Читать книгу 15 Western Koffer Sommer 2018 - Gegen das Gesetz und 14 andere Romane - Pete Hackett - Страница 43

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Die Reiter ließen ihre Gäule im vollen Galopp heranpreschen. Sie zügelten die Pferde. Eines von ihnen stieg auf die Hinterhand.

Der Mann, der die Gruppe offensichtlich anführte, trug einen dunklen Schnauzbart und hatte eine Narbe am Kinn, die wahrscheinlich aus einem Messerkampf stammte.

Einer seiner Begleiter trug einen grauen Hut, wie er in der Kavallerie der Konföderierten üblich gewesen war – nur dass er die Rangabzeichen entfernt hatte. An seinem Sattel hing außer dem Winchester-Karabiner und den Satteltaschen auch noch ein Säbel, den er sich wohl, als ganz persönliches Andenken aus dem gerade zu Ende gegangenen Bürgerkrieg aufbewahrt hatte.

Die beiden anderen waren gekleidet wie Cowboys. Sie trugen Leder-Chaps an den Beinen und Stetson-Hüte. Der eine war rothaarig und trug zwei Revolver im Gürtel, deren Griffe nach vorn gerichtet waren. Dem anderen fehlte ein Auge. Rechts trug er einen langläufigen Navy Colt vom Kaliber 45, links eine Shotgun, für die er sich ein Spezialholster angefertigt hatte.

Das sind Killer!, dachte Kane. Und ich bin mal gespannt darauf, wer sie angeheuert hat.

Dass es bei seiner Rückkehr Ärger geben würde, damit hatte er gerechnet. Aber nicht damit, dass man ihn bereits aus dem Weg zu räumen versuchte, noch bevor er San Antonio überhaupt erreicht hatte.

Der Narbige grinste schief und spuckte dann aus.

„Bist du Laredo Kid?“, fragte er.

„So hat man mich früher genannt“, bestätigte Kane. Seid seinem fünfzehnten Lebensjahr war Jeff Kane als Post-Expressreiter die Strecke zwischen Laredo am Rio Grande und San Antonio geritten. Und da er der schnellste Postreiter weit und breit gewesen war, hatte ihn jeder in der Gegend gekannt.

Laredo Kid – das war der Name gewesen, den man ihm gegeben hatte. Aber das war lange her. Jeff Kane erschien es fast wie eine Ewigkeit. Dazwischen lag so viel. Der Streit mit seinem Onkel Ray Tomkins, bei dem er aufgewachsen war, sein Aufbruch nach Norden, wo er zuerst auf einer Ranch in Kansas angeheuert hatte. Aber diese Ranch gab es nicht mehr. Kansas war in jenen Jahren durch den Gegensatz zwischen Gegnern und Befürwortern der Sklaverei zerrissen gewesen und mit Ausbruch des Bürgerkrieges trieben Guerilla-Banden im Auftrag des Südens dort ihr Unwesen. Eine von ihnen hatte die Ranch überfallen. Jeff Kane hatte als einziger schwer verletzt überlebt. Als er wieder auf den Beinen gewesen war, schloss er sich der Armee der Nordstaaten an – denn ihm war klar, dass er die Schuldigen auf sich gestellt kaum zur Rechenschaft ziehen konnte und die Behörden in Kansas selbst damit hoffnungslos überfordert waren.

Eigentlich hatte er nicht damit gerechnet, jemals in das Gebiet am Rio Grande in Texas zurückzukehren. Kane war zunächst in der US. Army geblieben, aber schließlich doch demobilisiert worden, wie der Großteil der unter Waffen stehenden Soldaten.

Kane hatte seine Abfindung genommen und sich gefragt, was er jetzt mit seinem Leben anfangen sollte. Und da war er schließlich zu dem Schluss gelangt, dass er erst mit seiner Vergangenheit ins Reine kommen musste. Es waren Jahre vergangen seit er sich mit Ray Tomkins zerstritten hatte und davon geritten war. Also war es höchste Zeit, die Sache wieder in Ordnung zu bringen.

Kane hatte ein Telegramm zu seinem Onkel nach San Antonio geschickt. Ein Rechtsanwalt namens James Naismith hatte ihm daraufhin geantwortet. Ray Tomkins sei verstorben und habe seinen Besitz seinem Neffen Jeff Kane vermacht.

Und jetzt war Kane hier – nahe dem Land, in dem er aufgewachsen war.

