Читать книгу Im Südwesten Kretas - Ralph Schroff - Страница 19

Chania 20.09.

Оглавление

Nach zehn Tagen in Chora Sfakion verließen wir zum ersten Mal den Ort und machten unseren ersten Ausflug nach Chania. Zum einen wollten wir unsere Heiratsurkunde beglaubigen lassen und andererseits Elena und Felix abholen. Zunächst gelang es uns ein Leihauto für den Tag zu bekommen, was im Nachhinein eine glückliche Fügung war und keinesfalls so selbstverständlich wie es klingt, was einige vergebliche Versuche später noch zeigen sollten. Mit einem Tiropita zur Stärkung sind wir frühzeitig losgefahren und haben die weißen Berge Richtung Norden nach Vrisses und Chania überquert, wo ich hartnäckig eine Autobahnausfahrt nach der Anderen ignorierte, bis Chania hinter uns lag, was mir einen verwunderten Blick einbrachte, aber wir kamen gut an und fanden einen Parkplatz an der Markthalle; was wir hingegen vergeblich suchten, war ein Taxi für die Fahrt zum Apostillenamt in Souda. Kreuz und quer liefen wir durch Chania und sahen nirgends ein Taxi, weder auf der Straße noch an den Taxiständen, wie wenn der Erdboden alle verschluckt hätte, bis uns nach einer gefühlten Ewigkeit das Glück hold war und ein Taxi uns nach Souda hinausfuhr. Der Rest der Aufgabe war hingegen überraschend schnell von Erfolg gekrönt. Nach fünf Minuten hatten wir alle Stempel auf unseren Urkunden und ein Taxi für die Rückfahrt wurde uns obendrein bestellt.

Anschließend haben wir uns ein wenig in Chania umgesehen, Oliven und Kaffee gekauft, aber vergeblich den Schreibwarenladen gesucht, in dem wir einst mein erstes Komboloi gekauft hatten. Dann war es an der Zeit zurück zum Busbahnhof zu gehen und Elena und Felix in Empfang zu nehmen. Als wir ankamen, warteteten sie bereits, waren fünf Minuten zuvor mit dem Bus aus Heraklion angekommen und blickten sich neugierig um. Es war schön in Elenas strahlendes Gesicht zu schauen, sie in meine Arme zu schließen und wir freuten uns, dass sie sich die Zeit genommen haben uns in Chora Sfakion Gesellschaft zu leisten, bevor sie sich daheim auf ihr Abschlussexamen vorzubereiten hatten.

Unter der Führung von Karen gingen wir zur Markthalle, um das Gepäck im Auto zu verstauen. Anschließend führte sie uns durch Chania und zeigte den Kindern auf ihren teils verschlungenen Wegen die Stadt. Wir gingen an diesem warmen sonnigen Nachmittag an der Plateia von 1821 vorbei hinunter zum Hafen und kamen am Fischereihafen heraus. Dort hat man einen schönen Blick auf die Hafenbefestigung, die sich hinaus zum Leuchtturm erstreckt, sieht die Boote im Hafen und die eindrucksvollen Arsenale um den Hafen herum, welche es mir in besonderem Maße angetan haben. Von den einst 23 Tonnengewölben, die einst dem Schiffsbau und als Lagerräume dienten, sind sieben erhalten geblieben; fünf auf der südlichen Seite und zwei weitere rahmen im Osten diesen Teil des Hafens ein. Zusammen schlenderten wir am Hafen entlang zur Moschee an dem großen Hafenbecken, die heutzutage eine Ausstellungshalle ist und diesem Teil des Hafens sein unverwechselbares Gesicht gibt. Um uns herum wurde es lebendiger und überall war man von Touristen umringt, manche in Kutschen, während andere wie wir um den Hafen schlenderten. Die Tavernen waren gut gefüllt und keiner der nicht diesen berühmten Hafen photographieren würde. Er ist zu pittoresk, als dass das man es auslassen könnte. Die Moschee ist das markanteste Bauwerk des venezianischen Hafens und der Leuchtturm sein Pendant draußen an der Einfahrt in diesen bezaubernden Hafen, den man von unendlich vielen Bildern und Postkarten kennt. Er ist malerisch anzuschauen und von Tavernen und Cafés umringt, die alle um Touristen werben, damit sie ein wenig Zeit in ihnen verbringen. Pferdekutschen und Glasbodenboote, Andenkenläden und Straßenverkäufer inmitten der dichter werdenden Menschenmenge. Der Hafen ist der Anziehungspunkt Chanias für Touristen, die sich von hier aus in die Einkaufsstraßen der Altstadt begeben, um sich anschließend hier davon zu erholen. Es herrscht ein stetes Kommen, Verweilen und Gehen.

Auch wir sind durch eine der Einkaufsstraßen in Richtung der Markthalle weitergegangen, an der Kathedrale von Chania vorbei und gönnten uns in der fast leeren Halle ein verspätetes Mittagessen zur Stärkung für den Weg über die Berge nach Chora Sfakion. Die Markthalle ist ein eindrucksvolles Gebäude, kreuzförmig mit Eingängen von allen vier Seiten, die sich in der Mitte treffen. Ursprünglich war sie Anfang des letzten Jahrhunderts errichtet worden, um die über die Stadt verstreuten Einkaufsmöglichkeiten in einem Ort zusammenzuführen. Neben den unvermeidlichen touristischen Läden erfüllt sie heute noch diesen Zweck und alle Produkte des täglichen Lebens sind hier erhältlich. Es gibt Metzgereien und Fischläden, Bäckereien und Lebensmittelläden, Oliven, Olivenöl und Käse werden in unendlicher Vielfalt angeboten. Man kann Raki, Ouzo und Wein, Honig, Gewürze oder getrocknete Früchte erwerben und vieles mehr, was das Herz begehrt. