Читать книгу Marshals und Coltkiller: Wichita Western Sammelband 9 Romane - Pete Hackett - Страница 12

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John Whiteman zügelte das Pferd. Es ging auf den Abend zu. Er verhielt am Rand eines Waldes in einem Hügeleinschnitt. Der rötliche Schein des Sonnenunterganges lag auf dem Land. Vogelgezwitscher erfüllte die Luft. Das Tier trat unruhig auf der Stelle.

Whiteman schaute auf seiner Fährte zurück. Er beschloss, hier am Waldrand sein Nachtlager aufzuschlagen und stieg vom Pferd, nahm dem Tier den Sattel ab und warf ihn auf den Boden. Mit dem Lasso hobbelte er die Vorderbeine des Pferdes, zusätzlich band er den Vierbeiner an einen Strauch. Whiteman breitete seine Decke am Boden aus, dann zündete er ein Feuer an. Trockenes Holz lag genug herum. Whiteman aß Pemmican und trockenes Brot und trank dazu Wasser aus seiner Wasserflasche.

Das Feuer brannte herunter, doch der Mann legte einige trockene Holzstücke in die Glut, sodass die Flammen gleich wieder loderten. Licht und Schatten wechselten. Die Dunkelheit hatte zugenommen und der Abendstern stand am Westhimmel. Im Wald war es schon finster. Am Horizont war der rote Schein verblasst und die Hügel davor muteten scharf und schwarz wie Scherenschnitte an.

Da peitschte ein Schuss. Whiteman spürte einen stechenden Schmerz am linken Oberarm. Der Knall trieb auseinander und verebbte. Der Mann war aufgesprungen stand geduckt da. Als er sich bewegte krachte es erneut. Er spürte den sengenden Strahl der Kugel und verschwand im Wald, wo ihn die Dunkelheit zu schlucken schien. Hufschläge erklangen. Dann trieben zwei Reiter ihre Pferde über einen Hügelrücken im Osten. Zwei weitere Reiter sprengten um den Hügel herum und hielten auf den Waldrand zu, wo das Feuer loderte.

Bei dem Lagerplatz trafen sie aufeinander und zerrten die Pferde in den Stand. Ein fünfter Reiter näherte sich von Westen. Es war Jim Hooker. Er ritt bis zum Feuer. James Delgado stieß hervor: „Er ist fort. Aber wir haben sein Pferd und sein Gewehr, und sicher ist er verwundet. Seine Chancen sind gleich null.“

„In der Dunkelheit den Wald nach ihm zu durchsuchen dürfte kaum Sinn machen“, murmelte Jim Hooker, saß ab und trat das Feuer aus. Die Finsternis kroch auseinander. Die Gesichter waren nur noch helle Kleckse in der Dunkelheit. Ein Pferd wieherte. Das Stampfen der Hufe versickerte zwischen den Bäumen.

Währenddessen hetzte John Whiteman durch den Wald. Ein dicker Teppich aus abgestorbenen Nadeln schluckte seine Schritte. Blut rann über seinen Arm hinunter. Es ging bergauf. Seine Lungen pumpten, er verspürte Seitenstechen, seine Füße wurden schwer wie Blei.

Schließlich konnte er nicht mehr und sank zu Boden. Sein Herz raste und jagte das Blut durch seine Adern. Der Schmerz von der Wunde pulsierte bis unter seine Schädeldecke. Seine Bronchien pfiffen. Er hatte das Empfinden, sich jeden Moment übergeben zu müssen. Nur nach und nach nahmen Herzschlag und Atmung bei ihm den regulären Rhythmus wieder auf.

Wer hatte auf ihn geschossen?

Whiteman dachte an Jim Hooker, nahm sein Halstuch ab und schlang es um die Wunde. Die Kugel steckte im Arm. Mit der rechten Hand und mit Hilfe der Zähne zurrte Whiteman das Halstuch um die Wunde fest. Er hatte kein Pferd mehr. Sein Gewehr steckte im Sattelschuh. Seine einzigen Waffen waren der Revolver und der Dolch, den er im Stiefelschaft stecken hatte. Vor ihm lag die Felswüste. Hinter ihm lagen zwanzig Meilen Wildnis. Einen Moment lang wollte ihn so etwas wie Resignation befallen. Aber dann gab er sich einen Ruck und erhob sich.

Im Wald war es finster wie im Vorhof der Hölle. Tiefhängende Äste streiften Whitemans Schultern und sein Gesicht. Kein Lichtstrahl fiel durch das dichte Zweiggespinst der Baumkronen. Der Jagdschrei eines Kauzes trieb unheimlich durch die Nacht. Manchmal knackte ein dürrer Ast unter Whitemans Stiefeln.

Mit Verfolgung hatte er nicht gerechnet. Darum hatte er sich auch Zeit gelassen. Nun verfluchte er seine Sorglosigkeit.