„Ich glaube, es wäre für alle Beteiligten besser, du würdest einfach wieder verschwinden, Laredo Kid“, sagte der Narbige nach einer Pause. „Niemand will hier einen Mann, der noch seinen alten Militärmantel in blau mit sich herumträgt. Es wäre schon schlimm genug, wenn du ein Yankee wärst, aber vor einem Texaner, der im blauen Rock gekämpft hat, spuckt doch hier jeder nur aus!“

„Ich denke, dass könnt ihr getrost meine Sorge sein lassen“, sagte Kane ruhig. Seine Hand befand sich bereits in der Nähe des tiefgeschnallten Revolvers. In den Augen dieser Männer las er seinen Tod. Sie warteten nur noch auf den richtigen Augenblick um loszuschlagen und ihn in den Staub zu strecken.

„Wir haben den Auftrag, dich mindestens einen Tagesritt nordwestwärts zu begleiten, wenn wir auf dich treffen...“

„Wer schickt euch?“

„Tut das irgendetwas zur Sache?“

„Dan Garth, nicht wahr?“, vermutete Jeff Kane.

„Onkel Ray hatte schon damals Ärger mit ihm, weil Garth glaubte, das Gesetz in die eigenen Hände nehmen zu können, nur weil er der größte Rancher in der Gegend war...“

Der Narbige verengte seine Augen zu schmalen Schlitzen.

„Hör mir gut zu, Laredo Kid! Meine Freunde und ich sind noch nicht so lange in der Gegend, aber eines kann ich dir sagen: Es würde dir nicht gut bekommen, dich mit Mister Garth anzulegen. Wir führen nur aus, was er sagt und wenn er sagt, dass für dich kein Platz in San Antonio ist, dann solltest du dich danach richten, wenn dir dein Leben lieb ist!“

„Ich bin zufällig Ray Tomkins’ Erbe und habe auch vor, dieses Erbe anzutreten“, erwiderte Jeff Kane. Er sprach sehr ruhig, sehr bestimmt und mit einer unterschwelligen Härte, die den vier Gunslingern hätte klar machen sollen, dass er kein Mann war, der sich so einfach verjagen ließ. „Allerdings geht Euch das alles auch sehr wenig an.“

„Dem Kerl muss irgendjemand einen üblen Floh ins Ohr gesetzt haben, Reilly!“, mischte sich jetzt der Kerl mit dem Konföderierten-Hut ein.

„Halts Maul, McPhee!“, zischte der Narbige zurück.

„Kein Grund für schlechte Laune, Reilly. Leg den Kerl einfach um – oder gib mir die Erlaubnis es zu tun!“

„Etwas Sand drauf und es findet ihn hier in hundert Jahren niemand!“, ergänzte der Einäugige. Seine Linke stahl sich zu der Shotgun. Kane wusste, dass der Einäugige aus dieser Entfernung einfach nur draufhalten musste, um mit einer Shotgun zu treffen. Das Schrot würde ihn wahrscheinlich töten – und wenn nicht, dann zumindest so außer Gefecht setzen, dass er wehrlos am Boden lag und die anderen ihn in aller Seelenruhe abknallen konnten.

„Gents, ich suche keinen Streit und ich hoffe, das gilt auch für euch. Falls nicht, solltet ihr wissen, dass ihr teuer bezahlen werdet...“

Reilly spuckte aus. „Was du nicht sagst!“, knurrte er. Die Hände waren jetzt durchweg an den Revolvergriffen. Jeff Kane versuchte abzuschätzen, wer aus dieser Wolfsmeute wohl als erster zum Eisen greifen würde.

Kane schätzte die Lage richtig ein.

Es war der Rothaarige, der zuerst zog. Offenbar war er Linkshänder, weswegen er den Cross Draw-Griff den rechten Colt aus dem Holster riss. Die Linke brauchte er, um das Pferd ruhig zu halten.

Er war schnell – aber nicht schnell genug. Jeff Kane feuerte um den Bruchteil einer Sekunde bevor der Rothaarige zum Schuss kommen konnte. Dieser schrie auf. Der Revolver entfiel seiner Hand, die sich rot verfärbte.

Kane schwenkte den Lauf seines 45er Peacemaker herum und richtete ihn auf Reilly, ehe dieser seine eigene Waffe vollständig aus dem Holster gerissen hatte. Kane spannte den Hahn.

Reilly erstarrte.

„Keine Bewegung – oder euer Boss hat ein Loch in der Stirn.“

„Worauf wartet ihr? Knallt ihn ab!“, fluchte der Rothaarige, dessen verwundete Hand immer stärker zu bluten begann.

„Mund halten, Firehead!“, zischte Reilly zwischen den Zähnen hindurch. An Kane gewandte sagte er: „Du kannst uns nicht alle abknallen, Laredo Kid!“

„Nein, das nicht. Aber bevor sich einer von euch rührt und sein Eisen in der Hand hat, bist du tot. Das steht so fest wie das Amen in der Kirche. Also befiehl deinen Männern, die Eisen abzuschnallen.“

„Was?“, stammelte er ungläubig.

