Читать книгу Meine 13 hinterhältigsten Morde: Krimi Paket - Pete Hackett - Страница 12
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ОглавлениеDie Druckwelle der Explosion riss die Wohnungswände ein, blies sie einfach weg. Der Baron, der dicht vor der Tür des Nachbarappartements stand, wurde wie von einer Riesenfaust gepackt, hochgewirbelt und die Treppe hinuntergestoßen. Er spürte die heftigen Schläge und das Aufprallen, und von oben prasselte ihm Putz in Gesicht und Augen. Er hörte nach dem Knall das Krachen von Gebälk, von Deckenmörtel. Polternd schlugen ganze Brocken der Wände neben ihm auf die Treppe. Ein Ziegel traf seinen Oberschenkel. Aber in diesem Augenblick stürzte die Seitenwand der Treppe zusammen, eine Betonwölbung schlug glücklicherweise so auf die Stufen, dass sie den Baron wie eine schützende Butterglocke bedeckte. Er lag fast unverletzt unter der Wölbung, während über ihm der Betonbogen die herunterprasselnden Trümmer des oberen Geschosses abfing.
Und dann war es still, totenstill. Dicke Staubschwaden raubten dem Baron die Luft. Er musste husten, in seinen Augen brannte Gipsstaub, er rang nach Atem.
Unten schrie eine Frau gellend um Hilfe. Ein Kind weinte. Danach polterte ein einzelner Balken herab, Putz und Steinbrocken rieselten und kollerten ihm nach. Wieder Stille.
Der Baron versuchte den rechten Arm anzuwinkeln, aber er war eingeklemmt. Er spürte, wie ihm der kalte Schweiß ausbrach. Noch immer wallte und wogte der Staub. Der Dunst machte jedes Luftholen zur Qual. Und es war still. Auch das Schreien unten hatte aufgehört.
Mühsam schob sich Alexander zurück, versuchte, unter dem Betonbogen, der sich über ihn gelegt hatte, wegzukriechen. Doch Teile seiner Jacke waren eingeklemmt, er konnte die Arme nicht nach vorn bringen.
Ist es aus? Soll ich hier verenden, ersticken? Ich muss aus dieser Mausefalle heraus. Ich muss … ich muss!
Noch immer bekam er schlecht Luft, und die Bewegung, die Anstrengung, mit der er sich mühte, aus der Falle zu kommen, zwangen ihn, die staubhaltige Luft einzuatmen. Er musste husten. Er spürte, wie es ihm in Hals und Gaumen brannte. Die Augen tränten vom kalkigen Dunst.
Er meinte, es seien Stunden verronnen, als er die Rufe hörte, als die Sirenen aufheulten und immer näher kamen. Dabei waren es nur wenige Minuten gewesen. Aber damit war die Rettung nicht da. Erst eine Viertelstunde später, als sich der Staub schon gelegt hatte, fanden die Feuerwehrleute den unter der Betonglocke eingeklemmten Baron. Sie waren starr vor Verwunderung, als sie ihn lächeln sahen. Aber er war wirklich unverletzt, wie durch ein Wunder. Nur sein Bein hatte eine Schramme abbekommen.
Sie fanden auch Gerringbough. Er lebte noch. Vielleicht würde dieses Leben noch ein paar Sekunden, vielleicht qualvolle Minuten währen. Länger nicht. Und der Ambulanzarzt, der ihn untersuchte, musste es wissen.
Beschmutzt vom Dreck mit einer zerfetzten Jacke stand der Baron vor dem Schwerverletzten. Und Gerringbough erkannte ihn, während aus seinem Körper das Leben floss.
„Sie haben … es … geschafft. Hier bin … ich“, lispelte Gerringbough, und sein Gesicht verzog sich dabei vor Schmerzen. Es kostete ihn übermenschliche Anstrengung zu sprechen. Der Arzt verbot es ihm nicht. Es spielte keine Rolle mehr. Der Schwerverletzte war nicht mehr zu retten, von keinem Chirurgen dieser Erde.
