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Baustein 2: Psychologische Maßnahmen und Edukation

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Psychologische Verfahren helfen, Ängste und innere Spannungszustände abzubauen. Sie kommen oft aus der Verhaltenstherapie, einer besonderen Form der Psychotherapie. Sie hilft Betroffenen, besser mit den negativen Gefühlen und Problemen zurechtzukommen, die eine chronische Schmerzerkrankung mit sich bringt. Sie unterstützt außerdem dabei, Wut abzubauen, besser mit der Krankheit umzugehen und sie zu einem gewissen Grad auch zu akzeptieren. Man lernt, sich aus negativen Gedankenschleifen zu lösen und anstelle katastrophierender Gedanken („Sicher werde ich im Urlaub furchtbare Schmerzen haben“) zu einer konstruktiven Denkweise zu gelangen („Wenn ich im Urlaub Schmerzen habe, mache ich meine Übungen und nehme meine Notfallmedikamente; außerdem wird die Schönheit der Natur mir helfen, mich vom Schmerz abzulenken“). Sie kann auch helfen, soziale Konflikte zu lösen – sei es am Arbeitsplatz oder in der Partnerschaft, die nicht selten auch Folge einer chronischen Schmerzerkrankung sind.

„Patienten müssen im späten Stadium der Chronifizierung wieder Vertrauen gewinnen.“

Eine wichtige Erkenntnis der Therapie beim Rückenschmerz ist, dass das Erleben von „Hilf- und Hoffnungslosigkeit“ gegenüber der Krankheit ein Risikofaktor ist, um eine ernste psychische Begleiterkrankung wie eine Depression zu entwickeln. Dies ist bei etwa 30 Prozent der chronischen Rückenschmerzpatienten der Fall, denn viele Patienten haben eine wahre Ärzte-Odyssee durchgemacht: Sie haben Injektionsbehandlungen erfolglos probiert oder Operationen hinter sich gebracht, geben an, Physiotherapie versucht zu haben, sich gequält zu haben, bis sie sagen: „Bei mir hat nichts geholfen und bei mir wird auch nichts mehr helfen.“ Viele Patienten kommen erst in diesem späten Stadium mit der multimodalen Schmerztherapie in Berührung und müssen dann erst wieder Vertrauen gewinnen, dass es auch für sie einen Ansatz gibt.

Den Betroffenen werden im Rahmen eines oft vierwöchigen Behandlungszyklus zur besseren Schmerzbewältigung auch verschiedene Entspannungstechniken vermittelt, wie beispielsweise die Progressive Muskelentspannung (PME). Auch andere Entspannungsverfahren wie zum Beispiel Meditation werden eingesetzt.Zu den psychologischen Verfahren gehören auch Patientenschulungen (Edukationen). Sie können dazu beitragen, psychisch stabiler zu werden und konkrete soziale Hilfestellungen zu bekommen. Der Patient erfährt mehr über seine Erkrankung, versteht Zusammenhänge besser und kann sich realistische Therapieziele setzen. Statt Frustration erlebt er so kleine Erfolgserlebnisse.

Auch hilft vielen bei diesen Edukationen der Zusammenhalt in der Gruppe. Es wird klar, dass man nicht allein mit seinen Problemen ist. Man fühlt sich nicht abgestempelt, akzeptiert eher eine psychische Komponente, wenn man sieht, dass andere, abgesehen vom Schmerz völlig normal wirkende Menschen, ähnliche Probleme haben. Viele sehen Schmerzerkrankungen und psychische Probleme nämlich leider immer noch als eine Art Makel an, derer sie sich schämen müssten. In der Gruppe werden verschiedene Situationen in Gesprächen durchgespielt und gemeinsam Lösungsvorschläge erarbeitet.

Wenn ein Patient unter einer Depression leidet, also einer seelischen Erkrankung, die vom Arzt entsprechend diagnostiziert wurde und die ein häufiger Begleiter von chronischen Schmerzpatienten ist, muss sie ebenfalls behandelt werden. Der Patient erhält dann eine Psychotherapie. Oft werden dann zusätzlich Antidepressiva verschrieben.

Das Handbuch gegen den Schmerz

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