Читать книгу 15 Western Koffer Sommer 2018 - Gegen das Gesetz und 14 andere Romane - Pete Hackett - Страница 27

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Zwei Tage später - sechzig Meilen südlich von Shelby.

Sam hat ein Wildkaninchen erlegt, und sie sitzen mit übergeschlagenen Beinen am Feuer und verzehren das zähe Fleisch. Jake schmatzt, als sei es das Beste, was ihm seit langem zwischen die Zähne gekommen ist. Aber Sam sieht doch, wie sich seine Lippen in Abscheu kräuseln, wenn er sich unbeobachtet fühlt.

„Wirst dich dran gewöhnen müssen, Sohn“, brummt der Mann. „Oder hast du dieses Leben schon satt?“

„Keine Spur“, schmatzt der Junge.

„Well, Reiten, Jagen, die Wälder und Berge durchstreifen — das ist nicht alles. Hast du dich nie gefragt, welches Ziel ich verfolgen könnte?“

„Wo du bist, da gefällt's mir, Dad. Warum reden wir viel?“ Plötzlich stockt der Junge und blickt seinen Vater angstvoll an. „Oder hast du's dir anders überlegt — mit mir?“

Sam lacht ungeduldig auf.

„Nein, Jake, zum Teufel. So meine ich das nicht. Aber all die Dinge befriedigen nicht auf die Dauer. Hast du nie an deine Zukunft gedacht? Hast du dir nie vorgestellt, etwas zu schaffen, auf das du stolz sein kannst, etwas, das dein ganzes Leben ausfüllt?“

Wieder spricht sein Vater zu ihm wie zu einem Erwachsenen, von Mann zu Mann. Um sich dieser Ehre würdig zu zeigen, runzelt Jake zum Zeichen angestrengten Nachdenkens die Stirn und kneift die Augen zusammen. Aber er schweigt.

„Well“, meint Sam, „vielleicht kann ich dir auf die Sprünge helfen. Was hältst du beispielsweise von einem Laden, wie ihn dein Onkel Will betreibt?“

Jake schürzt die Lippen.

„Ich schätze, das ist eigentlich nur was für alte Männer. Ich will raus aufs Land. Ich will reiten, jagen und schießen, bis ...“ Er stockt, als wisse er nicht weiter.

„Bis du herangewachsen bist, dich ausgetobt hast und die Sache witzlos für dich geworden ist“, vollendet sein Vater düster.

„Ich — ich werde es nie leid werden, mit dir herumzustreifen — glaube ich.“

„Als deine Mutter noch lebte, besaßen wir in der Wind River Range von Wyoming einen kleinen Corral mit wundervollen Wildpferden. Ich hatte sie selber eingefangen.“ Seine Augen verklären sich. „Yeah, eine Pferdezucht wäre das Richtige für uns.“

„Eine Pferdezucht, fein!“, strahlt der Junge. „Wir werden eine ganze Herde einfangen und alle selbst zureiten, was?“

Sam starrt geradeaus.

„Nicht weit von unserer Blockhütte lag ein wunderschönes Tal, gerade richtig für einen großen Corral. Aber die Zeit der freien Wildpferdherden ist vorbei, jedenfalls in Wyoming. Woanders hab ich sogar von Gesetzen gehört, die die Wildpferdjagd grundsätzlich verbieten. Fortschritt, pah!“ Er spuckt aus. „Wir würden einen Haufen Dollars brauchen, um uns einen solchen Lebensjob aufzubauen. Na, vielleicht reicht mein Geld für einen leidlichen Anfang. Es ist ein prächtiges Tal dort in Wyoming ...“

Sam Mahone muss in den nächsten Tagen immer wieder an dieses Tal in Wyoming denken. Ungeduld plagt ihn. Er will mit Jake ein festes Zuhause haben. Er will am Abend mit seinem Sohn auf das Werk des Tages blicken können — nicht mehr ruhelos umherstreifen. Er will Jake zum besten Pferdemann ausbilden und mit ihm eine Pferdezucht aufbauen, die genügend Dollars einbringt — ehrliche Dollars.

