Читать книгу 15 Western Koffer Sommer 2018 - Gegen das Gesetz und 14 andere Romane - Pete Hackett - Страница 32

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Eine dunkle Wolke von Zorn legt sich über Shelby, als die Gerichtsleute aus Landow kommen und feststellen, dass der Räuber zwölftausend Dollar erbeutete. Das wirkt auf die Bewohner von Shelby wie ein Wintersturm. Das Geld gehört ihnen. Sie gruppieren sich vor den Toren der Bank und fordern ihr Vermögen zurück. Die Leute vom Gericht treten heraus. Sie können nichts tun, erklären sie. Das Geld ist weg. Die Bank ist nicht versichert gewesen. Dann nehmen sie die nächste Kutsche und fahren nach Landow zurück.

Die Bürgen suchen etwas, woran sie ihren Zorn abreagieren können — und sie halten sich an den jungen Jake Mahone.

Jake wird die Tage und Wochen, die nun folgen, nicht so schnell vergessen. Kein Versprechen, keine Drohung und keine Demütigung kann ihn aus dem Hause bringen, um diesen zornigen Menschen in die Augen zu sehen. Der stolze Junge hat einen grausamen Schlag einstecken müssen — Jake Mahone ist wieder zu einem verängstigten Jungen geworden.

Er geht an diesem Tag nicht zur Schule, auch an den zwei folgenden Tagen nicht.

Sarah Slaughter ist sehr freundlich zu ihm. Nicht ein einziges Mal erwähnt sie seinen Vater.

Am ersten Abend — es ist der schwerste für Jake — bringt sie ihm das Essen aufs Zimmer.

„Es ist gar nicht so schlimm, wie du meinst“, sagt sie. „Natürlich sind die Leute aufgebracht, aber sie werden schon darüber hinwegkommen. Du brauchst dich nicht mit ihnen auseinanderzusetzen, wenn dir der Sinn nicht danach steht.“

Das ist etwas völlig Neues. Seine Tante und sein Onkel werden für ihn zum ersten Mal Menschen. Einmal hört er seinen Onkel sagen: „Ein bisschen Verständnis, das ist sehr schön, Sarah. Aber verdirb den Jungen nicht! Diese Sache muss er selbst ausbaden.“

„Nicht, solange ich lebe!“, fährt Sarah auf.

Das ist schwer zu verstehen, und Jake versucht es gar nicht erst. Er nimmt ihre Freundlichkeit zur Kenntnis und ist dankbar.

Er denkt an Sam nicht mehr, als er muss. Zuerst ist er sicher, dass er seinen Vater hasst, und er ist auch sicher, dass sein Vater die Bank ausgeraubt und Jed Harper erschossen hat. Dann aber erinnert er sich an andere Dinge. An die Herzlichkeit, die Sam plötzlich in die grauen Augen treten kann. Auch an das angenehme Gefühl, wenn sein Vater ihm seine starken braunen Hände auf die Schultern legte. Wenn er an diese Dinge denkt, wird er verwirrt. Dann kann er nicht mehr sagen, was wahr ist und was falsch.

Eine Tasse mit heißem Kaffee zwischen den Händen, schlurft Ralph Striker den Flur zu - Mahones Zelle hinunter. Buck Travis macht gerade seinen nächtlichen Rundgang, und der Deputy hat die Gelegenheit wahrgenommen, um Sam einen Kaffee zu besorgen.

Mahone steht hinter dem Gitter und starrt Striker ausdruckslos an.

„Was willst du, Mann?“

„Ich bring Ihnen Kaffee, Sam.“

„Hat der Marshal ihn bezahlt?“, fragt Sam gereizt.

Verlegen senkt Striker das Kinn.

„Ich habe mir erlaubt, Sam ...“

„Also gut“, knurrt Mahone. „Bring ihn herein!“

Der Deputy rasselt mit dem Schlüsselbund. Er lächelt gezwungen.

„Geh an die Wand zurück, damit ich die Tür aufschließen kann!“

Sam's Augen werden eng, aber er gehorcht. Striker schiebt den Schlüssel in das Schloss, hält dann aber inne und steckt den Bund in die Tasche zurück. Wieder hüstelt er verlegen.

„Tur mir leid, Sam! Aber Travis ist gerade weg, und ich will keinen Fehler machen. Du nimmst besser die Tasse durch die Stäbe an.“

Plötzlich grinst Mahone. Es ist ein tückisches Grinsen, aber Striker erkennt es nicht.

„Denkst, ich will 'nen Trick riskieren, wie?“, sagt Sam aufgeräumt.

Striker kommt näher und reicht die Tasse durch das Gitter. Ziemlich umständlich nimmt Sam die Tasse entgegen, so dass Striker gezwungen ist, seine Aufmerksamkeit ganz darauf zu richten.

Plötzlich, mit einer blitzschnellen Bewegung, schüttet er Striker den heißen Kaffee mitten ins Gesicht. Im selben Augenblick schießt seine Linke durch das Gitter und schnappt den Revolver aus dem Holster des Deputys.

„Schließ auf, schnell!“, befiehlt Sam mit knirschender Stimme. „Ich hab deinen Colt und nichts zu verlieren. Den Schlüssel raus!“

Striker blinzelt mit tränenden Augen.

„Ich geb dir keine zwei Sekunden!“ Sam's Stimme ist jetzt kaum noch ein Flüstern, doch auf den Deputy wirkt sie aufrüttelnder als der Kriegsschrei eines Irokesen. Striker hat sein verbranntes Gesicht rasch vergessen und zerrt den Schlüsselbund aus der Tasche. Ungeschickt, mit zittrigen Fingern sperrt er auf. Sam reißt die Tür auf. Striker weicht zurück. Doch mit einer geschmeidigen Bewegung steht Mahone hinter ihm, stößt ihm den Revolverlauf zwischen die Rippen und drückt ihn in die Zelle. Dort wirbelt er den Deputy herum. Und während Striker noch unsicher auf den Beinen wankt, saust ihm der Revolverlauf auf den Hinterkopf. Sam fängt den Mann auf und legt ihn auf die Pritsche.

„Tut mir verdammt leid, Striker“, keucht er. „Du hast es nicht verdient.“

Er verschließt die Zelle, rennt durch den Flur und findet seinen Revolvergurt und Hut am Wandhaken. Den Hut tief in die Stirn gedrückt, tritt er in die Dunkelheit hinaus. Unbemerkt holt er sein Pferd aus dem Mietstall und ist in die Nacht verschwunden.

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