Читать книгу 15 Western Koffer Sommer 2018 - Gegen das Gesetz und 14 andere Romane - Pete Hackett - Страница 34
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Nach Sonnenuntergang kommt Jake an diesem Abend nach Hause. Zuerst bemerkt er die ungewöhnliche Stille gar nicht. Er tritt in die Küche und wirft erst Sarah, dann Will einen schnellen Blick zu.
„Was ist denn los?“
Will räuspert sich, blickt Jake aber nicht an.
„Setz dich bitte, Junge!“
Wieder Stille, doch diesmal spürt sie Jake. Die Luft scheint bersten zu wollen. Die Atmosphäre geht Jake an die Nerven.
„Was ist denn hier los?“, fragt er wieder, wobei er Will anblickt. „Du bist nicht in den Laden zurückgekommen. Und nun sitzt du mit Tante Sarah hier, als träumtet ihr.“
Keine Antwort.
Jake's Ungeduld wird noch größer.
„Ich will wissen, was los ist!“
Da erst blickt Will ihn an. „Jake, ich muss dir etwas sagen ...“
„Nein!“ Die Stimme klingt schwach, fast flehentlich. Jake wirbelt herum und sieht, dass Sarah ihr Gesicht mit den Händen bedeckt. Will seufzt schwer.
„Es hat keinen Sinn, Sarah. Er wird es doch zu hören bekommen.“
„Handelt es sich um meinen Vater? Handelt es sich um ihn?“
Will wirft seiner Frau einen raschen Blick zu.
„Ja ...“ sagt er. „Es handelt sich um deinen Vater, Jake.“
„Was ist es?“
„Erinnerst du dich an die Sache in der Bank, Jake? Bei der Jed Harper erschossen wurde?“
„Ich erinnere mich.“
„Erinnerst du dich, wie deine Tante Sarah Sam erkannte?“
Fünf Jahre lang hat er sich daran gewöhnt, nicht an diesen Tag zu denken. Er hat das Feuer seines Zornes gelöscht — er hat es versucht und geglaubt, es sei ihm gelungen. Jetzt richtet er sich auf und sagt kalt, als wisse er bereits genau Bescheid: „Fahre fort!“
Will sieht, dass er das Geständnis nicht länger hinauszögern kann. Ruhig sagt er: „Es scheint, als hätte Sarah sich an diesem Tag geirrt.“
„Ich weiß nicht, wovon du redest.“
„Es war ein Irrtum, Jake. Ich weiß, dass es schrecklich für Sam war, aber Irrtümer kommen manchmal vor. Deine Tante hat einen anderen Mann für Sam gehalten.“
Seltsam, dass er keinen Zorn spürt! Nur eine Leere ist in ihm, als er allmählich begreift. Langsam wendet er seinen Kopf zu Sarah.
„War es ein Irrtum, Tante Sarah?“
Sie kann die Hände nicht vom Gesicht nehmen und ihm nicht in die Augen blicken.
„War es ein Irrtum, Tante Sarah? Oder — hast du es absichtlich getan?“
Sie duckt sich wie ein Kind, das Schläge erwartet. Jake versteht die Geste augenblicklich. Die Schultern der Frau beginnen zu zittern, und der Junge sieht zum ersten Mal in seinem Leben seine Tante weinen.
Will steht auf und tritt an Jake heran.
„Junge“, sagt er. „Sie hat alles nur getan, weil sie dich liebte. Sie wollte dir nicht wehtun.“
Jake dreht sich um und blickt Will an, ohne ihn recht zu sehen. Dann verlässt er wortlos die Küche.
Später an diesem Abend passiert noch etwas.
Jake Mahone hat getrunken und schlägt einen Mann, der ihn aus Versehen anrempelt, ins Gesicht. Im Nu entsteht eine Rauferei. Buck Travis muss kommen, um die Leute zur Ruhe zu bringen. Jake sperrt er für diese Nacht ein.
„Der junge Mahone ist genau wie sein Vater!“, schimpfen die Leute. „Beide werden noch mal am Galgen enden!“
„Was der Bursche braucht“, meint Deputy Striker zu Travis, „ist 'ne ordentliche Tracht Prügel.“
„Lass ihn in Ruhe!“, erwidert der Marshal. „Ich schätze, der junge Mahone ist heute hart genug getroffen worden.“
Die Geschichte hat nun ihre Runde gemacht.
Als Jake am nächsten Morgen das Jail verlässt, bemerkt er die vielen nachsichtigen Blicke, die die Leute ihm zuwerfen, aber er bleibt kalt. Er bleibt auch kalt, als er die wilde Story über den Fremden namens Bill Somerson vernimmt. Der Fremde traf in Shelby mit dem Mittagszug ein, und zwar am Vortag. Er war bewaffnet und machte sich an Bert Surrat's Spieltischen zu schaffen. Plötzlich entstand zwischen ihm und Phil Costain ein Streit. Der Fremde schoss Phil an, lief aus dem Saloon und verließ die Stadt.
Jake hört diese Story nur mit halbem Ohr.
Ich hasse diese Stadt, sagt er sich, und ich habe meine Gründe dafür. Soll mit den Siedlern geschehen, was will — mich geht es nichts an!
Der bloße Anblick von Will, der auf der anderen Straßenseite entlanggeht, lässt ihm das Blut in den Adern kochen. Will sieht alt aus und irgendwie in sich zusammengesunken. Jake bedauert ihn nicht. Schon der Anblick von Will kann ihn in helle Wut versetzen. Er dreht sich um, um ihn nicht sehen zu müssen.
Zum Ausweichen ist es zu spät, als Jake bemerkt, wie Will die Straße überquert und auf ihn zukommt. Irgendetwas in seinem Innern wird hart und kalt, als Will sagt: „Jake, willst du nicht mit mir sprechen?“
Ärgerlich wendet sich Jake um. „Wir haben nichts miteinander zu reden!“
„Jake, kannst du uns nicht verzeihen?“
„Nein!“
„Ich hatte es nicht erwartet, aber ich musste dich fragen. Ich stehe nicht für das ein, was Sarah getan hat — es war schrecklich. Es war falsch — jetzt weiß sie es. Aber als sie es tat, dachte sie, es wäre das Beste für dich. Deshalb hat sie es getan, Jake.“
„Erzählt sie das auch den anderen?“
„Sie erzählt den Leuten nichts. Sie hat mit niemandem gesprochen, seit du uns verlassen hast. Sie spricht überhaupt nicht — nicht einmal mit mir.“ Nervös fährt er sich mit dem Handrücken über den Mund. „Deine Tante Sarah ist krank, Jake. Sie schließt sich ein, und es ist fast so, als wäre sie schon tot. Wenn du einmal zu ihr gehen würdest ...“
„Niemals!“, erwidert der Junge grausam. „Eines Tages wird mein Vater nach Shelby zurückkehren, und wenn er ihr verzeihen will, so ist das seine Sache. Ich werde ihr nie verzeihen.“
Will zuckt zusammen, als er den Hass in Jake's Augen sieht. Sein Kopf senkt sich, und einen Augenblick später schleicht er fort.
Jake's Nerven zucken. Er dreht sich auf dem Absatz herum und geht steif zu Bert Surrat's Saloon. Mitten auf dem Weg hält er inne, als er sich der wilden Story über den Fremden namens Bill Somerson erinnert. Seine Hand gleitet zur Hüfte, und plötzlich kommt er sich nackt vor.
Er ändert die Richtung, betritt Baxter's Store, und als er wenig später den Laden wieder verlässt, baumelt an seiner Hüfte ein langläufiger Frontier Colt.