Je länger Sam darüber nachdenkt, desto gereizter wird er.

Die Dollars in seinen Taschen reichen niemals für den Grundstock einer Pferdezucht, das hat er ausgerechnet. Und einen Kredit aufnehmen? Bei dem Gedanken lacht er bitter auf. Für alle Leute ist er immer noch „der Outlaw“, der Geisterreiter, der den tollsten Bankraub der achtziger Jahre vollführte. Sam Mahone bittet eine Bank um Kredit! Der ganze Westen würde brüllen vor Lachen.

Sam wird von Tag zu Tag gereizter. Nie erschien ihm das Umherreiten so sinnlos.

Irgendwann, an der Grenze Montanas, schwenkt er kurzentschlossen auf eine Postkutschenstraße ab, die nach Billings führt.

Jake stellt verwundert Fragen, doch sein Vater gibt keine Antwort. Erst als sie unter glühenden Sonne in die Mainstreet von Billings reiten, brummt Sam: „Muss mir im Saloon die Gurgel ausspülen. Haben zu viel Dreck geschluckt in den letzten Tagen.“

Der Junge sieht ihn ungläubig an. Dreck geschluckt? Sein Vater nennt es auf einmal „Dreck schlucken“ wenn sie durch Wälder und Berge jagen? Doch Jake schweigt, als er das verzerrte Gesicht des Mannes sieht.

Sie binden die Pferde an die Haltestange. Dann folgt Jake seinem Vater beunruhigt in den Saloon.

Zwei Tische sind voll besetzt. Karten klatschen. Raue Stimmen bieten. Der Tresen ist einsam. Nur der Keeper blinzelt mit trüben Augen und aufgestützten Ellbogen zu den Spielern.

„Bier und Limonade“, bestellt Sam.

Lustlos schiebt ihnen der schwammige Keeper die Gläser zu.

Jake spürt, dass die merkwürdige Spannung noch nicht von seinem Vater gewichen ist. Sam lehnt am Tresen und starrt auf die Spieltische. Einer der Männer wirft gerade seine Karten hin.

„Passe!“, brummt er, steht auf und verlässt knurrend den Raum.

Jake sieht, wie sich die Haltung seines Vater versteift. Plötzlich dreht er ihm das Gesicht zu, ein starres, von finsterer Entschlossenheit geprägtes Gesicht.

„Warte hier auf mich, Jake!“, sagt er eintönig. „Ich will versuchen, in das Spiel einzusteigen. Wer weiß ...?“ Er spricht nicht weiter, sondern stakst langsam auf die Gruppe zu. Er zieht ein Dollarbündel aus der Tasche und legt es wortlos auf den freigewordenen Platz. Ein Spieler, der wie ein Cowboy gekleidet ist, nickt Mahone freundlich zu und deutet auf den Stuhl.

Jake sieht, wie sein Vater Platz nimmt, einige Dollarscheine in die Tischmitte schiebt und mit reglosem Gesicht die Karten entgegennimmt. Nach einer Minute legt Sam weitere Scheine auf den Haufen in der Tischmitte. Zwei Spieler wischen sich den Schweiß von der Stirn, hauen dann ihre Karten hin und stiefeln fluchend zum Tresen. Sein Vater scheint in dem Spiel hoch ranzugehen. Er sitzt nur noch zwei Gegnern gegenüber. Dem Spieler in westlicher Kleidung und einem Mann im Prince Albert-Rock.

Neue Gäste strömen in den Saal. Jake widmet nun ihnen seine Aufmerksamkeit, denn er ist überzeugt, dass er sich um seinen Vater nicht sorgen muss. Der wird sicher mit Leichtigkeit das Spiel machen.

Die Zahl der Gäste wächst.

Stimmengewirr und polternder Lärm erfüllen nun den Saal, und die Luft wird dick.

Jake trinkt sein Glas leer und bahnt sich seinen Weg durch die Menge. Plötzlich erschrickt er. Das Bild am Spieltisch hat sich völlig gewandelt.

