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13 Projektmanagement

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Unternehmenskäufe und Umstrukturierungen sind typischerweise durch eine hohe Komplexität, eine erhebliche wirtschaftliche Relevanz und einen enormen Zeitdruck geprägt. Bei Unternehmenskäufen kommt noch der kontradiktorische Charakter hinzu, während dieser bei konzerninternen Umstrukturierungen meist entfällt. Diese Parameter führen dazu, dass ein gutes Projektmanagement absolut entscheidend ist. Bei größeren Transaktionen wird meist ein Steering Committee auf Verkäufer- und Käuferseite eingerichtet, unter welchem die eigentlichen Projektteams arbeiten (vgl. Rempp in Hölters, HdB Unternehmenskauf, Rd. 1.108 f.). Es wäre leicht nun vom grünen Tisch aus viele gut gemeinte Tipps zum Projektmanagement wie »rechtzeitig anfangen«, »gründlich vorbereiten« und »sorgfältig arbeiten« abzugeben, aus empirischer Sicht an dieser Stelle daher nur ein paar, sicher nicht abschließende Anregungen, die sich vor allem an Leserinnen und Leser richten, die über noch keinerlei eigene Transaktionserfahrung verfügen.

Die Zusammenstellung des Teams sollte bei besonders nachgefragten Beratern frühzeitig geklärt werden, ob diese eine Beauftragung annehmen würden oder wegen eines (standes-)rechtlichen Konflikts das Mandat nicht annehmen können. Ein solcher Conflict Check ist stets das Erste, was jede Beratungsfirma durchführt und durchführen muss. Bei auf die Beratung von Private Equity Häusern spezialisierten Beratern kommt es bei Auktionsverfahren mit einer in der Anfangsphase hohen Anzahl von Bietern wegen der parallelen Beratung von Bietern durch denselben Berater oft zu Interessenkonflikten. Diese Interessenkonflikte wollen Berater oft durch die Einrichtung von Chinese Walls zwischen für verschiedene Bieter arbeitenden Teams lösen (z. B. durch die Beschränkung des Zugriffs auf Dokumente auf den Servern durch entsprechende Beschränkungen auf das jeweilige Projektteam, Trennung der Büros), was spätestens dann zum Problem wird, wenn die parallel durch verschiedene Teams einer Kanzlei beratenden Bieter in die engere Auswahl kommen sollten. Bei einer Rechtsanwaltskanzlei, die mit einer der vier großen WP-Gesellschaften verbundenen ist, ist die Wahrscheinlichkeit eines Konflikts besonders hoch, da Prüfung und Beratung durch dieselbe Person sich eigentlich ausschließen. In den USA ist diese Trennung infolge der Bilanzskandale bei Enron und Worldcom durch den Sarbanes-Oxley Act (SOX) schärfer als etwa in Deutschland, wo aber die Ereignisse um die Wirecard AG die Diskussion um eine Entflechtung von Prüfung und Beratung wieder verstärkt haben.

Die Zuständigkeiten sind von Anfang an klar zu regeln: Dabei ist es wichtig, für jeden Bereich (Financial Due Diligence, Legal Due Diligence, Tax Due Diligence, usw.) jeweils eine Teamleitung zu bestimmen, die dann auch tatsächlich jederzeit als Ansprechpartner zur Verfügung steht und nicht nur aus Prestigegründen als Verantwortlicher genannt wird. Umgekehrt sollte etwa der Leiter oder die Leiterin eines Due Diligence Teams selbst nicht zu sehr in operative Detailarbeit eingebunden sein, sondern als Koordinator und bei Bedarf als »Feuerwehr« zur Verfügung stehen.

Ein persönliches Treffen der Beteiligten (Kick-off-Meeting) zu einem möglichst frühen Zeitpunkt erleichtert die spätere Kommunikation deutlich, ebenso wie die digitale Verteilung der Koordinaten aller Team-Mitglieder oder aller Beteiligten (Players List mit Name, Position/Funktion, E-Mail-Adresse, Telefonnummern, usw.). Soweit sich einem Beteiligten die Möglichkeit bietet, andere Akteure oder gar die Zielgesellschaft im Rahmen eines Site Visit zu besuchen, sollte von dieser Möglichkeit auch bei einer etwas aufwendigeren Anreise nach Möglichkeit Gebrauch gemacht werden.