Der Wald lichtete sich, dann lag eine weitläufige Senke vor Whitemans Blick. Die volle Scheibe des Mondes stand im Südosten. Sterne blinkten am Himmel. Whiteman konnte das Terrain auf mehr als hundert Yards überblicken. Seine Gedanken arbeiteten. Ohne Pferd hast du keine Chance, sagte er sich. Entweder die Kerle schnappen dich, oder du gehst in der Ödnis kläglich vor die Hunde. Du brauchst ein Pferd und ein Gewehr …

Er schritt in die Senke hinein. Seine Gestalt warf einen langen Schatten. Wolkenschatten huschten über den Boden. Mechanisch setzte Whiteman einen Fuß vor den anderen. Am Ende der Ebene buckelten Hügel. Nur langsam rückten sie näher. Schließlich stapfte der Mann zwischen die Anhöhen. Er kam zu einem schmalen Creek, der nach Süden lief. Whiteman kniete nieder und wusch sich das Gesicht. Dann trank er. Er beschloss, bei diesem Bach die Nacht zu verbringen. Flach lag er im Gras. Die Kälte der Nacht schien aus dem Boden und durch seine Kleidung zu kriechen. Er fand keinen Schlaf. Die Oberarmwunde tobte. Whiteman wusste, dass die Kugel entfernt werden musste. Wenn sich Wundbrand hinzuzog, war er verloren.

Manchmal döste er ein. Dann träumte er wirres Zeug und schreckte wieder in die Höhe. Ihn fröstelte es. Das leise Murmeln und Glucksen des Creeks in den Ohren lag er da. Es kann nur Hooker sein, sinnierte er. Die beiden Schüsse aber kamen aus verschiedenen Richtungen. Es sind also mindestens zwei …

Die Nacht lichtete sich. Der Morgendunst ließ vermuten, dass der Tag wieder heiß und trocken werden würde. Whitemans Zähne schlugen aufeinander wie im Schüttelfrost. Er richtete sich auf. Seine Rechte tastete über seine Stirn. Seine Stirn war heiß. Hatte er etwa Fieber? Whiteman suchte unter den Büschen am Ufer trockenes Reisig zusammen, er fand auch einige dürre Äste, die er zerbrach. Streichhölzer hatte er in der Westentasche. Er zündete ein Feuer an und legte die Dolchklinge in die Flammen. Dann band er das Halstuch ab und zog sich Weste und Hemd aus. Das Hemd klebte an der Wunde. Mit einem Ruck riss er es los. Aus dem Einschussloch sickerte sofort wieder Blut.

Whiteman zog den Dolch aus der Glut und tauchte die Klinge ins Wasser. Es zischte. Er fuhr mit der Dolchspitze in die Wunde. Sein Zahnschmelz knirschte, so sehr biss er die Zähne aufeinander. Er atmete stoßweise durch die Nase. Ein Schrei stieg in seiner Brust hoch und staute sich in seiner Kehle. Es war eine Überwindung, die all seinen Willen erforderte. Der Schmerz trieb ihm die Tränen in die Augen.

Schließlich steckte die Messerklinge tief genug in der Wunde. Whiteman konnte die Kugel herausheben. Der Schmerz eskalierte. Ein Schrei löste sich aus seiner Kehle und trieb über den Creek. Das blutige Stück Blei und der Dolch fielen zu Boden. Blut pulsierte aus der Wunde. Whiteman wimmerte leise. Seine Beine zuckten unkontrolliert.

Schließlich überwand er sich und richtete den Oberkörper auf. Schweiß glitzerte auf seiner Haut. Mit zitternder Hand griff er nach dem Dolch, schob die Klinge wieder ins Feuer und legte Holz nach. Es knisterte und knackte. Funken stoben. Whiteman presste das Halstuch auf die Wunde. Seine Kiefer mahlten. Nur allmählich ließ der Schmerz nach.

Nach etwa fünf Minuten glühte die Klingenspitze. Whiteman musste noch einmal all seinen Mut zusammennehmen, als er das glühende Eisen auf die Wunde drückte. Der Geruch von verbranntem Fleisch stieg ihm in die Nase. Schwindelgefühl erfasste ihn. Der Schmerz war kaum zu ertragen.

Seine Hand mit dem Messer sank nach unten. Seine Brust hob und senkte sich unter keuchenden Atemzügen. Er verspürte Übelkeit, legte sich zurück und entspannte sich.

Das erste Licht der Sonne kroch über den östlichen Horizont. Jeglichen Gedankens, jeglichen Willens beraubt lag Whiteman da. Schließlich hatte der Tag die Nacht endgültig nach Westen vertrieben und es wurde warm. Stechmücken, vom Blut- und Schweigeruch angezogen, begannen den Mann zu quälen. Er band wieder das Halstuch um die Wunde und zog sich das Hemd sowie die Weste an. Den Dolch stieß er in die Scheide im Stiefelschaft. Dann marschierte er los. Bald begannen seine Füße in den Stiefeln zu brennen.

Marshals und Coltkiller: Wichita Western Sammelband 9 Romane

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