Schweiß glänzt auf der Stirn von Sam Mahone. Seine beiden Gegenspieler aber grinsen zufrieden. Vor ihnen liegt ein Haufen von gestapelten Dollarmünzen und Scheinen.

Gerade blättert Sam Mahone seine Karten auf. Die anderen tun es ihm nach. Und der Spieler in der Cowboykleidung streicht lächelnd den Einsatz ein.

„Pech gehabt, Mister“, hört Jake ihn sagen. „Vielleicht ein andermal ...?“

Jake schluckt, als er seinen Vater mit eisiger Miene aufstehen sieht. Sam schiebt den Stuhl zurück und geht mit wuchtigen Schritten zum Tresen. Er knallt eine Münze auf den Tresen und marschiert hinaus, ohne sich nach dem Jungen umzusehen.

Als Jake ihm nachläuft, wird er von den lärmenden Gästen angerempelt. Endlich erreicht er schwitzend die Tür. Sam Mahone steht reglos vor ihren Pferden. Leise tritt der Junge neben ihn.

„Dad?“, sagt Jake zaghaft „Dad ...?“

„Hab mich ausnehmen lassen wie ein Greenhorn“, sagt Sam mit zerborstener Stimme. „Das Geld ist weg — alles. Und ich Narr hab mir geschworen, nie wieder die Karten anzurühren — nie wieder. Ich hirnverbrannter Narr!“ Er schlägt die geballte Faust so wuchtig gegen den Stützbalken, dass Jake glaubt, der Knochen müsse zersplittern.

„Wir reiten!“, sagt der Mann hart.

„Wohin?“

„Irgendwohin!“, erwidert sein Vater mit einer zornigen Geste.

Das kleine Feuer knistert. Sam starrt mit leeren Augen in die Flammen. Ängstlich blickt ihn Jake von der Seite an. Kaum hat sein Vater in den letzten Stunden ein Wort zu ihm geredet. Er vermied sogar, ihn anzusehen.

Nur einmal hat Jake seinen Blick erhascht. Und in diesem Blick lagen eine Hoffnungslosigkeit und Leere, die Jake's Seele schmerzen ließen.

Hufschlag nähert sich dem Lagerplatz, der in den sanften Schatten eines Fichtenwäldchens liegt.

Sam erhebt sich ruckartig und scheucht Jake mit einer Handbewegung zur Seite. Seine Fingerspitzen berühren den Revolverkolben.

„Weg vom Feuer, Jake! Geh zu den Pferden!“

Jake gehorcht. Zwischen den Fichten heraus beobachtet er den Lagerplatz. Ein Reiter taucht im Waldeinschnitt auf. Er zügelt sein Pferd, stellt sich in die Steigbügel, als er Sam erkennt, und reitet heran. Überraschung blitzt in Mahones Augen. Dann senken sich seine Lider. Sofort hat er den Reiter erkannt. Es ist der Spieler in Cowboykleidung, der ihm sein ganzes Geld abgenommen hat.

Der Mann hebt die Hand und rutscht aus dem Sattel.

„So sehen wir uns wieder“, lacht er. „Hatte den Geruch Ihres Feuers in der Nase und dachte, 'n kleiner Speech könnte nicht schaden.“

„Ihr Pech, Mister.“ Sam's Stimme klingt fast bedauernd. Er schiebt den linken Fuß vor.

„Wie?“

„Das hier!“, sagt Sam rau, und der Colt gleitet blitzschnell aus dem Holster. Die Mündung zeigt in die Magengegend des Mannes. Der Spieler hustet verkrampft.

„Verdammt, ich hielt Sie für einen ehrlichen Gegner, der auch anständig verlieren kann, und ich täusche mich sonst nie. Zum Teufel, sicher haben Sie 'ne Pechsträhne und das Geld bitter nötig, wie? Ich geb Ihnen Ihr Geld gern zurück, aber stecken Sie doch das Eisen weg, verdammt!“

Sam nickt schwer.

