Читать книгу Die geheime Kraft des Fettstoffwechsels - Prof. Dr. med. Marion Kiechle - Страница 26
Braunes Fettgewebe
ОглавлениеNeben dem weißen Fett gibt es auch noch das sogenannte braune Fett in unserem Körper. Die Farbe kommt dadurch zustande, dass in den braunen Fettzellen im Gegensatz zum weißen Fett sehr viele kleine Zellkraftwerke, die sogenannten Mitochondrien, sitzen. Diese wiederum besitzen zahlreiche braune Zellfarbstoffe, die Eisen enthalten. Mitochondrien sind wahre Wunderwaffen in der Fettschmelze, denn sie verbrennen freie Fettsäuren zur Wärmeproduktion und speichern diese nicht wie die weißen Fettzellen als Energiedepot.
Üblicherweise werden Fettsäuren in Geweben nur dann abgebaut, wenn die Zellen Energie benötigen, beispielsweise, weil wir uns bewegen. Im braunen Fettgewebe läuft das anders: Hier werden Fettsäuren durchgehend zur Wärmeproduktion abgebaut.
»Her mit dem braunen Fett!«, werden Sie jetzt vermutlich sagen. Allerdings müssen wir Sie hier ein wenig enttäuschen: Nur wenige Erwachsene haben relevante Mengen dieses magischen Fetts. Größere Mengen an braunem Fett besitzen wir als Neugeborene, denn Säuglinge sind aufgrund ihrer relativ großen Körperoberfläche viel stärker als Erwachsene von einer Auskühlung bedroht. Zudem sind die Mechanismen des Wärmehaushalts beim Baby noch nicht ausgereift. Mit zunehmendem Alter nimmt das braune Fettgewebe ab, bei manchen Menschen sind noch Reste davon entlang der Brustwirbel oder am Hals vorhanden. Mit bestimmten medizinischen Diagnosemethoden wie dem PET-CT kann es sichtbar gemacht werden. Wenn keine medizinische Indikation vorliegt, müssen die Kosten hierfür selbst getragen werden – sie belaufen sich auf etwa 800 Euro. Bislang ist vollkommen ungeklärt, warum manche Menschen mehr und andere weniger oder kaum braunes Fett haben. Tatsache ist allerdings, dass adipöse Menschen und Diabetiker besonders wenig braunes Fett aufweisen.
Neben dem weißen und braunen Fett haben Forscher inzwischen auch noch beigefarbene Fettzellen entdeckt. Sie verhalten sich zunächst wie weiße Fettzellen, können aber durch bestimmte Reize zu braunen Fettzellen aktiviert werden. Zu diesen Reizen gehören vor allem Kälte. Da die Verbrennung von braunem Fett zur Herstellung von Wärme Kalorien verbraucht, gibt es Überlegungen, ob eine Kältekammer, wie sie auch von vielen Sportlern zur Trainingsoptimierung und Verhinderung eines Muskelkaters verwendet wird, beim Abnehmen helfen könnte. Wissenschaftler schätzen, dass durch eine kurze Kältekammeranwendung von minus 110 bis 150 Grad zusätzliche 200 Kilokalorien für die Wärmeproduktion verbrannt werden können. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass sich braunes Fett gebildet hat.
Untersuchungen aus dem Jahr 2018 von Wissenschaftlern der Technischen Universität München konnten erstmals zeigen, dass man nicht nur durch Kälte, sondern auch durch Essen die Wärmebildung im braunen Fettgewebe aktivieren kann. Hierfür wurden die Studienteilnehmer untersucht, nachdem sie Kälte ausgesetzt worden waren und eine kohlenhydratreiche Mahlzeit in Form einer Gemüselasagne zu sich genommen hatten. Die Wissenschaftler fanden heraus, dass zehn Prozent der pro Tag aufgenommenen Energie durch die thermogene Wirkung der Nahrung verbraucht wird. Sie stellten weiterhin fest, dass die nahrungsbedingte Thermogenese nach dem Essen nicht nur auf der Wärmebildung durch die Muskeltätigkeit im Darm, der Abgabe von Substanzen und der Verdauungsprozesse beruht, sondern dass auch das braune Fett einen bestimmten Anteil daran hat.
Sie kamen außerdem zu dem Schluss, dass die Aktivierung des braunen Fettes vermutlich auch das Sättigungsgefühl verstärkt. Dies alles sind vielversprechende Erkenntnisse, die jedoch noch durch weitere Forschungen und Studien bestätigt werden müssen. Viele Wissenschaftler arbeiten mit Nachdruck an der Erforschung dieses Fetts, das für Gewicht und Gesundheit so bedeutsam ist – insbesondere darüber, wie man es außer durch Kälte stimulieren kann.
WAS IST THERMOGENESE?
Unter Thermogenese beziehungweise thermogenetischer Wirkung der Nahrung versteht man die für die Nahrungsaufschlüsselung benötigte Energie, die in Form von Wärme freigesetzt wird. Dieses Plus an Energieumsatz lässt sich messen.