Читать книгу Marshals und Coltkiller: Wichita Western Sammelband 9 Romane - Pete Hackett - Страница 19
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ОглавлениеWhiteman hatte gegessen, seine Satteltaschen geholt und aufs Zimmer gebracht, und nun saß er wieder im Saloon am Tisch und trank einen zweiten Krug Bier. Wenn er ihn gelehrt hatte wollte er sich schlafen legen. Sein Pferd wusste er im Stall gut versorgt.
Zwischen die Häuser des Ortes hatte sich die Abenddämmerung gestohlen. Die Menschen hatten ihr Tagwerk beendet, saßen nun in ihren Häusern beim Abendbrot, und niemand von ihnen ahnte, dass sich Hass und Tod bereits auf pochenden Hufen ihrer Stadt näherten.
John Whiteman trank den letzten Schluck aus seinem Krug, drückte seine Zigarette aus und erhob sich, da zogen vier Reiter, von denen einer ein lediges, aber gesatteltes Pferd mit sich führte, in sein Blickfeld. Seine Hoffnung, dass sie seine Fährte verloren hatten, löste sich in diesem Moment in Rauch auf und er verbiss den Fluch, der ihm auf den Lippen brannte. Mit gemischten Gefühlen beobachtete er durch das große Frontfenster das Quartett, das die Pferde zum Hitchrack lenkte und in einen toten Winkel zu ihm geriet, sodass er sie aus dem Auge verlor. Er entschloss sich von einem Augenblick zum anderen, nahm sein Gewehr, stieg die Treppe empor und holte seine Satteltaschen aus dem Zimmer. Dann verließ er das Gebäude über die Außentreppe und begab sich in den Stall, um sein Pferd zu satteln und zu zäumen.
Es war nicht die Furcht vor den vier Kerlen, die ihn trieb, er hatte es schlicht und einfach satt, im Pulverdampf zu stehen und sein Leben verteidigen zu müssen. Er war der Meinung, dass an seinen Händen mehr als genug Blut klebte, und er wollte kein weiteres vergießen. John Whiteman begann die Stunde zu bereuen, in der er sich entschloss, zum Mustang Creek zurückzukehren, um wieder für die Bar H Ranch den Sattel zu quetschen.
Er hatte dem Pferd den Sattel aufgelegt und zog nun den Bauchgurt straff, als vom Stalltor her eine klirrende Stimme erklang: „Endlich, Whiteman! Ich habe schon befürchtet, dass du mir durch die Lappen gegangen bist.“
Einen Moment lang war John Whiteman wie gelähmt, dann aber schüttelte er seine Erstarrung ab und drehte sich langsam zu dem Sprecher herum. Er zwang sich zur Ruhe, als er den Mann im Stalltor fragte: „Bist du Jim Hooker?“ Er konnte sein Gesicht nicht erkennen, denn im Stall war es schon ziemlich finster. Doch die Gestalt hob sich klar und scharf gegen den helleren Hintergrund ab. Und Whiteman entging nicht, dass der andere das Gewehr an der Hüfte im Anschlag hielt.
„Ja, ich bin Jim Hooker. Und du bist der niederträchtige Bastard, der meinen Vater ohne mit der Wimper zu zucken über den Haufen knallte. Nun wirst du dafür bezahlen, Whiteman.“
John Whiteman atmete tief durch, dann stieß er hervor: „Hör zu, Hooker, lass mich dir die Geschichte erzählen und dann entscheide, ob …“
Jim Hooker unterbrach in schroff, indem er mit stählen klingender Stimme rief: „Ich kenne die Geschichte, Whiteman. Und nun Fahr zur Hölle!“
John Whiteman stieß sich ab, da knallte auch schon die Winchester an Hookers Hüfte und die Detonation rüttelte an den Stallwänden. John Whiteman landete in der Box und hielt den Sechsschüsser in der Faust. Blitzschnell kam er hoch, kauerte dicht an der Boxenwand, zuckte um sie herum und jagte zwei blitzschnelle Schüsse in Richtung des Tores. Doch Jim Hooker war verschwunden.
Der Geruch des verbrannten Pulvers legte sich auf Whitemans Schleimhäute und er hatte das Bedürfnis, zu niesen, konnte es aber unterdrücken. Die insgesamt drei Pferde, die in dem Stall standen, waren von den Schüssen nervös geworden, sie stampften, scharrten mit den Hufen und prusteten.
