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2.1 Einheit von SpracheSprache und DenkenDenken (HumboldtHumboldt)

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Bis ins 19. Jahrhundert wurde nur das ÜbersetzenÜbersetzen der Heiligen Schrift und literarischer Kunstwerke als anspruchsvolle Aufgabe angesehen, die eine theoretische Erörterung überhaupt lohnt. Für die heiligen Schriften galt weiterhin wegen der Unantastbarkeit der Wortfolge die Interlinearversion (s. Kap. 1.3), und sonst legte man eine allgemeine Übersetzungsmaxime, eine Art idealer TreueTreue zum Originaltext und zum AutorAutors. Sender zu Grunde: oberstes Gebot war stets, die Stimme des Autors zu Gehör zu bringen. Dahinter steckt aber eine bestimmte Vorstellung vom „Geist der SpracheSprache“, die besonders in der deutschen Romantik formuliert wurde.

Wegweisend für dieses DenkenDenken war Wilhelm von HUMBOLDTHumboldt (1767–1835), der in der Einleitung1Störig zu seiner Übersetzung von Aeschylos’ Agamemnon (1816) feststellt, ein solches Werk sei „seiner eigenthümlichen Natur nach“ unübersetzbar (ebd.:80). HUMBOLDT sieht das Denken in Abhängigkeit von der MutterspracheMuttersprache: „Die SpracheSprache ist gleichsam die äußerliche Erscheinung des Geistes der Völker; ihre Sprache ist ihr Geist und ihr Geist ihre Sprache, man kann sich beide nicht identisch genug denken.“2Humboldt Sich eine Sprache aneignen, in eine KulturKultur hineinwachsen heißt, die Wirklichkeitsauffassungen und die Sprache, in der diese Kultur tradiert wird, zu übernehmen. Die Sprache ist kein beliebig austauschbares Anhängsel der Identität, sondern grundlegend für die je besondere Erfassung von Welt, für ihre Beschreibung und ihr VerstehenVerstehen durch den Einzelnen. Hierauf gründet die Vorstellung von der UnübersetzbarkeitUnübersetzbarkeit, die natürlich besonders für dichterische Texte geltend gemacht wird. HUMBOLDT3KollerHumboldt sagt:

Alles ÜbersetzenÜbersetzen scheint mir schlechterdings ein Versuch zur Auflösung einer unmöglichen Aufgabe. Denn jeder ÜbersetzerÜbersetzer muß immer an einer der beiden Klippen scheitern, sich entweder auf Kosten des Geschmacks und der SpracheSprache seiner Nation zu genau an sein OriginalOriginals. Ausgangstext oder auf Kosten seines Originals zu sehr an die Eigentümlichkeiten seiner Nation zu halten. Das Mittel hierzwischen ist nicht bloß schwer, sondern geradezu unmöglich.

Der Grund für die Unmöglichkeit liegt in der Verschiedenartigkeit der Einzelsprachen, weil „kein Wort einer SpracheSprache vollkommen einem in einer andren Sprache gleich ist“, und dies gründet in der Identität von Sprache und DenkenDenken:

Ein Wort ist so wenig ein Zeichen eines Begriffs, dass ja der BegriffBegriff ohne dasselbe nicht entstehen, geschweige denn fest gehalten werden kann; das unbestimmte Wirken der Denkkraft zieht sich in ein Wort zusammen, wie leichte Gewölke am heitren Himmel entstehen (Einleitung, S. 80).

HUMBOLDTS für die ÜbersetzungstheorieÜbersetzungstheorie eher pessimistische Vorstellung, dass der Gedanke mit der RedeRedes. parole eins sei, hat fortgewirkt, wenn es im Großen Brockhaus von 19804 zum ÜbersetzenÜbersetzen heißt:

Wenn SpracheSprache und Gehalt eine Ganzheit bilden – das gilt für dichter. Kunstwerke so gut wie für das alltäglich in individueller, bes. auch mundartlicher Färbung Gesprochene –, kann jede Ü. nur eine möglichst starke Annäherung an das OriginalOriginals. Ausgangstext sein. Freie Ü. oder Nachdichtung ist der Versuch, das OriginalOriginals. Ausgangstext im anderen sprachl. Medium gleichsam neu zu erschaffen.

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