Читать книгу Marshals und Coltkiller: Wichita Western Sammelband 9 Romane - Pete Hackett - Страница 21
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ОглавлениеVor John Whiteman lag, zwischen Hügeln und Felsen eingebettet, Weideland. Die Herde, die hier weidete, bestand aus mindestens tausend Longhorns. Ein ganzes Stück entfernt nahm Whiteman ein Schild war, das an einen mannshohen Pfahl genagelt war, und er ritt hin, um zu lesen, was darauf geschrieben stand. H. D. Ranch las er. Unbefugten ist das Betreten der Weide verboten. Unter den Worten war mit schwarzer Farbe ein handtellergroßer Totenkopf auf das Brett gemalt.
John Whiteman ließ den Blick in die Runde schweifen. Die Berge im Westen waren nur graue Konturen. Wohin er schaute sah er die knochigen Rücken der Rinder, die ausladenden Hörner, hörte er muhen, blöken und das vereinzelte Brüllen der Stiere. Weidereiter waren nicht auszumachen.
Der Totenkopf auf dem Schild war ziemlich eindeutig, und Whiteman überlegte, ob es nicht besser wäre, den Umweg um die H. D. Weide in Kauf zu nehmen. Er drehte den Oberkörper halb im Sattel und schaute auf seiner Fährte zurück, aber die Hügel und Felsen nahmen ihm schon nach etwa hundert Yard die Sicht. Er entschloss sich, die Warnung zu ignorieren und weiterzureiten.
Einige der Rinder beäugten ihn misstrauisch, senkten aber wieder die mächtigen Schädel, um Gras zu rupfen, sobald er an ihnen vorüber war. Das Brandzeichen der Tiere bestand aus einem H und einem D. Einige Rudel trotteten in südliche Richtung, wo sich ein Buschgürtel von Osten nach Westen zog und sich viele Longhorns zusammengerottet hatten. Whiteman vermutete, dass es dort Wasser gab und lenkte das Pferd nach Süden.
Tatsächlich säumte der Buschgürtel einen Creek, der wie alle Flüsse um diese Jahreszeit nahezu ausgetrocknet war. Doch das Rinnsal in der Flussmitte sowie einige Tümpel, auf denen ein Staubfilm schwamm, boten den Rindern das nötige Wasser.
An einem der Tümpel tränkte John Whiteman sein Pferd, er selbst löschte seinen Durst an dem kleinen Rinnsal, das die Hitze von dem Creek übrig gelassen hatte, danach wusch er sich das Gesicht und zuletzt füllte er seine Canteen.
Er schaute zum Himmel, die Sonne stand fast senkrecht über ihm und blendete ihn. Die Hitze war quälend, geradezu unerträglich, und es war wohl nur eine Frage der Zeit, bis die kleinen Flüsse völlig ausgetrocknet waren und viele der Rinder verdursteten. Vielleicht wurden aber auch die Stoßgebete der Rancher und Farmer erhört und es fiel in nächster Zeit ausreichend Regen, ehe es zur Katastrophe kam.
Whiteman ritt weiter. In ihm war eine Rastlosigkeit, die geradezu körperliches Unbehagen verursachte. Immer wieder schaute er hinter sich, aber von seinen Verfolgern war nichts zu sehen.
Die Berge im Westen rückten näher, und es waren nicht nur mehr graue Konturen, sondern Gebilde aus zerklüftetem Gestein; bizarr, schrundig, himmelhoch aufragend und von tiefen Klüften gespalten. Hügeliges Land war dem Gebirge vorgelagert, und aus einem Einschnitt zwischen zwei Hügeln trieben nun drei Reiter ihre Pferde.
John Whiteman sah das Trio und sagte sich, dass es wahrscheinlich ein Fehler gewesen war, über die Weide der H.D. Ranch zu reiten. Noch hätte er umkehren und fliehen können, doch das ließ sein Stolz nicht zu, denn er hatte nichts zu verbergen und er ritt auch nicht mit unlauteren Absichten über H. D. Land.
Eine Pferdelänge vor Whiteman zerrten sie ihre Vierbeiner in den Stand und musterten ihn forschend und zugleich abschätzend. Es waren Cowboys. Aus den Scabbards ragten die Kolben ihrer Gewehre, an den Sätteln hingen zusammengerollte Lassos, ihre Hände wiesen Lassonarben auf und ihre Gesichter waren von Sonne, Wind und Regen geerbt. Keiner von ihnen war älter als fünfundzwanzig, doch sie wirkten erfahren und ausgesprochen hartgesotten.
„Du kannst wohl nicht lesen, Hombre!“, fuhr einer von ihnen Whiteman an. „Oder warst du einfach nur verrückt genug, die Hinweise an den Weidegrenzen der H.D. Ranch zu ignorieren?“
Sein Blick war herausfordernd, ebenso seine ganze Haltung. Seine beiden Begleiter starrten Whiteman ohne die Spur einer Gemütsregung an.
