Читать книгу Die Fälle des Kommissar Benedict: 6 sehr fette Krimis in einer Bibliothek - Peter Schrenk - Страница 33

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»Junkchen, du stinkst wie eeine Fuhrre Rrabenmist!«, hatte Lore vorhin mit ihrem unnachahmlichen Königsberger Zungenroller geschimpft. Zwei Stunden Waschen und Pflegen waren angesagt. Eine erfrischende Dusche. Der Duft von feiner Seife und herbem Rasierwasser. Dann noch anderthalb süße Ruhestunden zwischen kühler, sauberer Wäsche in seinem bequemen Bett zu Hause. Nachher würde ihn endlich auch mal wieder der würzige Geruch eines frisch gebrühten Lapsong-Souchong-Tees begrüßen. Nicht diese plattklebrige, schwarze Brühe aus der braunen Dose in der ISAT-Dienststelle des >Weißen Hauses<.

Die ungewohnte Ruhe in dem nach hinten liegenden Raum seiner Wohnung macht Benedict zu schaffen. Fast empfindet er sie nach der Hektik im betriebsamen ISAT-Zentrum als störend. Unruhig wälzt er sich von einer Seite auf die andere, aber der herbeigesehnte Schlaf will sich nicht einstellen. In der Nacht von Montag auf Dienstag war die augenaufreibende Tätigkeit der vergangenen Woche endlich belohnt worden. Von einer Sekunde auf die andere versetzte der erste Erfolg der Bildauswertung das gesamte ISAT-Personal in einen freudigen Trancezustand. Detective Inspector Patrick O’Connell war es vergönnt, dessen Auslöser zu sein. Wieder einmal hatte eine müde Stimme aus dem Dunkel »Stopp!«, gesagt. Diesmal kam allerdings nicht das gleichmütige »war nichts«. Mit zunehmender Spannung verglichen sie wieder und wieder die beiden von den Positionen 4 und 5 geschossenen Aufnahmen mit denen von der Wand des ISAT-Büros. Nach weiteren 20 Minuten waren sie sich einig: Der Mann auf den Aufnahmen war mit dem von der ISAT-Bilderwand identisch! Danny McCann, 30 Jahre, von Rory McGrath als eine der Top-Ratten der Belfaster IRA tituliert. Mehrere Mordanschläge der nordirischen Loyalisten hatte er wundersam überlebt. Von 1979 bis 1981 eine lächerliche Haftstrafe wegen des Besitzes eines Sprengzünders. 1982 erneut verhaftet, wieder freigelassen. 1983 Anklage wegen Waffenbesitzes, aber aufgrund eines dubiosen Entlastungszeugen freigesprochen. Der absolute Scharfschütze, wie der RUC-Mann ihn charakterisierte. Und wohl alles in allem an 26 Mordkomplotten der IRA beteiligt.

»Ein Mann, wie geschaffen für dieses Spezial-Kommando!«, stellte Captain Hart fast bewundernd fest.

So hatten sie den ersten Beweis für die Richtigkeit ihrer vorherigen Annahmen in Händen. Aber nach den ersten Momenten der Freude legte sich der Druck kommender Gefahren schwer auf ihre Gemüter. Würden sie eine weitere Chance bekommen? War das vielleicht der letzte Besuch des IRA-Scharfschützen gewesen?

»Zu einem Special Active Service Unit gehören meistens drei Leute!«, polterte O’Connell mit Grimm in der Stimme, und die anderen beiden nickten düster dazu. Allen Beobachtungsstationen liegen die Vergrößerungen des McCann-Konterfeis jetzt vor. Eine Gruppe von Bussarden befindet sich in einer Wohnung, die über der von Dr. Lenzfried liegt und als Videostützpunkt ausgebaut ist, in ständiger Abrufbereitschaft. Auf das Signal von den Stationen aus würden sie sofort die Verfolgung aufnehmen können, die sie dann hoffentlich zum Stützpunkt des SASU führen würde. Und wenn er nicht noch mal kommt?

Benedict sieht zum wiederholten Male auf den Wecker neben dem Bett. Dreht sich seufzend auf die andere Seite.