Ein realistischer Zeitplan mit einem möglichst konkreten Ziel (z. B. Signing bis zum 31. Dezember) sollte erstellt werden. Überoptimistische Zeitpläne, die ständig nach hinten verschoben werden, sind weniger hilfreich und eine einmal unterbrochene Transaktion lässt sich oft nur schwer wieder in Gang bringen. Wie auch sonst im Leben sollte bei Transaktionen das richtige Momentum genutzt werden: Ohne Zeitdruck werden komplexe Projekte meist nicht abgeschlossen und ähnlich wie Tarif- oder Koalitionsverhandlungen werden Unternehmenskaufverträge bevorzugt nach Mitternacht abgeschlossen, allein um zu dokumentieren, dass die Verhandlungsführer in den Verhandlungen nichts unversucht gelassen haben, ihre Interessen bestmöglich durchzusetzen. Ob es allerdings sinnvoll ist, wenn übermüdete Verhandlungsführer in den frühen Morgenstunden eine englischsprachige Exitklausel in einem 100 Seiten umfassendem Vertrag ad hoc umformulieren, ist eine andere Frage. Klar ist aber in jedem Fall, dass im M&A-Geschäft eine gewisse physische und vor allem auch psychische Robustheit der handelnden Personen unabdingbar ist, denn egal wie gut der Zeitplan ist, es wird in der Schlussphase immer zu der einen oder anderen belastenden Situation kommen. Deutlich entspannter sind dagegen Umstrukturierungen von Unternehmen, hier wird es aus steuerlichen Gründen oft darauf ankommen, noch innerhalb eines Geschäftsjahres die Wirksamkeit von Umwandlungsmaßnahmen herbeizuführen, so dass es darauf ankommt einen realistischen Zeitplan konsequent umzusetzen. Bei Umstrukturierungen kann vor allem die vorherige Einholung einer verbindlichen Auskunft der Finanzverwaltung zu einer Verzögerung führen (► Teil I 12).

Rechtliche und praktische Vorgaben durch bestimmte Fristen sind bereits von Anfang an einzuplanen, wie z. B. Einladungsfristen für eine etwaig notwendige (außerordentliche) Hauptversammlung, wobei bei der üblichen Einladung über den elektronischen Bundesanzeiger (§ 121 IV i.V.m. § 25 AktG) zu beachten ist, dass dieser nicht jeden Tag erscheint und seinerseits Vorlaufzeiten hat. Soll eine Umstrukturierung z. B. aus steuerlichen Gründen noch vor Jahresende soweit wie möglich abgeschlossen werden, ist es empfehlenswert bereits deutlich vor Beginn der Weihnachtsphase Vollmachten (Power of Attorney/ PoA, im US-Kapitalmarktrecht bez. Stimmrechtsvollmachten üblicherweise als proxy bezeichnet) – im Zweifel in beglaubigter Form und bei grenzüberschreitenden Maßnahmen mit einer Apostille versehen – zu erstellen und bereit zu halten. Bei Verschmelzungen ist z. B. an die Zuleitung des Verschmelzungsvertrags einen Monat vor dem Beschluss der Gesellschafterversammlungen an die zuständigen Betriebsräte gem. § 5 III UmwG zu denken (der Betriebsrat kann zwar auf die Einhaltung der Frist, nicht aber auf die Zuleitung selbst verzichten, wird sich diese Nachsicht bei der Frist aber sicher an anderer Stelle kompensieren lassen).

Mit der Prüfung der Zielgesellschaft (Due Diligence) in einem Datenraum sollte der Erwerber erst beginnen, wenn der Datenraum zumindest im Wesentlichen fertiggestellt wurde, da ansonsten viel Zeit und damit verbunden Kosten aufgewendet werden, um Vorgänge zu prüfen und Fragen zu stellen, die sich mit einem einzigen aktuellen Dokument problemlos lösen ließen. Manchmal existiert noch ein älterer Datenraum, etwa wenn die Zielgesellschaft bereits kürzlich erworben wurde, dieser sollte aber erst nach einem umfassenden Update als Basis einer Due Diligence Verwendung finden.