„Hooker, he, hörst du mich?“
Jim Hooker antwortete nicht.
John Whiteman zog die Unterlippe zwischen die Zähne und kaute darauf herum. Sicher lauerten vor dem Stall seine vier Jäger, und sie würden ihn mit ihren Kugeln in ein Sieb verwandeln, sobald er auch nur einen Fuß ins Freie setzte.
Er fasste die Leiter ins Auge, die zum Zwischenboden hinaufführte, spurtete geduckt los und stieg sie behände nach oben, watete durch das Heu, das hier kniehoch aufgehäuft war und erreichte die Luke. Whiteman legte sich flach auf den Bauch, schob den Riegel zurück und stieß die Luke auf. Sie knarrte und quietschte in den Scharnieren, doch diese Geräusche gingen unter im Peitschen mehrerer Gewehre, die im Hof wie eine wütende Hundemeute aufbellten. Die Geschosse pfiffen in schräger Bahn über Whiteman hinweg und durchschlugen das Dach.
John Whiteman hatte sich nicht getäuscht. Sie lauerten im Hof. Kriechend zog er sich von der Luke zurück, stieg wieder die Leiter hinunter und legte seinem Pferd ein Zaumzeug an. Was er vorhatte, konnte ins Auge gehen, doch er wollte sich hier im Stall nicht festnageln lassen. Ehe er das Stalltor erreichte, schwang er sich in den Sattel, atmete einige Male tief durch, dann trieb er das Pferd unter sich an. Mit schrillem Geschrei, das das Tier zusätzlich anspornte, stob er durch das Tor hinaus, tief auf den Hals des Pferdes geduckt, mit dem Colt mal in die und mal in jene Richtung feuernd.
Seine Gegner hatten sich hinter dem Tränketrog und den Fuhrwerken, von denen drei im Hof des Saloons standen, verschanzt und waren gezwungen, in Deckung zu bleiben und die Köpfe einzuziehen, um keinen Zufallstreffer zu kassieren. Dennoch erwischte es einen von ihnen. Lane Robins wurde von der Kugel regelrecht hochgerissen, bäumte sich auf, ließ das Gewehr fallen und verkrampfte die Hände vor der Brust, dann kippte er über die Absätze nach hinten und schlug der Länge nach in den Staub.
John Whiteman jagte, als säße ihm der Satan persönlich im Nacken, auf seinem Pferd hinaus in die beginnende Nacht. Einige blindlings und überhastet abgegebene Schüsse verfehlten ihn. Jim Hooker lief um das Fuhrwerk, hinter dem er sich verschanzt hatte, herum und beugte sich gleich darauf über Lane Robins, in dessen weit aufgerissenen Augen nur noch die absolute Leere des Todes zu sehen war.
James Delgado und Frank Haggan kamen heran und Delgado knirschte: „Dieser dreckige Hundesohn! Jetzt hat er den zweiten meiner Freunde auf die Nase gelegt. Bis jetzt bin ich mit dir geritten, Hooker, weil du mich bezahlt hast. Von jetzt an ist es mir ein persönliches Anliegen, diesem zweibeinigen Wolf die Hölle heißzumachen. Ich denke, Frank, das ist auch in deinem Sinne.“
Haggan nickte. „Meacham und Robins waren in der Tat sehr gute Freunde. Und sie würden es uns nie verzeihen, wenn wir nicht dafür Sorge tragen würden, dass der Hurensohn, der sie erledigte, in der Hölle schmort.“
„Also holen wir unsere Pferde und verfolgen ihn!“, schlug James Delgado entschlossen vor.
„Im Dunkeln werden wir seine Spur kaum aufnehmen können“, gab Jim Hooker zu bedenken. „Ich vermute zwar, dass er die Richtung nach Westen beibehält, aber behaupten möchte ich es nicht.“
„Gebe dieser oder jener, dass er mir in die Finger fällt!“, knirschte Delgado.
Die trommelnden Hufschläge entfernten sich schnell und sickerten bald nur noch wie das ferne Rumoren von Brandungswellen zwischen die Häuser von Chapham. Schließlich versanken sie in der Stille. Die Menschen wagten sich jetzt, da die Waffen seit längerer Zeit schwiegen, aus ihren Behausungen. Fragen wurden laut, ein Durcheinander von Stimmen erhob sich. Einige trugen Laternen mit sich, und im Wechselspiel von Licht und Schatten mutete das Szenarium geradezu unwirklich, fast gespenstisch an.