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14 Verhandlung von Unternehmenskaufverträgen

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Die Aushandlung von Unternehmenskäufen ist geradezu ein Schulbeispiel für Verhandlungen. Meist sitzen sich zwei Seiten, Käufer und Verkäufer, gegenüber die jeweils durch Vertreter der jeweiligen Unternehmen und deren Berater, meist externe Rechtsanwälte, repräsentiert werden. Dabei sieht die Rollenverteilung innerhalb der Teams oft wie folgt aus: Während der Unternehmensvertreter wie etwa der Finanzvorstand (CFO) oder Projektleiter der Entscheider ist, führen die Anwälte regelmässig die Detailverhandlungen. Dabei agieren die Unternehmensvertreter und die Anwälte gerne nach dem Prinzip »Guter Polizist, böser Polizist«, d. h. die Anwälte übernehmen den Part des aggressiven Verhandlers, während sich der Unternehmensvertreter zunächst etwas zurückhält, um dann gezielt in die Verhandlungen eingreifen zu können (wenn z. B. ein Deadlock droht). Dieses System hat den Vorteil, dass die Vertreter der beteiligten Unternehmen später ohne größere Vorbelastung zusammenarbeiten können und im Extremfall ein Anwalt, der irgendwann bei der Gegenseite »verbrannt« sein sollte, problemlos ausgetauscht werden kann. Aus juristischer Sicht ist zu beachten, dass Rechtsanwälte grds. nur mit dem Rechtsanwalt der Gegenseite direkt in Kontakt treten dürfen (§ 12 I BORA).

In der Wissenschaft dürfte das führende Verhandlungsmodell die sog. Harvard-Methode von Roger Fisher, William Ury und Bruce Patton sein (vgl. Fisher/Ury/Patton, Das Harvard-Konzept). Das Harvard-Konzept beruht im Kern auf vier Empfehlungen (► Abb. 1).

Leider beherzigen bekanntlich nicht alle Verhandler diese Empfehlungen (man denke nur einmal an US-Präsidenten Donald Trump), was durchaus jedenfalls kurzfristig zu Erfolgen führen mag, es ist aber in jedem Fall hilfreich, wenn jeder Verhandler die Empfehlungen kennt und vor allem erkennt, wenn die Gegenseite die Harvard-Methode (mehr oder weniger bewußt oder unbewußt) anwendet. Gerade bei Beteiligungserwerbungen bei der die Beteiligten auch nach dem Closing noch auf Gesellschafterebene langfristig zusammenarbeiten müssen, dürfte eine Verhandlungsführung unter Berücksichtigung der Empfehlungen der Harvard-Methode regelmässig


Abb. 1: Harvard-Methode

zweckmäßig sein, solange die Gegenseite sich darauf einläßt (vgl. zu Verhandlungen von VC-Beteiligungsverträgen Lambsdorff in Drygala/Wächter, VC, S. 227 ff.). Ganz anders ist die Situation, wenn es nach dem Erwerb sämtlicher Anteile einer Gesellschaft zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung kommt: In einer Prozesssituation, also wenn ohnehin bereits die emotionale Ebene nachhaltig erschüttert sein dürfte, kann dagegen eine aggressive, unkooperative Strategie vielleicht sogar unter bewusster Verletzung der Empfehlungen der Harvard-Methode durchaus erfolgversprechend sein (kritisch gegenüber der Harvard Strategie gerade bei M&A-Projekten Rock, Erfolgreiche Verhandlungsführung mit dem Driver-Seat-Konzept, insb. S. 429 ff.).

Praxishinweis: Manchmal bringen ausgerechnet Rechtsanwälte ohne Not eine unnötige Schärfe in Verhandlungen, was auch damit zusammenhängen dürfte, dass Anwälte nicht selten vor allem den eigenen Mandanten beeindrucken wollen. Gerne liefern sich Anwälte auch akademische Scharmützel untereinander, obwohl die diskutierten Themen ohne besondere wirtschaftliche Relevanz für die Transaktion sind. Allerdings sollte eine Partei auch in derartigen Situationen den eigenen Anwalt niemals vor der Gegenseite zur Ordnung rufen, vielmehr ist es wichtig, dass jedenfalls nach außen auf die Geschlossenheit der eigenen Reihen geachtet wird.

Zu Beginn der Transaktionsverhandlungen sollte jede Seite eine klare Definition von Zielen und Verhandlungspositionen einschließlich einem etwaigen » Plan B« vornehmen (kein Abschluss um jeden Preis). Allerdings kann die Plan B-Überlegung auch dazu führen, dass der eigentliche Plan A nicht hartnäckig genug verfolgt wird. In jedem Fall sollte aber immer auch die Offenheit für alternative Transaktionsstrukturen beibehalten werden.

Eine unschöne Erscheinung bei Verhandlungen ist das Zurückhalten wichtiger Forderungen oder überraschende Offenlegungen von Problemen zu einem sehr späten Zeitpunkt in den Verhandlungen. Sollte eine derartige Überrumpelung am Ende der Verhandlungen nicht funktionieren, kann ein solches Verhalten das Vertrauen der Gegenseite nachhaltig erschüttern und sollte daher im Zweifel vermieden werden (vgl. Lambsdorff in Drygala/Wächter, VC, S. 227).

Ganz im Gegenteil mag es Sinn machen, wenn gleich zu Beginn einer Transaktion » Pflöcke eingeschlagen werden« und klar kommuniziert wird, dass bestimmte Punkte wirtschaftlich nicht verhandelbar sind. Allerdings ist dann darauf zu achten, dass hier das Risiko einer Unwirksamkeit gerade dieser späteren Regelung im Unternehmenskaufvertrag unter dem Gesichtspunkt der Inhaltkontrolle gem. AGB-Recht (§§ 305 ff. BGB) besteht (► Teil II 5.1).

Beispiel: So mag es etwa für den Verkäufer im Rahmen eines Auktionsverfahrens Sinn machen, bereits vor der Öffnung des Data Room klar zu stellen, dass es für Altlastenrisiken keine Garantien oder gar Freistellungen geben wird. Ein Bieter, der sich trotzdem weiter an dem Bietungsverfahren beteiligt, wird bei etwaigen späteren Verhandlungen über den Kaufvertrag kaum mit der Forderung nach Altlastengarantien oder (den nicht ganz unüblichen) Altlastenfreistellungen durchsetzen. Die genaue Übermittlung und Formulierung dieser Vorgabe sollte aber mit nicht ohne sorgfältige juristische Prüfung erfolgen, da hier das – vorstehend bereits erwähnte – Risiko einer Unwirksamkeit gem. § 307 BGB droht.

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