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Vorwort

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Zeitzeugen aus den 50er Jahren werden rar. Wer sich für die dunklen Nachkriegskapitel der Zeitgeschichte unseres Volkes interessiert, hält hiermit eines der wertvollsten Bücher in der Hand. Raimund August ist es gelungen, auch in seinem zweiten Buch äußerst anschaulich, authentisch und plausibel Geschichte durch erlebte Geschichten aus dieser Epoche nachfolgenden Generationen nahe zu bringen.

Manches Mal wird sich der Leser fragen, wie jemand, der das hier Beschriebene als junger Mensch erleben musste, gesund alt werden konnte, ohne Schäden an Psyche und Körper davongetragen zu haben. Weder Larmoyanz noch Hass oder arrogante Überlegenheitsrhetorik grundieren das gelungene Kunstwerk.

Wer es mit dieser Haltung nur mittels souveräner Anwendung der Sprache schafft, Erlebtes, Erkanntes und Durchschautes ohne ideologische Vorgaben lebendig, also nachvollziehbar werden zu lassen, ist durchaus ein Künstler, auch wenn dieser unspektakulären Kunstrichtung innerhalb der Zeitgeistmoden wenig Aufmerksamkeit geschenkt werden sollte.

Raimund August hat sein Leiden produktiv gemacht, denn Leid kann Sinn gebären. Vor allem dem, der schon vor einer Handlung wusste, dass sie ein Risiko birgt. Insofern erlebte er seinen geheimen Widerstand gegen die SED-Diktatur und sowjetische Besatzung sowie die darauf folgende Leidenszeit in den Gefängnissen der frühen „DDR“ bewusster und souveräner als jene, die nur schuldlos Opfer eines Unrechtssystems wurden und dieses grausame Unglück mit dessen posttraumatischen Folgen nie verkraften konnten und können.

Schon für Aristoteles war das Martyrium einer gänzlich unverdienten Strafe „nicht tragisch, sondern grässlich“.

Dass Raimund August zusätzlich noch den gewaltlosen Zusammenbruch des gesamten Ostblocks und die Wiedervereinigung Deutschlands erleben durfte, wird er sicher, ganz im Gegensatz zu seinem ehemals „besten Freund“, der ihn einst verriet, als eine besondere Gnade zu genießen wissen. Doch auch wissend, dass es in der Geschichte kein ewiges „happy end“ geben kann, hat er sich nicht auf die faule Haut gelegt, sondern aufgeschrieben und gestaltet, was er besonders jungen Menschen mitzuteilen hat. Unsere dunkle Vergangenheit ist, wie jeder sehen kann, in der weiten Welt noch immer Gegenwart; und so wird es leider für alle, die an keine „Endlösung“ glauben, auch in Zukunft sein. Selbst über Deutschland und Europa ziehen wieder und wieder bedrohliche Wolken auf.

Es gibt Literatur und Kunst, die sowohl zum Leben nach dem Leben als auch zum Überleben unter widrigsten Umständen ermuntert. Dazu gehört dieses Buch.

Siegmar Faust

(politischer Häftling in Cottbus von 1974 bis 1976)

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