Kane spannte den Hahn. Es machte ‚klick’.

„Du hast gesehen, wie ich treffe!“

„Du musst wahnsinnig sein, Laredo Kid!“

„Nein, du bist wahnsinnig, wenn du nicht augenblicklich tust, was ich sage...“

Die Blicke beider Männer begegneten sich. Reilly, der Mann mit der Narbe sah die Entschlossenheit in den Zügen seines Gegenübers, alles auf eine Karte zu setzen. Was für ein Schütze dieser unerwünschte Rückkehrer war, hatte er ja schon eindrucksvoll unter Beweis gestellt.

„Schnallt die Eisen ab!“, befahl Reilly schließlich.

„Das ist doch nicht dein Ernst, Reilly!“, beschwerte sich der rothaarige Firehead.

Aber dass es ihm damit durchaus Ernst war, zeigte Reilly dadurch, dass er die Schnalle seines Revolvergurts öffnete und ihn zu Boden gleiten ließ.

„Na los, macht schon!“, rief Reilly, dem der Schweiß von der Stirn perlte, als Kane noch einen Schritt näher auf ihn zu trat. Kaum drei oder vier Yards lagen jetzt zwischen dem Mann, den man früher Laredo Kid genannt hatte und dem Anführer dieser Männer. „Der Mann ist verrückt genug, Ernst zu machen und ich habe keine Lust, mir von ihm eine Kugel in den Kopf jagen zu lasen!“

„Sehr vernünftig“, sagte Kane.

Reilly verzog das Gesicht.

„Wie man’s nimmt.“

„Ach, ja?“

„Du wirst noch mal bitter bereuen, was du hier getan hast, Laredo Kid.“

„Sorry, aber ihr habt mir keine andere Wahl gelassen!“

„Du wirst sehen, was du davon hast...“ Reilly drehte sich um. „Na los, die Revolver runter!“

Zögernd schnallten die Männer aus Reillys Gefolge ihre Gurte ab. Der Reihe nach glitten sie in den Staub.

„Und jetzt die Winchester-Gewehre!“, befahl Kane.

„Nehmt sie mitsamt dem Scubbard vom Sattel, damit ihr nicht auf dumme Gedanken kommt!“

Mitsamt dem Sattelschuh aus Rindsleder, in dem die Karabiner steckten, zogen die Männer sie hervor, sodass keiner von ihnen auf den Gedanken kam die Waffe herauszuziehen und zu feuern.

„Irgendwann werden wir uns wieder sehen, Laredo Kid“, kündigte der rothaarige Firehead an. „Und dann wirst du vielleicht nicht vorbereitet sein. Jedes Mal, wenn du dich umdrehst, wirst du dich fragen, ob nicht der Lauf eines Peacemakers auf dich gerichtet ist!“

„Verschwindet!“, brummte Kane. „Ehe ich es mir anders überlege und eure Knochen in der Sonne bleichen lasse!“ Er schoss seinen 45er zweimal kurz hintereinander ab. Beide Kugeln brannte er dicht vor die Hufe von Reillys Pferd, das daraufhin wiehernd auf die Hinterbeine stieg.

Die vier Männer ließen sich das nicht zweimal sagen. Sie gaben ihren Pferden die Sporen und ließen sie davon preschen.

Jeff Kane sah ihnen eine Weile nach. Die Reiter zogen eine Staubwolke hinter sich her.

Kane steckte den Revolver ein und fuhr damit fort, sein Lager aufzuräumen.

Schließlich hatte er seinen Braunen gesattelt. Die Winchester steckte im Scubbard und die Decke war hinten zusammen mit den Satteltaschen und dem Militärmantel aus blauem Drillich aufgeschnallt. Die Waffen von Garth’ Männern ließ er dort zurück, wo diese sie in den Staub hatten sinken lassen. Zwar waren diese Waffen so viel wert, dass ein Cowboy davon fast ein ganzes Jahr hätte leben können, aber Kane dachte gar nicht daran, sich an fremdem Eigentum zu vergreifen. Sollten die Kerle doch später zurückkehren, um sich die Sachen zu holen, wenn sie wollten. So lange stellten sie zumindest keine Gefahr mehr da. Kane schwang sich in den Sattel und ließ den Gaul vorantraben.

Ein schöner Willkommensgruß war das!, dachte er. Aber er ahnte, dass es nicht der letzte dieser Art sein würde.

Dieses Land mochte mal seine Heimat gewesen sein-aber das war lange her und inzwischen war er hier nichts weiter als ein unerwünschter Fremder.

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