Читать книгу Hundert Geschichten - Quim Monzo - Страница 24

Apfelpfirsich

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Ich kann die Geschichte des Films nicht mehr erzählen; ich erinnere mich nur (sehr vage) daran, dass er voller billiger Späße und Slapsticks war. Ab und zu fiel die Hauptdarstellerin mit Makkaroni in der Hand hin oder der junge Mann in Unterhosen geriet in ein Verwechslungsdrama. Das Publikum lachte, doch nie, weil der Film lustig war, sondern so dumm, dass er immer grotesker wurde. In den hinteren Reihen wurden Witze gerissen und laute Kommentare abgegeben, die geistreicher waren als der Dialog auf der Leinwand. Mir fiel sie zum ersten Mal auf, als ich die Platznachbarn um mich herum beobachtete: ein dunkles, Erdnüsse futterndes Profil, das die Schalen auf den Boden warf. Sie hüstelte einmal und ein anderes Mal drehte sie sich um (doch nicht zu mir, zu niemandem), und sie gähnte beim Verlassen des Kinos wie alle anderen auch.

Am späten Nachmittag war mir die Lust, durch Buchhandlungen zu ziehen, bereits vergangen. Ich hatte vergeblich versucht, ein Buch zu klauen; und wenn derartige Missionen schiefgehen, versinke ich immer in Depressionen und denke an Selbstmord. Just, als ich eine Abhandlung über Trigonometrie in meine Tasche stecken wollte (es war das einzig erreichbare Buch in der einzigen uneinsehbaren Ecke der Buchhandlung), sah ich sie ein weiteres Mal. Nun trug sie eine gelbe Brille, und angesichts des komplizenhaften Blickes, den sie mir zuwarf, fragte ich mich, ob sie mich (aus dem Kino) wiedererkannte oder ob sie sich mit meinem kleptomanischen Leiden solidarisierte. Für eine Sekunde glaubte ich, es sei ein vorwurfsvoller Blick.

Muss ich erwähnen, dass mich die nächste Begegnung mit ihr (an jenem selben Abend in einem exotischen Restaurant, in dem sie zwei Tische weiter, dunkel gekleidet, die Hand eines kalten Mannes streichelte) davon überzeugte, dass wir offenbar nicht nur am Tag darauf (im Theater), sondern auch in der ganzen folgenden Woche in Straßen, Bars, Läden und Kinos aufeinandertreffen würden, sie, allürenhaft vergesslich, beharrlich so tuend, als würde sie den unterschiedlichsten Beschäftigungen nachgehen? Endlich stellte uns ein gemeinsamer Freund (bei der Vernissage einer völlig zu vernachlässigenden Ausstellung von Skulpturen) einander vor. Sie leugnete, mich jemals gesehen zu haben, ein Verhalten (anfangs von mir als Versuch interpretiert, mir ihre Verachtung zu zeigen), das mich späterhin ziemlich verwirrte, weil sie so ungemein nett zu mir war. Wir aßen zusammen zu Abend, und um dies nicht in eine pornographische Geschichte abgleiten zu lassen, sage ich nur, dass sie, als ich aufwachte, schon nicht mehr da war. Nur eine Nachricht: »Ich rufe dich an. Kuss.«

Sie meldete sich den ganzen Vormittag nicht. Am selben Abend (als ich eine Eisenwarenhandlung verließ, in der ich ein neues Käsemesser gekauft hatte) ging sie an mir vorbei, ohne mich zu erkennen, sie sah in ihren schwarzen Shorts superklasse aus. »Erkennst du mich nicht?«, protestierte ich und kniff ihr in den Hintern. Sie spielte die Überraschte und verpasste mir eine Ohrfeige, die vier Finger ihrer Hand auf meinem Gesicht hinterließ. Sie hieß mich einen unverschämten Frechling, eine Einschätzung, die ihren wiederholten Beteuerungen, mich nicht zu kennen, widersprach. Von der halben Stadt (die sich mit ihr solidarisierte) beschimpft und angegriffen, flüchtete ich in eine Seitengasse, wo ich sie wiedertraf, diesmal in einer extravaganten Bluse und einem roten, offen gestanden sehr kurzen Rock. Lächelnd fragte sie mich, ob ich mit ihr kommen wolle, und als ich sie fragte, wohin (eine absolut dumme Frage, die sich nur mit meinem Erstaunen darüber erklären ließ, wie sie es angestellt haben könnte, sich so schnell umzuziehen), schaute sie mich von oben bis unten an, schnalzte mit der Zunge und drehte mir den Rücken zu. Diese Gelegenheit nahm ich blitzschnell wahr und rannte los, bis zum Boulevard. Doch natürlich war sie auch dort und saß in Blau gekleidet auf einer Bank. Die Lage verschlimmerte sich, da sie zeitgleich ein paar Meter weiter in weißen Jeans ein Eis kaufte. Als der Abend hereinbrach, war sie überall: Entweder hatten alle Frauen ihr Gesicht oder ihr Gesicht reproduzierte sich in dem aller Frauen unter einem Mond, der sich wie alles um mich herum unendlich fotokopierte und dem Himmel das Aussehen von Computerdateien gab. Man braucht nun nicht besonders intelligent zu sein, um mir die Zukunft vorauszusagen und zu erraten, welches die nächste Stufe dieses kosmischen Komplotts sein würde: Als ich vor einem Zirkusplakat stand, drehte ein Mann, der es gleichfalls betrachtete, im selben Moment wie ich den Kopf um, und eine Sekunde lang wusste ich nicht, auf welcher Seite des Spiegels ich mich befand: Ein anderes Ich, verschieden von mir, schaute mich erstaunt an, ohne zu wissen, warum ich dieses Messer aus der Tasche zog. Ich fragte mich noch, ob ich es nicht, wenn ich es in ihn bohrte (in ihn und in all die, die, wie er, ich waren, ohne ich zu sein), auch in mein eigenes Herz bohren würde.

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