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1.1.5 Rechtssprache

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Es ist bekannt und wird vielfach beklagt, dass sich die Juristen oft einer für den Laien schwer verständlichen Sprache bedienen. Es ist dies vielleicht auch einer der Gründe, weshalb die Bürger dem „Recht“ meist hilflos, unsicher und voll Misstrauen gegenüberstehen.

Versuchen Sie, den § 164 Abs. 2 BGB bei einmaligem Lesen zu verstehen:

„Tritt der Mangel des Willens, in fremdem Namen zu handeln, nicht erkennbar hervor, so kommt der Mangel des Willens, im eigenen Namen zu handeln, nicht in Betracht.“

Dieser Rechtssatz könnte verständlicher auch folgendermaßen ausgedrückt werden:

„Wer als Stellvertreter nicht deutlich macht, dass er für eine andere Person handeln will, kann sich hinterher, wenn er selbst in Anspruch genommen wird, dem Geschäftspartner gegenüber nicht auf seine angebliche Vertreterposition berufen.“

Der eigene Sprachgebrauch der Juristen hat aber sicher nicht seinen Grund darin, dass man sich nicht so leicht in die Karten schauen lassen und Juristerei als Geheimwissenschaft betreiben will. Vielmehr sind mehrere einsichtige Gründe dafür anzuführen, dass die Juristensprache nicht leicht zu verstehen ist:

> Gesetze müssen abstrakt formuliert sein, um mit möglichst wenig Worten möglichst viele Sachverhalte erfassen zu können. Je konkreter eine Vorschrift formuliert ist, desto weniger Anwendungsfälle hat sie.

Bei der Regelung des Kaufvertrags (§ 433 BGB) spricht das Gesetz abstrakt vom „Verkäufer einer Sache“ und erspart sich damit die konkrete Einzelaufzählung der Personen, die etwas verkaufen können (Autohändler, Kaufhausinhaber, Bäcker usw.) wie auch der einzelnen Gegenstände, die man kaufen und verkaufen kann (Pkw, Kleider, Brötchen usw.).

> Im Recht muss mit inhaltlich klar definierten Begriffen gearbeitet werden, um eine Verständigung auch in komplizierten Rechtsangelegenheiten zu ermöglichen. Solche Begriffe werden im Sprachgebrauch der Bevölkerung oft mit abweichender oder unklarer Bedeutung verwendet.

Hausbesitzer ist im Rechtssinne derjenige, der ein Haus tatsächlich bewohnt und somit „besitzt“ (vgl. § 854 BGB: Besitz = Innehabung der tatsächlichen Herrschaft). Dies trifft auch für den Mieter zu. Ein Hausbesitzer muss demnach nicht unbedingt auch der „Eigentümer“ sein, der Eigentümer des Hauses andererseits auch nicht zwingend zugleich unmittelbarer Besitzer, nämlich dann nicht, wenn er nicht selbst darin wohnt (zum Begriff des Eigentums vgl. § 903 BGB.).

Ein „Leihwagen“, für dessen Benutzung etwas bezahlt werden muss, ist im Sprachgebrauch des Gesetzes tatsächlich ein Mietwagen, weil nur die unentgeltliche Gebrauchsüberlassung Leihe (§ 598 BGB), die Gebrauchsüberlassung gegen ein Entgelt aber Miete ist (§ 535 BGB). Der gelegentlich verwendete Begriff „Leihgebühr“ ist deshalb ein Widerspruch in sich selbst.

> Die heute geltenden Gesetze sind zum großen Teil noch im letzten Jahrhundert erlassen worden (BGB, HGB, ZPO) und sprechen deshalb zwangsläufig die Sprache ihrer Zeit, die heute nicht immer leicht verstanden wird.

§ 1924 BGB: „Abkömmlinge“ des „Erblassers“ – gemeint sind die Kinder und Enkel eines Verstorbenen.

Trotz dieser Schwierigkeiten beim Verstehen der Rechtssprache ist es von Vorteil, wenn man sich um die Rechtsbegriffe und ihre Inhalte bemüht und möglichst viele davon kennenlernt. Dann kann man im Recht „mitreden“ und vermeidet Missverständnisse.

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