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Entführung des Dr. Walter Linse

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Am 8. Juli 1952 wurde Dr. Walter Linse, Mitarbeiter des Untersuchungsausschusses „Freiheitlicher Juristen“, in der in Berlin-Lichterfelde West gelegenen Gerichtstraße überfallen und gewaltsam in die sowjetische Besatzungszone verschleppt.

Dr. Walter Linse, Abteilungsleiter des oben angegebenen Ausschusses, wurde auf dem Weg zu seiner Dienststelle in der menschenleeren Straße von zwei jungen Männern angesprochen, von denen einer der beiden ihn um Feuer bat. Nachdem er hilfsbereit nach seinem Feuerzeug griff, erhielt er von hinten einen kräftigen Schlag auf den Hinterkopf, der ihn zunächst taumeln ließ. Als er sich dann zur Wehr setzte, umklammerte ihn ein Täter – ein Berufsringer, wie sich später herausstellte – von hinten, brachte ihn gemeinsam mit dem zweiten Täter in Richtung eines als Taxi getarnten Opel „Kapitän“. Dr. Linse verlor dabei seine Brille und einen Schuh und wurde in den Wagen gestoßen.

Da die Verbrecher wegen der Gegenwehr seine Beine nicht in das Fahrzeug bekamen, schossen sie ihm zweimal ins Bein. Erst dann war sein Widerstand gebrochen. In rasender Fahrt ging es in Richtung Zonengrenze. Da sie von einem jungen Mann, der den Menschenraub bemerkt hatte, in einem Auto verfolgt wurden, schossen die Täter mehrfach auf das Fahrzeug des sie Verfolgenden, allerdings ohne ihn zu verletzen, und entkamen mit ihrem Opfer über die Zonengrenze bei Teltow, wo sich ihnen der sowjetzonale Schlagbaum öffnete. Die Täter und ihre Hintermänner wurden ermittelt. Sie gehörten ausnahmslos einer Bande von Berufsverbrechern an, die im Auftrag des Staatssicherheitsdienstes nach dessen Weisung laufend Verschleppungen organisierte und ausführte. Lange blieb das Schicksal des Dr. Linse im Dunkeln. Auch die weltweite Empörung änderte nichts daran. Fest steht heute jedoch, dass er nach seiner Entführung sofort von den Sowjets verhört, dann längere Zeit im NKWD-Gefängnis Karlshorst festgehalten und 1953 in das sowjetische Militärgefängnis Lichtenberg verlegt wurde.

Hier wurde er zu einer 25-jährigen Freiheitsstrafe verurteilt und anschließend in die Sowjetunion abtransportiert, wo er schließlich verstarb. Das Schicksal dieses Mannes ist ein Beispiel dafür, dass einfachste Gebote der Menschlichkeit sowohl durch die Machthaber der sowjetischen Besatzungszone als auch der Sowjetunion verletzt wurden.

Spätere Opfer sowjetzonalen Menschenraubes berichteten über die Praktiken der Agenten, die die Betroffenen entweder durch arglistige Täuschung, häufig unter Ausnutzung familiärer Bindungen, in den sowjetzonalen Machtbereich gebracht oder sie durch Betäubungsmittel in Pralinen, Lebensmitteln oder Alkohol willenlos gemacht oder einfach durch brutale Gewalt verschleppt hatten.

Berliner Kriminalpolizei von 1945 bis zur Gegenwart

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