„Das ist freie Weide“, versetzte Whiteman ohne die Spur einer Erregung in der Stimme. Er hatte seine Hände auf dem Sattelhorn übereinandergelegt, hielt locker die Zügel und wich den Blicken der Weidereiter nicht aus. „Ich bin auf dem Weg nach Westen und will keine Umwege reiten. Irgendeinen Schaden richte ich nicht an, wenn ich lediglich über das Land reite, ich stehle euch keine Rinder und wegen der Handvoll Gras, die mein Pferd frisst, werden die Longhorns der H.D. Ranch nicht verhungern. Wofür stehen die beiden Buchstaben überhaupt?“
„Für Harding und Dwayne.“
„Fein. Und nun macht den Weg wieder frei, Leute, ich habe es nämlich eilig.“
„Sitzt dir vielleicht jemand im Nacken, weil du eine solche Eile an den Tag legst?“
„Ich glaube nicht, mein Freund, dass ich dir Rede und Antwort stehen muss“, stieß Whiteman genervt hervor.
Der Cowboy zog den Mund schief und dehnte: „Du gefällst mir nicht, Hombre, du siehst nämlich aus wie ein Sattelstrolch, und von deiner Sorte treiben sich genug in unserem Land herum. Von der Weide der H.D. Ranch verschwinden regelmäßig Rinder und diejenigen, die sie stehlen, gehören sicherlich zur selben Spezies wie du. Darum werden wir dich auf die Ranch bringen, und dann soll der Boss entscheiden, ob er dich weiterreiten lässt oder ob er dich dem Deputy in Hayden übergibt, damit dieser dir einen etwas intensiveren Blick unter den Hutrand wirft.“
„Ich glaube nicht, dass ich Interesse daran habe, deinem Boss vorgeführt zu werden“, murmelte Whiteman und es klang fast sanft, allerdings gefährlich sanft.
„Ich weiß, ich weiß – du hast es eilig“, sagte der Cowboy mit schief gezogenem Mund, und er verlieh seiner Stimme einen höhnischen Unterton. „Doch du wirst dir die Zeit nehmen müssen. Und versuch jetzt bloß nicht, den Helden zu spielen. Lass dir nämlich gesagt sein, dass wir dich, wenn du es herausforderst, am Lasso zur Ranch schleifen. Also reiten wir.“
Whiteman stieß scharf die Luft durch die Nase aus. „Tut mir leid!“, knurrte er dann, „aber scheinbar wollt ihr drei Dummköpfe es nicht begreifen. Darum werde ich es euch klarmachen.“ Mit dem letzten Wort spornte er sein Pferd an, und ehe die Cowboys zum Denken kamen, stob Whiteman an ihrem Sprecher vorbei und riss ihn mit dem ausgestreckten Arm vom Pferderücken. Whiteman ließ sein Pferd noch zwei - drei Sätze vollführen und sprang dann im vollen Galopp aus dem Sattel, dabei nahm er das Gewehr mit, kam mit beiden Beinen gleichzeitig auf und wirbelte geduckt herum, ging auf das linke Knie nieder und repetierte.
Einer der anderen Weidereiter hatte seine Betroffenheit überwunden und griff nun nach seiner Winchester, sie flirrte aus dem Scabbard, der Mann drückte den Repetierhebel durch - doch in dem Moment feuerte Whiteman. Das Gewehr entglitt den Händen des Burschen und er kippte seitlich vom Pferd. Der dritte der Cowboys sprengte schon auf Whiteman zu, sein Gesicht hatte sich verzerrt, er wollte den Fremden über den Haufen reiten. Whiteman Muskeln spannten sich, er stieß sich ab und hechtete zur Seite und das Trommeln der Hufe erschien ihm einen Augenblick lang überlaut, dann rollte er über die Schulter ab und kam, vom eigenen Schwung getragen, wieder auf die Beine. Soeben zerrte der Weidereiter das Pferd herum, um einen zweiten Anlauf zu nehmen. Whiteman, der sofort wieder repetiert hatte, knallte dem Vierbeiner eine Kugel in die Brust. Er brach vorne ein, schlitterte ein ganzes Stück über den Boden, warf schließlich wiehernd den Kopf in den Nacken und kippte zur Seite um. Ein Bein des Cowboys, dem es nicht mehr gelungen war, die Steigbügel abzuschütteln, wurde unter dem schweren Pferdeleib eingeklemmt.
Der Weidereiter, den Whiteman vom Pferd gerissen hatte, saß am Boden und schnappte wie ein Erstickender nach Luft. Der andere, den Whitemans Kugel aus dem Sattel geholt hatte, lag stöhnend am Boden und presste die rechte Hand gegen seine blutende Schulter.
Der Bursche, dessen Bein unter dem Pferdeleib eingeklemmt war, versuchte vergeblich, es freizubekommen. Sein Gesicht hatte sich vor Anstrengung gerötet, Schweiß rann aus seinen Haaren über seine Stirn und seine Wangen. Erst als Whitemans Schatten über ihn fiel, gab er seine Bemühungen auf und starrte aus blutunterlaufenen Augen hoch in das Gesicht Whitemans.
„Ihr hättet es auch einfacher haben können, Kameraden“, sagte Whiteman leidenschaftslos. „Ein guter Rat von mir: Schaut euch beim nächsten Mal die Leute genauer an, mit denen ihr euch anlegt.“
„Geh zur Hölle!“, brach es über die bebenden Lippen des Mannes.
Whiteman zuckte unbeeindruckt mit den Schultern, wandte sich ab und stiefelte zu seinem Pferd, schwang sich in den Sattel und spornte das Tier an.
Er wollte so schnell wie möglich die Weidegründe der H.D. Ranch hinter sich lassen. Denn er ahnte, dass dieser Dwayne Harding ein ausgesprochen unduldsamer Zeitgenosse war.