„Warum haben Sie es getan?“, fragte der Baron, und es war ein merkwürdiges Gefühl in ihm, nach wochenlanger Jagd den Gegner gefasst zu haben. Es war ein Zynismus des Schicksals, dass der Wolf, der einen Bombenanschlag nach dem anderen gelegt hatte, durch dessen Brutalität mehr als ein Dutzend Menschen sterben musste, dass dieser Wolf an der eigenen Gemeinheit gescheitert war.
„Es war … mein Pech … Zufall“, stöhnte Gerringbough. Sein Gesicht begann sich zu entspannen. Er schloss die Augen, sprach aber weiter, und es klang nicht mehr so gepresst, als hätte er gar keine Schmerzen mehr.
„Sie haben mich, Baron. Ich glaube, ich habe alles … falsch gemacht.“ Plötzlich öffnete er wieder die Augen und sah den Baron scharf, ja, flammend an. „Baron, ich will eines wiedergutmachen. Baron, du musst helfen.“
„Rede, Gerringbough!“, sagte Alexander und gab dem Arzt das Zeichen, den Verletzten ja nicht zu unterbrechen.
„Baron“, keuchte Gerringbough, „es gibt noch eine … Bombe.“ Eine Schmerzwelle überkam ihn, und er schloss die Augen. Der Arzt kniete sich neben ihn und setzte eine Spritze an. Sekundenlang schwieg der Verletzte, dann löste sich die Anspannung wieder, und er fuhr fort: „Sie ist … auf Zeit gestellt … im Koffer von Mr. Husting … Michel Husting … Gestern Abend habe ich sie versteckt. Er weiß … nichts … fährt mit dem Zug, glaube ich … nach Orleans … Southern Arrow … sie explodiert genau zwanzig Uhr.“
„Ist das der Ingenieur Husting vom Pentagon?“, fragte Baron Strehlitz hastig.
Gerringbough nickte kaum merklich. „Er muss es geahnt … haben. Wollte erst fliegen … aber nun fährt er … mit dem Zug.“
Der Baron blickte kurz auf seine Armbanduhr, aber die stand. Der Arzt neben ihm erriet seine Gedanken und sagte: „Gleich halb acht.“
Zwölfeinhalb Stunden Zeit, dachte Alexander. Viel, wenn wir Glück hatten, wenig, wenn wir Husting nicht fanden.
„Wie stark ist die Bombe, Gerringbough?“, fragte Alexander.
Gerringboughs Lippen formten die Worte: „Sehr stark.“
Der tödlich Verletzte schwieg. Er hatte die Augen im Schmerz geschlossen und presste die Lippen zusammen. Sein Gesicht wurde fahl. Der Arzt ließ den Puls des Liegenden los und nickte Alexander zu. Also lebte Gerringbough noch. Aber wie lange? Würde er noch sprechen?
„Wo ist die Bombe? Und wer hat dir den Auftrag gegeben? Die schöne Jenny?“
Ohne die Augen zu öffnen, sagte Gerringbough leise, schwer verständlich: „Jenny Jackson, Baron, und ihr Bruder. Joe …“
„Und wo ist die Bombe?“
„In … ah … Hustings Koffer.“
Als sich Alexander umsah, erkannte er zwei alte Bekannte vom FBI neben dem Arzt. Captain Littleford und einer seiner Beamten. Littleford, ein Hüne von Mann, nickte Alexander freundlich zu. „Jetzt haben Sie ihn, Baron. Was abgekriegt?“
Alexander schüttelte den Kopf. Dann wandte er sich wieder Gerringbough zu, dessen Ende sehr nahe zu sein schien.
„Wer ist Jenny Jackson wirklich?“, fragte Alexander.
Gerringbough reagierte nicht mehr. Und zwei Sekunden später ließ der Arzt den Puls des Verletzten los, richtete sich auf und gab den beiden Ambulanzträgern ein Zeichen. Gerringbough sollte nie mehr Antwort geben.