„Mein Geld — und Ihr Geld. Das hab ich bitter nötig. Los, umdrehen! Und dabei 'ne Wolke greifen!“

Das Gesicht des Spielers verzerrt sich. Er nickt grimmig und wendet sich, die Hände in Schulterhöhe, langsam um. Mit vier Sätzen ist Sam bei ihm. Seine Linke schießt vor und reißt dem Spieler den flachen Hut vom Kopf. Dann zuckt die Hand mit dem Revolver hoch und nieder. Der Mann knickt zusammen. Sam's Hände wühlen in den Taschen des Überrumpelten, und er steckt den Raub in die Hüfttasche.

Jake kommt heran, bleich, mit stockenden Schritten.

„Was — was hast du da getan, Dad?“, würgt er.

Sam zuckt zusammen. Er lächelt verkrampft. Seine Gedanken hetzen. Wie soll er es Jake erklären? Zum Teufel, er hat vergessen, dass der Junge noch ahnungslos ist.

Yeah, warum hat er es getan, warum hat er von seinem guten Vorsatz abgelassen? Im Jail hatte er sich wieder und wieder gesagt: Sie lassen dich nur in Ruhe, wenn du sie in Ruhe lässt! Du willst nicht, dass dir die Zivilisation noch einmal in die Quere kommt, also rühre nie wieder etwas an, das zu dieser Zivilisation gehört, ob Menschen oder Dinge!

Sam ballt die Fäuste. Nie wieder sollen sie ihn jagen! Er ist doch kein gewöhnlicher Outlaw. Er ist dauernd vom Pech verfolgt worden. Er will Ruhe und Frieden für seinen Sohn - nichts weiter. Dafür musste er noch einmal rauben. Und wenn er diesmal durchkommt, will er endlich leben, wie jedermann leben sollte!

Sam Mahone reißt sich zusammen. Neben ihm steht Jake, der ihm eine anklagende Frage gestellt hat. Die schwerste Frage, die ihm je gestellt wurde.

„Was ... hast du da ... getan, Dad?“, würgt der Junge erneut.

Sam dreht sich schwerfällig um.

„Hör zu, Jake“, murmelt er heiser. „Ich schätze, dieser Gent hat mich beim Spielen betrogen. Es kann einfach nicht sein, dass ich so jämmerlich spielte. Der Bursche hat mich irgendwie reingelegt. Well, ich habe ihm mein Geld abgenommen — und einiges von seinem auch. Der Bursche ist stinkreich, er wird es leicht überstehen. Aber für uns bedeutet es mehr, Jake. Für uns ist es viel — alles. Mit diesem Geld können wir ...“

Der Junge will nicht hören.

„Das ... Dad!“, stottert er. „Das ... das stimmt doch nicht. Du hast keinen Beweis dafür, dass er dich betrog, oder? Wenn ... wenn du so einfach sein Geld nimmst, dann ... dann bist du ein Räuber — ein gemeiner Räuber, Dad!“

Diese Worte aus dem Mund des eigenen Sohnes treffen Sam wie Tiefschläge.

„Sag doch was, Dad!“, fleht der Junge. „Was ... was hast du getan, Dad?“

Eine erbärmliche Hilflosigkeit treibt Sam zu einer unüberlegten Reaktion. Seine Hand schnellt vor und schlägt Jake klatschend ins Gesicht. Der Junge taumelt unter der Wucht des Schlages und schreit entsetzt auf.

„Nenn mich nie wieder einen Räuber!“, presst der Mann scharf heraus. „Nie wieder, hörst du?“

Doch im nächsten Augenblick steigert sich die Hilflosigkeit in ihm zu einer grenzenlosen Verzweiflung. Er hat Jake geschlagen — ohne Grund! Der Junge muss denken, er will ihn mit Schlägen zur Schlechtigkeit erziehen.

„Nancy!“, haucht der Mann. „Bitte, verzeih mir!“

Er wankt zu Jake hin und legt ihm die Hand auf die Schulter. Der Junge wirbelt herum, sein Gesicht ist von Tränen überströmt.

