im Ort, weil alle Ärzte zum Militär eingezogen worden waren.“ Abe Aarons schluckte. „Es war niemand da, der ihr hätte helfen können.“

Einige Augenblicke lang herrschte Schweigen. Jeff Kane wünschte sich, dass ihm ein paar trostreiche Worte einfielen. Aber sein Kopf war in diesem Moment vollkommen leer. Und er hatte das Gefühl, das alles, was er in diesem Moment hätte sagen können, unpassend gewesen wäre.

„Sie sind wegen Ihres Onkels hier“, kam Abe Aarons zum eigentlichen Ausgangspunkt ihres Gesprächs zurück. „Vorhin erwähnten Sie das Telegramm von Wichita aus.“

„Ja.“

„Das konnten Sie nicht wissen – aber hier in San Antonio gehört buchstäblich alles Dan Garth, auch die Telegrafenstation ist unter seiner Kontrolle und ich bin mir sicher, dass er über den Inhalt des Telegramms bereits informiert war, bevor ich davon wusste.“

„Das erklärte, warum diese Bastarde so gut Bescheid wussten.“

Abe Aarons ging an den Safe, der neben dem Kamin in die Wand eingelassen war – und zwar in dem Teil des Hauses, der aus Stein bestand. Wahrscheinlich handelte es sich neben dem City Jail und der alten spanischen Kirche in San Antonio um die einzigen Steinhäuser der Stadt. Alles andere bestand aus schnell errichteten Holzbauten, die man ebenso schnell wieder aufgeben würde, wenn der Boom mal vorbei war und man San Antonio als Geisterstadt zurücklassen würde. So wie es andernorts bereits geschehen war. Kane hatte bereits Dutzende von verlassenen Geisterstädten gesehen. Das war weiter nördlich gewesen. Vor allem im Nordwesten von Texas, aber auch in den Gebieten von Kansas, die an das Territorium von Oklahoma grenzten, waren sie häufig zu finden.

„Angeblich soll Garth ein Kopfgeld auf mich ausgesetzt haben“, sagte Kane.

„Das habe ich auch gehört“, gab Abe Aarons zurück.

„Und wahrscheinlich stimmt das auch. Da ist so Kerl in der Stadt, der wie ein Spieler aussieht. Heißt Brett Callaghan.“

„Hieß“, sagte Kane. „Ich habe ihn erschossen. Er ließ mir keine andere Wahl.“

„Mag sein. Aber er wird nicht der letzte sein.“

„Das fürchte ich auch.“

Aarons holte aus dem Safe ein in Zeitungspapier eingewickeltes Bündel hervor. Er nahm es mit zum Tisch, bot Kane einen Platz auf dem Sofa an und packte das Bündel aus.

„Das ist die Hinterlassenschaft Ihres Onkels, Jeff“, sagte Abe Aarons nach kurzer Pause.

„Wir haben uns im Streit getrennt. Ich wollte in den Norden, weil ich glaubte, in San Antonio versauern zu müssen. Er sah das anders und empfand es wohl als grobe Undankbarkeit, dass ich keine Lust hatte, seine Ranch weiter zu führen.“

„Er hat Ihnen verziehen, Jeff. Ganz bestimmt. Ich hatte vor seinem Tod oft mit ihm zu tun und er hat immer wieder von Ihnen geredet. Ich denke, er war in gewisser Weise sogar stolz auf Sie, Jeff.“

„Stolz?“

„Ja, weil Sie Ihren eigenen Weg gegangen sind. Das mag ihn einerseits geärgert haben – aber zweifellos hat es ihm andererseits auch imponiert, da bin ich mir ganz sicher.“

„Trotzdem – wir hätten so nicht auseinander gehen dürfen.“

„Das weiß man immer erst hinterher“, sagte Aarons.

„Machen Sie sich keine Vorwürfe deswegen. Ray hat Sie besser verstanden, als Sie damals vielleicht geglaubt haben.“

„Das denke ich inzwischen auch“, murmelte Kane. Aarons erklärte Kane, was er geerbt hatte. Da war zunächst einmal ein Beutel mit 1000 Dollar in Gold.

