Читать книгу Blutsbande - Peter Horper - Страница 15
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Ich setzte Kaffee auf und ging zu meiner Tochter, die sich in mein Schlafzimmer zurückgezogen hatte. Oder in ihr Kinderzimmer, das sie wohl gerade planerisch in Besitz nahm.
Wenn Ines etwas wirklich wollte, konnte sie extrem schnell und effizient sein und völlig problemlos alle fundierten und nicht fundierten Meinungen und Ratschläge in den Wind schlagen.
Herbert zählte nicht und seine Meinung ebenso wenig. Er mochte mich nicht, und ich mochte ihn nicht. Das war allen Beteiligten klar und seine Ansicht zu Ines’ Umzug war mehr von seiner Antipathie mir gegenüber geprägt als von berechtigter Sorge um Ines’ Wohlergehen. Ich rechnete es Karin hoch an, dass sie das wusste und ignorierte.
Allerdings war auch sie nicht froh über Ines’ Einzug bei mir. Und ich selbst hatte mich an mich gewöhnt. Meinem Haushalt gegenüber meine höchst eigenen Toleranzschwellen entwickelt. Und nun wieder Kompromisse? Debatten? Hast du eingekauft, und wenn nein, warum nicht? Vielleicht weil mir manchmal die Leere im Kühlschrank egal ist, weil nämlich der Dönermann gegenüber Döner hat.
Ade Freiheit, aber den Gedanken, jeden Tag ein kleines oder großes Gespräch mit meiner Tochter haben zu können, zu erfahren, wie es ihr ging, was sie beschäftigte, ihre liebevoll solidarische Anteilnahme an meinem Tun und Treiben, den Gedanken mochte ich.
Ich hatte nach meinem ersten reflexartigen Nein und meiner reuigen Umkehr beschlossen, das Ergebnis ihrer Auseinandersetzung mit Karin zu akzeptieren. Wie immer es auch ausfallen würde.
»Klar war Mama erst mal dagegen. Aber ich habe einfach im Moment so viel in der Stadt zu tun. Uni morgens und am Nachmittag. Dazwischen lohnt es sich nicht, heimzufahren. Und Jan will ja auch was von mir haben.«
»Prima Argumente! Vor allem das mit der Uni!«
»Was gibt’s da zu grinsen, Paps?«
Mein Bauch hatte ihren Ellenbogen vermisst. Da war er wieder!
»Hast du ihr auch den anderen Grund erzählt, dass du es mit ihrem Lebensgefährten Herbert nicht mehr aushältst?«
»Nein, das weiß sie.«
»Und wann soll es über die Bühne gehen?«
»Morgen. Du brauchst dich nicht zu kümmern. Jan und ein Freund von ihm helfen, und ich hab nicht viele Sachen.«
Der Kaffee war durch. Wir setzten uns in die Küche.
»Sag mal, was hältst du eigentlich von dieser Susan Maiwald?«, fragte ich sie.
Ines nippte an der Tasse, stellte sie ab, fuhr sich mit den Fingern durch die Haare. Seit sie sich ihre Mähne schneiden hatte lassen, das war jetzt schon Monate her, war das eine Angewohnheit geworden. Als müsste sie die Länge überprüfen. Anfangs waren sie blond gewesen, das war rausgewachsen. Jetzt waren sie lila.
»Ich habe sie zwei Mal kurz gesehen. Was soll ich da sagen?«
»Was dir durch den Kopf geht. Einfach so. Ungefiltert. Oberflächlich. Wie wirkt sie auf dich?«
»Wieso machst du den Kaffee immer so stark, Paps?«
»Ines! Geht das jetzt schon los?«
Sie lachte.
»Na klar! Wir besprechen das jetzt und einigen uns auf den Kompromiss, dass ich ihn so kriege, wie ich ihn mag.«
»Ines! Mach mir nicht solche Horror-Flashbacks!«
»Ich muss doch schauen, dass du beziehungsfähig bleibst. Nicht so ein Eigenbrötler wirst, den keine Frau brauchen kann.«
»Das schaffst du bestimmt. Ich möchte aber gern eine Antwort, Ines! Sag mir was zu dem Mädchen!«
Wieder der Griff in die Haare.
»Sie hat heute normaler ausgesehen. Letztes Mal hatte ich das Gefühl, sie versucht, wie ihre eigene Mutter daherzukommen. Irgendwie wirkt sie traurig. Egal, was sie für Klamotten an hat und wie sie geschminkt ist. Kannst du ihr helfen?«
»Ich weiß es nicht.«
Ich erzählte Ines die Geschichte in groben Zügen. Sie schaute nachdenklich.
»Ich hab echt keinen Plan. Mir würde es gehen wie dir. Keine Ahnung, wie sie tickt. Ich würde ihr trotzdem helfen wollen. Zahlt sie dem Spitzenermittler wenigstens einen Spitzenpreis?«
Klassischer Ines-Themen-Totschlag. Manchmal fragte ich mich, was Karin und ich angerichtet hatten, dass sie Ernsthaftigkeit nie lange aushielt.
»Ich kann mich nicht beschweren«, antwortete ich.