Erwartungsgemäß waren aus Köln bis heute nur Routinemeldungen über die Zahl der täglich überprüften Schmitze gekommen. Sie taten ihm ja leid, die Kollegen, aber viel würden sie nicht finden.

Gestern Mittag mussten sie bedauerlicherweise die Kameras aller 10 Stationen abschalten. Es wimmelte nur so von eigenen Leuten und französischen Sicherheitsbeamten. Schließlich wollten sie ja keine Fotosammlung der deutschen und französischen Polizei anlegen!

Um 15 Uhr wurden Schloss Benrath und der Schlosspark dichtgemacht. Deutsche und Franzosen filzten gemeinsam Park und Gebäude zur Sicherheit des Staatspräsidenten von Frankreich. Aber dann war es ein schwanzwedelnder Mischling namens Fuzzy, der der versammelten Streitmacht die Schau stahl. Von einem Kamin im Kuppelsaal des Schlosses Benrath, da, wo die hohen Herren zu tafeln gedachten, hatte sich der Sprengstoffhund der Polizei nicht mehr wegreißen lassen. Nach einer Stunde war die Ursache der Aufregung gefunden: eine wunderschöne goldene Kaminuhr, die von den Spezialisten untersucht und entschärft wurde. Die Museumsleiterin teilte nach einer weiteren Untersuchung mit gebrochener Stimme mit, dass es sich bei dem guten Stück um eine Kopie des Originals der Uhrenmacher Joly et Roy aus Paris handele. Dieses Original musste irgendwann unbemerkt durch eine mit Semtex angereicherte Kopie ersetzt worden sein. Die erschütterte Professorin hatte auf seine Bemerkung »na, immerhin Paris« mit einem unterdrückten Wutausbruch reagiert. Die Kopie musste gut sein, denn den Museumsangestellten war nichts aufgefallen. Das ließ auf lange Vorplanung schließen. Nur Fuzzy hatte sich nicht täuschen lassen. Über den überraschenden Fund kam es dann innerhalb des ISAT zu einer längeren Kontroverse. O’Connell und Benedict meinten, dass dies ja wohl der schlüssige Beweis für Benrath als Ziel des SASU sei. Captain Hart schüttelte besserwisserisch seinen Kopf und machte im Verein mit seinem Belfaster Kollegen auf eine gewisse Unlogik aufmerksam. »Die SASU-Leute mussten doch davon ausgehen, dass das gesamte Gebäude nach Sprengsätzen abgesucht wird und dass Hunde eingesetzt werden. Auch vor dem Besuch von Mitterand!«

Der Hauptkommissar stimmte dem zwar nicht direkt zu, war sich aber danach seiner Position nicht mehr ganz so sicher. Eine Erleichterung wollte sich jedenfalls nach der Aufspürung des Sprengsatzes nicht einstellen.

Die Generalprobe lief dann ohne Probleme. Auch der Polizeipräsident bedankte sich anschließend bei den versammelten Einsatzkräften. Der Hubschrauber mit dem Staatsgast landete kurz vor zwölf auf den Rheinwiesen. Fahrt im Mercedes 600 zur Staatskanzlei, dann um 13 Uhr Essen auf Schloss Benrath. Defilee der Ehrengäste. Landesgalerie für die Kunst. Flughafen. Um 17 Uhr war der ganze Spuk vorbei. Die Zusammenarbeit von uniformierten und zivilen Sicherheitsbeamten nach Maßgabe der Polizeidienstvorschrift 130 hatte den Umständen entsprechend ordentlich funktioniert.

Nachdem Benedict noch das Anschalten der Kameras auf den Positionen angeordnet hatte, belohnte er sich selbst mit einer Wasch- und Ruhepause in häuslicher Umgebung, Was für ein Glück, dass sie seit Montag wenigstens nicht mehr ständig von diesem lästigen Menschen aus dem Bundeskanzleramt genervt wurden.

Diese Telefonanrufe gehen einem wirklich auf die Nerven ...

»Tut mir leid, Junkchen, aber der Tee ist fertig!«

Die Fälle des Kommissar Benedict: 6 sehr fette Krimis in einer Bibliothek

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