Читать книгу 15 Western Koffer Sommer 2018 - Gegen das Gesetz und 14 andere Romane - Pete Hackett - Страница 36
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Es wird bereits hell, als Jake sich der bezeichneten Stelle nähert. Die halb zerfallene Hütte liegt vor ihm. Plötzlich erscheint ein großer Mann im Türrahmen.
„Somerson?“, ruft Jake.
„Wer will mich sprechen?“
„Jake Mahone. Sam Mahone ist mein Vater.“
„Wer schickt dich?“
„Ein Mann namens Fay. Milan Fay.“
„Ich hätte dich auch so erkannt, Junge. Du siehst ganz wie ein Mahone aus. Binde dein Tier an einen Busch und steige ab!“
Somerson wartet an der Ecke der Hütte, als Jake den Falben in das Gebüsch führt. Er streckt ihm seine große Hand entgegen.
„Teufel, du bist ganz wie Sam. Ich bin stolz, dir die Hand zu reichen, Junge. Komm rein zum Frühstück!“
Somerson dreht sich abrupt um und verschwindet durch die Tür. Als Jake ihm folgt, schlägt ihm der starke Geruch von gebratenem Pökelfleisch entgegen. Der Junge setzt sich neben die Feuerstelle und drückt den Rücken gegen die Wand.
„Der Mann, der sich Fay nannte, erzählte mir, du hättest eine Nachricht für mich.“
„Das ist richtig.“ Somerson öffnet eine Keksdose und leert den Inhalt über einer Satteldecke. Aus einem Vorratslager in der Ecke der Hütte holt er Kaffee.
„Ich und Sam sind für denselben Verein unten in Chihuahua geritten. Als er hörte, dass ich nach Norden heraufwollte, bat er mich, dich aufzusuchen. Übrigens: Sucht dieser Marshal mich noch?“
„Buck Travis gibt sich nicht so schnell zufrieden.“
Der Desperado lacht. „Hier wird er mich nicht finden.“
Jake mustert den Mann jetzt genau. Er ist Anfang vierzig und auffallend fett. Somerson beschäftigt sich mit dem Pökelfleisch und blickt Jake nicht an.
„Wahrscheinlich weißt du, dass Sam in New Mexico Schwierigkeiten hatte. Man möchte ihn durchaus schnappen. Deshalb versteckt er sich. Dein Vater möchte dich sehen, Junge.“
„Wann?“
„Bald, schätze ich. Ich kann dich nach Süden bringen, wenn die Zeit kommt, aber zuerst einmal möchte Sam, dass du ihm einen Gefallen tust.“ Somerson nimmt die Pfanne vom Feuer und richtet seine Augen auf Jake.
„Ich sag dir die Wahrheit, Junge. Dein Vater ist verdammt aufgebracht, dass man ihn bei euch in der Stadt so fertigmachte. Er will, dass du ihn rächst. Sam Mahone will, dass eure Stadt auf den Kopf gestellt und so lange gerüttelt wird, bis den Leuten die Zähne klappern. Verstehst du?“
Jake hört, wie er durch die Zähne pfeift. Das ist nicht Sam — Sam würde eine Arbeit nie von einem anderen machen lassen.
„Das hat er gesagt?“
„Habe ich denn einen Grund, dich zu belügen?“
„Wahrscheinlich nicht.“
„Und hat denn Sam keinen Grund zu seinem Hass?“
„Yeah, den haben wir beide.“
„Jetzt sprichst du genau wie dein Vater!“, grinst der Desperado.
Er piekt ein fettes Stück Fleisch aus der Pfanne, klemmt es zwischen zwei Kekse und beginnt zu essen.