Die jeweiligen Leiter der Due Diligence Teams sollten den Teammitgliedern von Anfang an mitteilen, in welchem Format und welcher Sprache der Due Diligence Report am Ende erstellt wird. Dazu sollten Musterdateien und Templates versendet werden und eventuell auch Definitionen vorgegeben werden, allerdings sollten nicht zu viele Definitionen z. B. für die diversen Tochtergesellschaften des Targets verwandt werden, da es hier in Vergangenheit zu Umstrukturierungen und Firmenänderungen gekommen sein mag, was bei der Verwendung von Definitionen zu Verwirrung führen kann.

Wenig überraschend erlangt die Digitalisierung auch bei Unternehmensverkäufen eine immer größere Bedeutung. So werden insb. bei Auktionsverfahren und größeren Transaktionen regelmäßig (auschließlich) virtuelle Datenräume eingerichtet und mit entsprechenden Suchfunktionen wird eine erste Orientierung im Datenraum deutlich erleichtert. Was die rechtliche Bewertung von Dokumenten anbelangt, ist hier aber noch Vorsicht geboten, da der derzeitige Stand künstlicher Intelligenz juristische Arbeiten kaum leisten, sondern nur unterstützen kann. Sicher hilft es mit Suchmasken nach Stichworten wie Change of Control und passende Synonyme (cancellation, termination, etc.) zu suchen und dann eine weitere Einengung auf die wirtschaftlich relevanten Verträge vorzunehmen. Da aber die juristische Auslegung insb. im deutschen Recht über den Wortlaut einer Vereinbarung hinausgeht (§§ 133, 157 BGB), dürfte der Einsatz von automatisierten Verfahren über erste Bestandsaufnahmen zurzeit kaum hinausgehen (zurückhaltend auch Meurer in Meyer-Sparenberg/Jäckle, M&A, § 6 Rd. 17).

Sobald nach Vorgesprächen und einem etwaigen Letter of Intent die eigentlichen Vertragsverhandlungen beginnen, sollten diese von Anfang an auf Basis genau des Dokuments geführt werden, welches am Ende auch unterzeichnet werden soll (im Falle der Beurkundung idealerweise inkl. dem Entwurf des Urkundeneingangs – statt der lapidaren Angabe »subject to notarisation«), d. h. die Verwendung von Vorstufen eines Vertrags verursachen nur zusätzliche Arbeit und führen zu Fehlern, wenn etwa erst in der Nacht vor der Beurkundung technische Fragen wie die Vertretungsbefugnis geklärt werden müssen (Verhandlung auf Basis der zu unterzeichnenden Dokumente).

Auch von (gesetzlich nicht typisierten, aber aufgrund der Vertragsfreiheit zulässigen) Vorverträgen sollte möglichst Abstand genommen werden. Vorverträge begründen, wenn die Auslegung ergibt, dass es sich tatsächlich um einen Vorvertrag und nicht wie üblich um einen Letter of Intent handelt, eine verbindliche Verpflichtung zur Durchführung einer Transaktion und müssen daher bereits hinreichend bestimmt sein und die etwaigen Formerfordernisse des Hauptvertrags wie etwa dem Beurkundungserfordernis gem. § 15 IV S. 1 GmbHG genügen (Palandt/Ellenberger, Einf. v § 145 Rd. 20).

Praxishinweis: Es dürfte nur selten Konstellationen geben, in denen die Vereinbarung eines Vorvertrags (im Gegensatz zum grds. unverbindlichen LoI) sinnvoll ist. Im Grunde verlagert der Vorvertrag die Probleme der Vertragsverhandlung nur auf einen späteren Zeitpunkt und verkompliziert die Situtation zusätzlich, weil ein Ausstieg dann grds. nicht mehr möglich ist.

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