„Ray hat schon immer den Banken und dem Papiergeld misstraut“, sagte Aarons rau.

Kane lächelte mild. „Scheint so, als hätte er damit Recht behalten. Die konföderierten Dollars dürften nur noch Papierwert besitzen.“

„Und die Bank von San Antonio gehört Dan Garth.“

„Na sehen Sie! Vom Bargeld habe ich übrigens den Lohn des Totengräbers abgezogen. Darüber gibt’s auch eine Quittung.“

„Schon gut.“

„Er liegt draußen beim Boothill.“

„Wie ist er gestorben?“

„Der Schlag hat ihn getroffen. Manche sagen, weil er sich von Dan Garth so in die Enge getrieben fühlte. Jedenfalls hat Ray Tomkins einen regulären Besitztitel auf das Land um seine Ranch erworben. Hier ist die Urkunde darüber. Allerdings werden Sie nicht viel davon haben.“

„Wieso?“

„Dan Garth hat sich das Land unter den Nagel gerissen. Er hat Zäune ziehen lassen und eines Tages brannte plötzlich das Ranchgebäude. Der Marshal hat natürlich nicht viel unternommen, aber es pfeifen die Spatzen von den Dächern, dass es Garth und seine Bande war.“

„Garth hat doch selber Land genug“, meinte Kane. Abe Aarons nickte. „Aber ohne das Stück von Ihrem Onkel Ray hat er keinen Zugang zum Green Creek. Und den braucht er, um seine Rinderherden tränken zu können. Er hat sonst nicht genug Wasser. Zumindest nicht für die gewaltigen Herden, die er jedes Jahr zusammentreiben lässt, um sie in die Rinderstädte in Kansas verkaufen zu können. Jeff, er ist ganz groß im Geschäft. Aber das alles hängt am Green Creek...“

Jeff Kane ballte die Hände unwillkürlich zu Fäusten. Jetzt verstand er, warum Dan Garth alles daran setzte, um ihn zu vertreiben.

„Wenn Onkel Ray nicht der Schlag getroffen hätte, dann wohl früher oder später eine Kugel aus den Gewehren von Garth’ Leuten“, vermutete Kane.

„Durchaus wahrscheinlich“, stimmte Abe Aarons zu. Er sandte Kane einen sehr ernsten Blick zu. „Jeff, Sie müssen sich entscheiden. Was wollen Sie mit der Urkunde anfangen?“

Jeff Kane antwortete nicht sofort. Dann drehte er das Gesicht in Abe Aarons Richtung.

„Was würden Sie an meiner Stelle tun?“

„Sie können auf Ihrem Recht bestehen. Vor Gericht würde ich Ihnen dabei auch helfen – aber jeder der so etwas versucht, sollte das nicht auf eigene Faust tun.“

Kane lachte heiser. „Soll ich mir vielleicht ein paar skrupellose Gunslinger zusammenkaufen, um Garth aus dem Weg zu räumen?“

„Jedenfalls wäre das viel versprechender, als es auf eigene Faust zu versuchen und auf die Kraft des Gesetzes zu vertrauen, Jeff! Ich sage es ungern, aber diese Kraft hat hier draußen keine Bedeutung, seit sich Dan Garth zu dieser mächtigen Position emporgeschwungen hat!“

„Danke für die Warnung, Mister Aarons“, sagte Kane. Er faltete die Urkunde zusammen und nahm den Beutel mit Golddollars.

„Sie haben allein keine Chance, Jeff“, wiederholte sich Abe Aarons. „Nicht einmal Sie. Allerdings könnte ich mir schon vorstellen, dass ein Town Tamer dieser Stadt gut tun würde – ein neuer Marshal, der hart durchgreift, so wie Wild Bill Hickock in Abilene. Aber der muss wohl erst noch geboren werden...“

„Wir werden sehen, Mister Aarons...“

15 Western Koffer Sommer 2018 - Gegen das Gesetz und 14 andere Romane

Подняться наверх