„Bedien dich!“, sagt er und nickt. „Du musst wissen, dass ich einen großen Abstecher gemacht habe, nur um dich zu treffen. Aber ich habe Sam versprochen, ich würde dich aufsuchen, und was ich sage, das halte ich.“
„Du hast mir die Nachricht noch nicht gesagt.“
„Hab es doch nicht so eilig! Ich komme schon noch hin. Wir müssen ganz vorne anfangen. Ich und Sam sind zusammen für den Rebellengeneral auf der anderen Seite der Grenze geritten. Auf die Weise habe ich erfahren, wie sie ihn fertiggemacht haben.“
„Hat er es dir gesagt?“
„Ja, und eine Menge mehr. Ich schätze, er ist um so wilder geworden, je mehr er darüber nachdachte, und ein Mann wie Sam kann innerhalb von fünf Jahren verdammt wild werden. Es war ein Bankraub, den sie ihm anhängen wollten, wie?“
„Und einen Mord.“
„Der Bankier — ich hätte ihn beinahe vergessen. Well, Sam hat jetzt jedenfalls die Absicht, die Bank wirklich auszurauben. Natürlich kann er sich hier nicht zeigen. Deshalb musst du einspringen, Junge. Begreifst du, was Sam will?“
„Er verlangt von mir, dass ich die Bank ausraube?“
Somerson lacht auf. „Hast es begriffen, Junge. Aber es ist nicht so gefährlich, wie du glaubst. Ich bin da, um dir zu helfen.“
Jake starrt den Desperado ungläubig an. Er erinnert sich, wie sein Vater ihn durch die Eisengitter ansah. Sam hatte damals nichts von seinem Sohn verlangt. Er hatte ihn fortgehen lassen, weil er glaubte, es wäre für den Jungen besser. Es passt nicht zu einem solchen Mann, dass er das verlangt, was Somerson erzählt. Langsam steht Jake auf.
„Was ist los?“, fragt der Desperado.»
„Ich glaube, ich reite jetzt nach Shelby zurück.“
Somerson klappt sein Taschenmesser zusammen. Jake kann fast die Gedanken sehen, die dem anderen durch den Kopf ziehen. Endlich steckt der Mann das Messer in die Tasche und überrascht Jake mit einem nachsichtigen Lächeln.
„Ich habe dich nicht an der Nase rumführen können, wie? Nun, ich hätte wissen sollen, dass mir so was bei Sam Mahones Jungen nicht gelingt.“
„Er hat nichts von der Bank gesagt, oder?“, fragt Jake.
Somerson schüttelt den Kopf.
„Du bist ganz wie Sam. Willst die Karten offen auf dem Tisch sehen, was? Ich will dir die Wahrheit sagen, Sohn. Sam hat mich nicht hochgeschickt, und er hat nie gesagt, du solltest die Bank ausrauben. Habe mir das selbst ausgedacht, aber der Rest stimmt. Besonders, dass er eure Stadt hasst. Manchmal dachte ich mir, er ist nahe daran, zurückzukehren und sich selbst zu rächen.“
Er grinst jetzt nicht mehr. Sein Gesicht wirkt hart und nüchtern. „Das glaubst du doch, oder?“
„Was hätte das schon zu bedeuten? Ich habe mit dir nichts zu tun, Somerson. Du bist ein ...“
„Augenblick, Sohn. Du hast noch nicht alles gehört. Wahr ist, dass dein Vater in Schwierigkeiten steckt, Junge. Die Rebellenarmee in Mexiko ist aufgeflogen. Die Führer werden erschossen, wenn man sie findet. Deshalb bin ich nach Norden geritten. Aber dein Vater hatte nicht dieses Glück. Er weiß nicht, wohin er soll.“
„Woher soll ich wissen, dass dies nicht wieder eine Lüge ist?“
„Das kannst du nicht wissen“, erwidert der andere offen. „Du könntest es feststellen, wenn du dich an die Grenzbehörden wenden würdest. Aber das wirst du nicht tun. Denn du weißt, dass ich die Wahrheit rede, stimmt's?“
Jake versucht, sich vom Gegenteil zu überzeugen, aber instinktiv weiß er, dass es die Wahrheit ist. Er fühlt, wie seine Beine plötzlich weich werden.
