Читать книгу Malleus communisticarum oder der Stiefel Gottes - Ralph Ardnassak - Страница 8

VI

Оглавление

Ein Pendler zwischen den beiden Welten Berlins zu sein, hatte seinerzeit zahlreiche Vorteile, vor allem jedoch finanzieller Natur.

Auch Jakob, der Vater des späteren Ministers ohne Geschäftsbereich, war in den Westsektoren der Stadt beschäftigt und verdiente Westgeld, während man gleichzeitig von den niedrigen Lebenshaltungskosten im sowjetischen Sektor profitieren und das verdiente Westgeld dort teuer auf dem Schwarzen Markt in ein geradezu unanständig Vielfaches der im Westen verpönten Ost-Berliner Klebe- oder Tapetenmark umtauschen konnte.

Wie viele andere Familien, waren auch die Angehörigen des späteren Ministers ohne Geschäftsbereich Profiteure der Teilung der Stadt.

Man stieg im Ostteil der Stadt in die S-Bahn oder in die Straßenbahn und man fuhr damit ganz einfach in den Westteil. Dort war man vollständig in einer anderen Welt.

Weder die zeitweilige Berlin-Blockade und die Luftbrücke, noch der Aufstand des 17. Juni 1953 im Ostteil der Stadt, vermochten diese Idylle, in der man sich erfolgreich eingerichtet hatte, ernsthaft zu stören. Die Verhältnisse schienen für die Ewigkeit zementiert.

Zu Beginn der 1950er Jahre verätzte sich der spätere Minister ohne Geschäftsbereich beim Spielen mit einem Chemiebaukasten im Keller eines Freundes im heimischen Köpenick die Hornhaut in beiden Augen.

Unerfahren und in heller Panik rieb sich der spätere Minister ohne Geschäftsbereich laut schreiend die Augen, anstatt die Verätzung mit reichlich klarem fließenden Leitungswasser zu spülen.

Auch musste die Mutter desjenigen Freundes, in dessen Keller sich der Unfall ereignet hatte, aufgrund der schlechten Versorgung Ostberlins mit den knappen und geradezu kostbaren privaten Telefonanschlüssen fast eine Viertelstunde durch die Straßenzüge der Stadt laufen, ehe sie eine öffentliche Telefonzelle fand, von der aus die einen Krankenwagen alarmieren konnte.

In der Poliklinik des Krankenhauses wurde der spätere Minister ohne Geschäftsbereich schließlich durch Augenärzte behandelt. Allerdings war bereits zu viel Zeit verstrichen, so dass eine zumindest teilweise, wenn auch minimale Trübung der Hornhaut zurück blieb.

Jakob, der Vater, schimpfte lauthals auf die schlechte und seiner Meinung nach schlampige medizinische Versorgung der Bevölkerung im Ostteil der Stadt und meinte resigniert, das Augenlicht seines jüngstes Sohnes hätten ebenfalls die verdammten Kommunisten auf dem Kerbholz. Ebenso, wie den Verlust von Hab und Gut in Ostpreußen.

Eine Bemerkung, die sich bei dem späteren Minister ohne Geschäftsbereich unauslöschlich einprägte. Mit einer erhofften Tätigkeit als Flieger oder Flugzeugführer würde es nun aufgrund der zumindest teilweise vorhandenen Sehbehinderung, die das lebenslange Tragen einer starken Brille erforderlich machte, endgültig vorbei sein. Eine schwere Schuld, die er der DDR zeitlebens anklagend anlastete und die er ihr nie vergab. Es blieb nun lediglich die Alternative, den messianischen Traum aus der frühesten Kindheit in Ostpreußen wieder aufzunehmen, um ihn fort zu spinnen. Der spätere Minister ohne Geschäftsbereich beschloss notgedrungen, ein evangelischer Pfarrer zu werden!

Malleus communisticarum oder der Stiefel Gottes

Подняться наверх