„Du ... du bist ein Räuber, Dad!“, ruft er erstickt. „Ein gemeiner Räuber bist du! Und was ... was die Leute in Shelby erzählten, mag wohl auch stimmen. Du hast in New Mexico einen Mann umgebracht — er war auch so ein Spieler. Mein Vater ist ein Räuber und ein Mörder. Er ist ein ... ein schmutziger Outlaw!“

Der Junge wirft sich auf den Boden, gräbt das Gesicht zwischen die Arme, und sein Leib schüttelt sich unter heftigem Schluchzen.

Sam Mahone steht wie gelähmt. Die Worte seines Sohnes waren Dolchstöße, die ihm das Herz zerrissen. Und das Blut dieser Wunden ist ein glühender Strom, der seine Seele ausbrennt.

In dieser Minute vollzieht sich in Sam Mahone die große Wandlung. Er erkennt, dass ein Mann auch unter dem schlimmsten Schicksal nicht einfach zum Räuber werden darf. Er erkennt, dass es manches gibt, das auch die drückendste Last des Lebens aufwiegen kann — zum Beispiel einen prächtigen Sohn, der voller Stolz zu seinem Vater aufblickt. Diesen Stolz des Jungen hat Sam durch eine Unüberlegtheit zertrümmert.

Lange steht der Mann noch wie betäubt da. Erst als Jake sich einigermaßen beruhigt hat, geht er mit schleppendem Gang zu ihm. Er kniet nieder und berührt sachte Jake's Arm.

„Sohn, bitte hör mich an!“, flüstert er unsicher. „Du hast ja recht. Ein Mann darf nicht zum Räuber werden, auch wenn er sich in die Enge getrieben fühlt und keine andere Möglichkeit sieht. Ich sehe ein, dass meine Gedanken falsch und verrückt waren. Ich war schwach, Jake. Viele Männer laufen manchmal Gefahr, schwach und so zum Outlaw zu werden. Und dann ist es gut, wenn jemand bei ihnen ist, der ihnen im richtigen Moment einen Rippenstoß versetzt. Das hast du eben mit mir getan, Jake.“

Der Junge liegt ruhig. Sam packt seinen Arm fester.

„Ich hab manches im Leben falsch gemacht, Jake“, fährt er heiser fort. „Diese verfluchte Zivilisation hat mich dazu getrieben, sie hat mich einfach verrückt gemacht. Ich werde dir später alles erklären, Jake. Aber eins musst du mir glauben, Junge: Ich habe nie im Leben einen Menschen umgebracht. Wer das erzählt, ist ein hundsgemeiner Lügner. Sieh mir in die Augen, Sohn, und sage mir, ob du mir glaubst!“

Sam dreht den Jungen sanft herum, und Jake blickt ihn aus geröteten Augen an.

„Ich habe einiges falsch gemacht“, wiederholt der Mann gepresst. „Ich habe diesen Spieler umgehauen, weil ich unsere Zukunft sichern wollte. Es ist falsch so, ich sehe es ein. Du hast es mir bewiesen, und ich bin stolz auf dich. Aber ein Mörder bin ich nicht. Glaubst du mir das, Sohn?“

Jake sieht lange in die rauchgrauen Augen des Vaters. Er kann nichts Schlechtes darin erblicken, nur verzweifelte Hilflosigkeit. Nach einer Weile nickt er mühsam.

„Ich glaube dir, Dad. Aber was ... was wird mit diesem Spieler?“

„Die Beule wird ihn nicht umbringen“, sagt Sam rau. „Er kriegt sein Geld zurück und soll reiten.“

Mahone steht auf. Er schiebt den Raub in die Taschen des Spielers zurück. Der Mann erwacht gerade. Stöhnend betastet er seinen Kopf. Sam hilft ihm auf die Beine.

„Reiten Sie!“, sagt er hart. „Aber vorher überzeugen Sie sich, dass nichts fehlt.“

Der Mann ist völlig verwirrt. Er zählt seine Dollars nach und lacht überrascht auf.

„Reiten Sie!“, wiederholt Mahone.