„Spuck den Rest aus!“, presst er hervor.
„Es ist das Einfachste von der Welt. Dein Vater braucht Geld. In Texas würde es ihm nicht viel nützen, aber in Mexiko kann er die Behörden bestechen.“ Jetzt grinst er wieder. „Wenn dein Vater Glück hat, dauert es noch einen Monat, ehe sie ihn schnappen. Weißt du, wie man in Mexiko Rebellen exekutiert, Junge? Zuerst müssen sie sich ihr Grab schaufeln, dann werden ihnen Hände und Arme zusammengebunden. Mexikaner sind miserable Schützen, besonders die, die in den Exekutionskommandos sind. Sie schießen dir ins Genick, und während du noch schreist, schaufeln sie das Grab schon zu ...“
„Das genügt!“, ächzt Jake.
„Fühlst dich ungemütlich, wie? Aber so machen sie es. Und so wird es mit Sam geschehen, wenn er keine Hilfe bekommt. Fünftausend Dollar, Kid. Damit kannst du deinen Vater vor dem mexikanischen Exekutionskommando retten.“
Jake fühlt, wie etwas in ihm zusammenschrumpft. Er hat nicht einmal genug Geld, um sein Zimmer zu bezahlen.
Somerson sieht seine Unsicherheit und stößt hart nach.
„Shelby ist eine Stadt, in der es in diesen Tagen lebhaft zugeht. Die Farmer liefern ihr Getreide ab, und eine Menge Geld wechselt ihre Besitzer. In der Bank ist für einen Mann, der schlau genug ist, viel Geld zu finden — genug, um deinen Vater zu retten, Kid, und noch einiges mehr.“
Jake kann nicht denken. Sein Kopf fühlt sich so kalt und unbeweglich an wie ein Stein.
„Was kann ich tun?“, fragt er. „Warum hast du mich ausgewählt?“
„Das ist ganz einfach, Boy.“ Somerson nimmt den Kaffeebecher und trinkt. „Zuerst einmal bist du Sam Mahones Junge. Ich nehme an, dass du Grips genug hast, um das Ding zu drehen. Außerdem brauche ich bei dir nicht zu fürchten, dass du aus der Schule plauderst. Schließlich, und das ist das Wichtigste, kennst du die Stadt, und jedermann dort kennt dich. Das ist sehr wichtig, wie du später sehen wirst.“
„Was ist mit deinem Freund, Fay? Warum hilft er dir nicht?“
„Er wird. Hier, trink mal Kaffee, Junge! Sieht aus, als ob deine Nerven ihn gebrauchen könnten.“
Es ist fast Mittag, als Jake nach Shelby zurückreitet. Somerson begleitet ihn zum Falben.
„Am Ersten des Monats“, sagt er. „Alle Leute machen zu diesem Zeitpunkt Einzahlungen, so dass viel Bargeld im Panzerschrank sein muss. Wie fühlst du dich?“
„Wie soll ich mich fühlen?“, fragt der Junge bitter zurück.
„Hör mal zu, Junge! Wenn du willst, dass dein Vater erschossen wird, dann reitest du jetzt zurück und vergisst, was ich dir gesagt habe. Aber wenn du Sam's Hals retten willst, dann tu, was ich dir sage.“
Als Jake nichts erwidert, ergreift der andere seinen Arm.
„Schreibe an die Grenzbehörden, wenn du nicht glaubst, was ich sage!“
„Nimm deine Hand weg!“
Somerson blinzelt überrascht, dann lässt er seine Hand sinken. Es ist ihm fast, als habe Sam selbst eben gesprochen.
„Klar doch, Junge. Reite zur Stadt zurück und denke darüber nach, was ich dir gesagt habe! Ich werde Milan Fay veranlassen, sich zur rechten Zeit mit dir in Verbindung zu setzen.“