Читать книгу Privat- und Prozessrecht - Peter Förschler - Страница 10
1.1.3 Privatrecht und öffentliches Recht
ОглавлениеJe nachdem, ob Rechtsbeziehungen zwischen den Bürgern untereinander oder zwischen Bürger und dem mit Hoheitsgewalt ausgestatteten Staat geregelt werden, handelt es sich um privates oder um öffentliches Recht.
Das Privatrecht regelt die Rechtsbeziehungen der Bürger untereinander (Grundsatz der Gleichordnung).
Keiner kann dem anderen befehlen, vielmehr können sie ihre Angelegenheiten nur einvernehmlich vertraglich regeln, die Konditionen aushandeln oder auch rechtlichen Kontakt vermeiden (z. B. Bürgerliches Recht im BGB, Sonderprivatrecht der Kaufleute im HGB).
Dem Bauunternehmer A steht es frei, ob er ein Angebot machen will und welchen Preis er für richtig hält. Bauherr B kann das Angebot annehmen, ablehnen oder versuchen, neue Bedingungen auszuhandeln. Er kann anstelle des A dem C den Zuschlag geben. Herr D und Frau E können sich jeweils frei entscheiden, eine Ehe miteinander einzugehen oder weiterhin unverheiratet zu bleiben.
Das öffentliche Recht regelt demgegenüber die Rechtsbeziehungen zwischen den Bürgern und dem mit hoheitlicher Gewalt ausgestatteten Staat (Grundsatz der Über- und Unterordnung).
Der Staat agiert gegenüber dem Bürger zumeist hoheitlich durch Erlass eines „Verwaltungsakts“ (Verwaltungsrecht).
Festsetzung der Steuerschuld durch Steuerbescheid des Finanzamts, Einberufung zum Wehrdienst, Erteilung oder Versagung einer Baugenehmigung durch die Baubehörde, Ampelregelung im Straßenverkehr.
Zum öffentlichen Recht gehören aber auch die Rechtsbestimmungen, die den Staat selbst betreffen (Verfassungsrecht im Grundgesetz oder in Landesverfassungen, Prozessrecht in der ZPO, Strafrecht im StGB) oder die das Verhältnis der staatlichen Institutionen untereinander regeln (Staatsvertrag, öffentlich-rechtlicher Vertrag).
Vereinbarungen zweier Landkreise über eine gemeinsame Mülldeponie, Staatsvertrag zwischen Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz über den Südwestrundfunk.
Soweit jedoch der Staat selbst als gleichgeordneter und gleichgestellter Partner am Rechtsleben teilnimmt, gilt auch für ihn das Privatrecht (fiskalisches Handeln des Staates).
Der Staat mietet Diensträume von einem privaten Hauseigentümer, kauft Möbel und Büromaschinen für den dienstlichen Gebrauch, vergibt Aufträge an private Bauunternehmer.
Zuweilen können auch privatrechtliche und öffentlich-rechtliche Vorgänge ineinander übergehen.
Geländebedarf für den Bau einer Autobahn: Die zuständige staatliche Behörde wird zunächst versuchen, das erforderliche Land dem privaten Eigentümer abzukaufen (Privatrecht). Gelingt das wegen zu hoher Preisvorstellungen des Eigentümers oder zu geringem Angebot der Behörde nicht, so kann ein Enteignungsverfahren eingeleitet werden (öffentliches Recht). Der angemessene Preis wird dann gegebenenfalls durch Entscheidung des Gerichts bestimmt.
Die Unterscheidung zwischen Privatrecht und öffentlichem Recht hat vor allem für die Wahl des richtigen Rechtswegs Bedeutung. Privatrechtliche Streitigkeiten werden vor den ordentlichen Gerichten (Amtsgericht, Landgericht, Oberlandesgericht, Bundesgerichtshof) oder den Arbeitsgerichten verhandelt, öffentlich-rechtliche Klagen gehören vor die Verwaltungsgerichte, Sozialgerichte, Finanzgerichte oder vor das Bundesverfassungsgericht.