Der Mann will etwas sagen, hebt dann aber nur die Schultern und geht kopfschüttelnd zu seinem Pferd. Als er im Sattel sitzt, blickt er ernst auf Sam hinunter.

„Ich habe mich nicht in Ihnen getäuscht“, murmelt er. Dann zieht er kurzentschlossen den Dollarpacken aus der Tasche und zählt einige Scheine ab. „Nehmen Sie!“

Mahone schüttelt den Kopf. „Reiten Sie!“, sagt er und dreht sich um.

„Dann viel Glück!“, ruft der Mann und reitet weg.

Jake's Augen glänzen. Sam tritt das Feuer aus.

„Was machst du, Dad?“

„Wir reiten, Sohn!“

„Aber Dad — jetzt schon? Und wohin?“

„Zurück nach Shelby“, erwidert der Mann tonlos, „Ich habe über deine Tante und deinen Onkel nachgedacht. Sie haben sich ehrlich um dich gemüht. Vergiss das nicht! Sie verdienen es nicht, dass du sie einfach im Stich lässt. Sei ihnen dankbar, solange du kannst. Dein Vater wird dich zurückholen, wenn er bessere Karten in der Hand hält — Karten im ehrlichen Spiel. Im Augenblick kann er es nicht aufnehmen mit dem, was dein Onkel Will dir zu bieten hat.“

Jake will zuerst heftig aufbegehren. Doch als er in die Augen des Vaters blickt, senkt er nachdenklich den Kopf.

Stumm reiten sie der untergehenden Sonne entgegen. Sam Mahone, der bekehrte Outlaw, und sein Sohn, der plötzlich das Gefühl hat, als sei er um Jahre älter geworden.

Alles ist vorbei.

Sarah hat bei Jake's Rückkehr in Tränen geschwommen. Sie hat den Jungen mit tausend zärtlichen Worten umarmt und seinen Vater verflucht. Will hat dem früheren Outlaw die Hand gepresst und so seinen stummen Dank geäußert.

Am nächsten Tag meidet es Sam, Jake zu begegnen. Er sitzt in Surrat's Saloon und vertrinkt die letzten Pennies, die ihm bleiben. Noch nie ist er sich so nutzlos vorgekommen.

Er hat Jake die ganze Story erzählt. Und als er endete, hat der Junge sich schluchzend an seine Brust geworfen mit den Worten: „Du hast es für mich getan, Pa!“

Well, der Junge verachtet ihn nicht, ist ihm nicht einmal böse. Jake hängt jetzt, da er das verzweifelte Leben seines Vaters kennt, sogar noch mehr an ihm. Aber wie soll das alles weitergehen? Um die dunklen Gefühle zu ersticken, trinkt Sam.

Da tritt ein Mann ein und nimmt mehrere Drinks am Tresen. Einen Augenblick meint Sam, er hätte den Fremden schon irgendwo einmal gesehen — in New Mexico vielleicht oder südlich des Big River.

Dann erkennt er, dass ihm der Fremde nie zuvor in seinem Leben begegnet ist. Viehtreiber sehen sich ähnlich. Den Typ kennt er, nicht den Mann.

Der Fremde ist um die fünfzig herum. Sein ledernes Gesicht ist scharf wie ein Beil, sein schmutziges graues Haar lang und dünn. Staub bedeckt sein Gesicht und seine Kleidung, und seit Tagen hat er sich nicht rasiert.

Mahone kennt den Mann nicht, aber er weiß, dass man diesem Treiber aus dem Wege gehen muss. Ein rotes Taschentuch hat er sich in den Holster gestopft, um seinen Frontier Colt vor Staub zu schützen — eine Vorsichtsmaßnahme, die nur von Spezialisten angewendet wird.

Etwas später zählt der Mann den Betrag, den er schuldet, auf den Tresen und geht hinaus. Als er verschwunden ist, fühlt Sam sich etwas wohler.

Er steht auf und nimmt sich vor, ein wenig in die Ebene hinauszureiten, um seine Gedanken zu ordnen.

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