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VIII

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Der Bau der Berliner Mauer im Sommer 1961 beendete alle Jugendträume des späteren Ministers ohne Geschäftsbereich auf einen Schlag und ließ seinen Hass auf Staat und System der DDR ins Uferlose wachsen, so dass er schier dazu bereit gewesen wäre, dieses Konstrukt mit einer Waffe in seiner Hand zu bekämpfen, um dadurch zum Volks- und zum Freiheitshelden werden zu können, so wie weiland Thomas Müntzer!

Der Bau der verhassten Mauer stellte ihn über Nacht vor die Wahl, entweder allein und ohne Wohnung und Familie, ohne Geld und Einkommen, irgendwie im Westen zu bleiben, um in Dahlem sein Abitur abzulegen oder bei den Eltern im Ostteil der Stadt zu leben und sich als Nicht-FDJ-Mitglied an einer der dortigen Einheitsschulen mit den denkbar schlechtesten Chancen und Aussichten um das Abitur zu bemühen!

Unter der Last dieses beinahe übermächtigen Zwanges entschied er sich für den zuletzt genannten Weg. Umsonst!

Weil er nicht Mitglied des staatlichen Jugendverbandes der FDJ war und daher Zweifel an seiner friedensliebenden und patriotischen Einstellung zum sozialistischen Arbeiter- und Bauernstaat zumindest anzumelden waren, zumal vor den dubiosen Hintergrund seiner Herkunft aus dem als traditionelles reaktionäres und feudales Adelsnest verschrienen Ostpreußen, wurde ihm das Ablegen des Abiturs im Ostteil der Stadt verwehrt. Stattdessen sollte er sich zunächst erst einmal in der sozialistischen Produktion bewähren! Schließlich gab es auch noch den, zugegebenermaßen recht mühevollen, sogenannten zweiten Bildungsweg, der berufsbegleitend und per Abendschule ebenso zum Abitur geführt hätte!

Sein Fall jedoch war tief und den zahlreichen Rechnungen, die er in seinen Augen beim Arbeiter- und Bauernstaat bereits offen hatte, wurde nunmehr nur eine weitere offene Rechnung hinzugefügt!

Er begriff sich als ein herausragender Geist, als ein begabter und besonderer Mensch, dem hier aus lauter bornierter Behördenwillkür ein ihm vorbestimmter Berufs- und Entwicklungsweg mutwillig und mit bürokratischer Kaltherzigkeit verlegt wurde!

Und im Kanon seiner Einstellungen und Meinungen formte sich jener Begriff der staatlich gezielt organisierten und inszenierten Schikane.

Er begriff nicht, wie ein Nationalstaat in der Mitte Europas es wagen konnte, die eigene Bevölkerung einzumauern und dadurch einzusperren und auf diese archaische Weise gewaltsam zum Arbeiten und Dableiben zu zwingen. Noch weniger begriff er allerdings, wie die Bundesrepublik mit den USA an ihrer Seite tatenlos dabei zusehen konnte. Zeitweilig hätte er sich sogar einen Atomkrieg gewünscht! Zumindest hätte er die Zündung einer Atombombe durch die USA über dem Gebiet der DDR verstanden und akzeptiert, selbst um den Preis seines eigenen Lebens!

Er hätte es gut gefunden, wenn jene auf diese Weise dahin gerafft worden wären, die ihn quälten, indem sie ihn missachteten! Er hätte seinen eigenen Tod daher billigend dabei in Kauf genommen!

Die Erkenntnis der eigenen Ohnmacht angesichts bestimmter gesellschaftspolitischer Entwicklungen, die einen bedrückten, war ebenso schrecklich, wie die Mitteilung der Diagnose, wonach man unter Krebs im fortgeschrittenen Stadium leiden würde. Beides führt einem die eigene Bedeutungslosigkeit und Perspektivlosigkeit mit der denkbar größten Form von Brutalität vor Augen!

Malleus communisticarum oder der Stiefel Gottes

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