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Im Laufe des folgenden Vormittags ritt Sheriff Quincanon zwischen die Häuser Chaphams. Er hatte sein Abzeichen abgenommen und in die Westentasche gesteckt, denn er befand sich auf dem Gebiet New Mexikos und hier galt sein Stern nichts. Ehe er die Grenze überquerte, hatte er lange darüber nachgedacht, ob es nicht besser wäre, umzukehren. Dann aber sagte er sich, dass er es weder mit seinem Gewissen noch mit dem Eid, den er abgelegt hatte, vereinbaren konnte, wenn er zuließ, dass Hooker und die vier Sattelstrolche, die er angeheuert hatte, das Gesetz in ihre Hände nahmen und möglicherweise sogar einen eiskalten Mord begingen.

Also folgte er weiter der Fährte.

Niemand zeigte sich. Aber an den verstaubten Fenstern konnte Quincanon die hellen Flecke von Gesichtern erkennen und er fragte sich, weshalb dieser Ort eine derart gedrückte Stimmung vermittelte. Denn er spürte es ganz deutlich, dass diese Stadt im Bann einer Macht stand, die nicht zu sehen, umso mehr aber zu fühlen war. Es war Angst. Irgendetwas musste vorgefallen sein, das die Menschen hier derart erschreckt hatte, dass sie sich in ihren Häusern verkrochen. Quincanon ahnte, dass es mit John Whiteman und Jim Hooker zusammenhing.

Er ritt zum Saloon, schwang sich vom Pferd, band es an den Holm, nahm sein Gewehr aus dem Sattelschuh und ging hinein. Im Schankraum war es düster, der penetrante Geruch von kaltem Rauch stieg Quincanon in die Nase, sämtliche Tische und der Tresen waren verwaist. Nicht einmal ein Keeper war zu sehen.

Die Schritte Quincanons riefen ein hämmerndes Echo auf den Fußbodendielen wach, als er den Gastraum durchquerte. Beim Schanktisch blieb er stehen und rief laut: „Hallo, Saloon!“

Durch eine Tür zwischen den Regalen mit den Gläsern und Flaschen kam sogleich ein Mann um die fünfzig, dessen Haar schon ergraut war, und schaute Quincanon fragend an. In diesem Moment betraten drei Männer den Schankraum und näherten sich ohne zu zögern Quincanon. Einer von ihnen, ein Mann mit einem knochigen Pferdegesicht, sagte, nachdem sie drei Schritte vor ihm angehalten hatten: „Gestern Abend kaum einer aus östlicher Richtung, er war verstaubt und verschwitzt und ziemlich am Ende, und er versicherte uns, dass er keinen Verdruss in unsere Stadt bringen würde. Das war eine Lüge, denn der Ärger kam gut zwei Stunden später in Gestalt vierer Reiter. Es knallte einige Male, der Mister, der zuerst ankam, verschwand wie der Blitz aus Chapham, und drei seiner Jäger ritten heute Morgen auf seiner Fährte in Richtung Westen davon.“

„Drei seiner Jäger?“

„Ja, der vierte kann nicht mehr reiten, denn eine Kugel ins Herz hat einen blutigen Schlussstrich unter sein Dasein gezogen. Auch Sie kamen aus östlicher Richtung, Fremder, auch Sie sind verstaubt und verschwitzt und ausgesprochen mitgenommen. So wie Sie sehen Männer aus, die vor etwas auf der Flucht sind, wie dieser Mister, der gestern Abend ankam und uns belog. Darum frage ich Sie jetzt: Wer sind Sie, woher kommen Sie, und was hat Sie nach Chapham verschlagen?“

Quincanon hatte keinen Grund, seine Identität zu verheimlichen, er zeigte den Männern auch seinen Stern und erzählte ihnen mit knappen Worten die Geschichte von Jim Hooker und John Whiteman. Er schloss mit den Worten: „Jim Hooker hat sich zu einem reißenden Wolf verwandelt. Ich kenne ihn als ruhigen und besonnenen Mann. Die Kerle, denen er Revolverlohn zahlt, sind Landstreicher, verkommene Subjekte, die für ein paar Dollar sogar die Seele ihrer Großmutter an den Teufel verschachern würden. Von John Whiteman weiß ich nicht, was ich halten soll. Aber da er bereits den zweiten seiner Verfolger mit Pulverdampf und Blei von seiner Fährte gefegt hat, stufe ich ihn als außergewöhnlich kompromisslos und gefährlich ein.“

„Dieser Hooker überließ der Stadt das Pferd samt dem Sattel und dem Zaumzeug des Getöteten und meinte, es würde die Kosten für die Beerdigung decken. Er bat uns, in das Grabkreuz den Namen Lane Robins zu schnitzen. Außerdem schworen er und seine beiden Freunde an der Bahre des Toten, nicht zu ruhen, bis sie ihm John Whiteman in die Hölle hinterhergeschickt hätten.“

„Whiteman hält also die West-Route weiterhin ein“, murmelte Quincanon und schaute den Keeper an. „Können Sie mir etwas zu essen machen und mein Pferd füttern und tränken? Ich würde gern in spätestens einer Stunde weiterreiten.“

Der Keeper nickte. „Ich werde für alles sorgen.“

Marshals und Coltkiller: Wichita Western Sammelband 9 Romane

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