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Schadstoffalarm

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Wie aber stand es um Ella-Maries Vater, der im Gegensatz zu ihrer Mutter im Besitz eines Führerscheins war? Na, wie sollte es anders gewesen sein: Was hat dieser seine Autos immer geputzt, gewienert, gehegt und gepflegt. Besonders stolz war ihr Papa Anfang der 1980er-Jahre auf seinen gebraucht gekauften Mercedes 200D, Typ W123, ein absolut zuverlässiges Gefährt. Fast ein wenig liebevoll bezeichnete er diesen als seinen Heizöl-Bugatti. Dabei war er mit gerade mal 60 PS eine extrem gute Zugmaschine für den Familien-Wohnwagen und darüber hinaus enorm sparsam im Verbrauch. Einziges Manko: Er sonderte damals noch ohne Katalysator und Dieselrußpartikelfilter bläuliche Abgaswolken ab und malte im Winter schwarze Flecken in den Schnee. Von dem Gestank eines alten Diesels soll hier gar nicht die Rede sein. Man mag es nicht glauben, doch so ist es: All dies hat man unbeschadet überlebt wie auch das Waldsterben und das Ozonloch der 1980er-Jahre. Das größte Defizit dieses Wagens war neben dem wenig sportlichen Fahrwerk jedoch seine Farbe: Ein fürchterliches Kackbraun mit Tendenz zur nazibraunen Farbgesinnung. Kein Autohersteller in Deutschland und anderen EU-Ländern würde heute eine solche Farbe für seine Automobile auf den Markt bringen. Spätestens dann würde der Daimler AG der Garaus gemacht werden. Dies scheint gar nicht mal so weit hergeholt zu sein, denn erst im Mai 2019 forderte Kevin Kühnert, der Vorsitzende der Jusos, dass die Bayerischen Motorenwerke alias BMW verstaatlicht werden sollten, frei nach dem Motto: Der Sozialismus ist tot, es lebe der Sozialismus!276

Ja, das Auto war für viele Deutsche über viele Jahrzehnte deren liebstes Kind, während man zunehmend auf das eigentliche Kinderkriegen verzichtete. Im goldenen Westen war der Käfer aus dem Hause Volkswagen – heute übrigens wohl ebenfalls ein undenkbarer Name für einen Autohersteller und aufgrund des Abgasskandals, der vor der US-Umweltbehörde EPA im September 2015 veröffentlicht wurde, ohnehin ein wenig in Verruf geraten – zum Kultfahrzeug geworden. Hingegen entwickelte sich in der DDR der Trabant, liebevoll auch Trabbi genannt, zu solch einem Kultobjekt, wenngleich heute mitunter als Blumenkübel in ostdeutschen Vorgärten ein wenig zweckentfremdet eingesetzt. Nach der Wende im Jahr 1989 knatterten viele ehemalige DDR-Bürger mit ihrem Gefährt aus dem volkseigenen Betrieb (VEB) Zwickau bzw. Sachsenring durch die westdeutschen Innenstädte und verpesteten dank des Zweitakt-Benzin-Öl-Gemisches die Luft. Auch das hat man überlebt und gerne im Sinne der Wiedervereinigung in Kauf genommen. Heute jedoch wird die Autoindustrie mit ihren Verbrennungsmotoren auf Teufel komm raus dämonisiert und es geht ihr zunehmend an den Kragen. Dabei wurde erst im Jahr 2009, also im Schweinegrippejahr, die sogenannte Abwrackprämie im Rahmen des Konjunkturpaketes II in Höhe von 2.500 Euro aus Steuermitteln für die Verschrottung alter Autos und den Erwerb eines Neu- oder Jahreswagens gezahlt. Keine zehn Jahre später werden die Autofahrer, darunter viele Berufspendler, mit Fahrverboten durch willkürlich festgelegte Werte für Stickoxide und Feinstaub drangsaliert.277 Dies, obwohl die Luft in den Innenstädten seit Jahren sauberer geworden ist und die Menschen immer älter werden. Ella-Marie selbst fährt auch einen Volkswagen, der auf 100 Kilometer nur 4,5 Liter Diesel verbraucht. Auch dieses Auto gehört zu den Schummelfahrzeugen der Dieselgate-Affäre und benötigt nach dem Software-Update ein neues Abgasrückführventil. Nur wenig tröstlich ist für sie, dass sie damit nicht alleine ist.278 Die Werkstatt hat mal eben locker 600 Euro dafür aufgerufen. Von Nachhaltigkeit im Sinne von Ressourcen- und Umweltschutz soll hier lieber nicht die Rede sein.

Bei so vielen Schadstoffen in der Luft, was bleibt da noch, wenn man sich kein E-Mobil aus dem Hause Tesla & Co. aufgrund der recht teuren Anschaffungskosten wegen der Batterien leisten kann? Natürlich – das Umsteigen auf das Vergnügen mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Was aber viele nicht wissen: In unterirdischen Bahnhöfen ist die Dosis der Feinstaubbelastung laut DEKRA deutlich höher als an einer viel befahrenen Kreuzung.279 Schaffen wir deswegen jetzt auch die U- und S-Bahnstrecken ab oder gibt es demnächst eine Feinstaubsteuer auf ÖPNV-Tickets? Man wird ja wohl mal fragen dürfen. Aber eine Schuhsohlenabriebsteuer wäre doch sicher für alle angebracht, die nicht barfuß durchs Leben laufen wollen, oder? Schließlich geraten durch das Schuhwerk, ganz gleich ob Laut- oder Leisetreter, rund 100 Gramm Abrieb in Form von Mikroplastik pro Kopf und Jahr in Deutschland in die Umwelt. Schuhe liegen damit auf Platz sieben der Liste der größten Quellen von Mikroplastik, wie das Fraunhofer-Institut in Oberhausen herausgefunden hat.280 Das dürfte insbesondere die Frauenwelt und die Zalando-Schrei-vor-Glück-Fangemeinde sicherlich gar nicht erfreuen. Also lieber der Umwelt zuliebe durchs Leben schreiten als durchs Leben latschen! Füße hoch! Und weil wir gerade von Mikroplastik sprechen: Überhaupt nicht erfreut sind im Zusammenhang mit Kunstrasenplätzen Tausende Amateursportvereine. Diese sind möglicherweise durch ein EU-Verbot von Mikroplastik von einer Schließung bedroht.281 Tja, dann fällt der Sport eben aus und man macht es sich vor der Glotze gemütlich, um so richtig fit in den nächsten Arbeitstag zu starten. Doch dann heißt es wieder, die Deutschen werden immer dicker. Ein echter Teufelskreis! Immerhin kann man in Krisenzeiten wenigstens von seinem Hüftgold ein bisschen zehren. Das große Problem an den winzig kleinen Mikroplastikpartikeln ist, dass sie nahezu überall zu finden sind, selbst im Eis und Schnee der Arktis und der Alpen, wohin sie über das Medium Luft gelangen. Doch das ist noch nicht alles: Dringen diese winzigen Kunststoffteilchen in den menschlichen Körper ein, kann die wichtige Kommunikation der Zellen gestört werden.282 Was das für Auswirkungen beispielsweise auf das Nervensystem haben könnte – es ist nicht auszumalen.

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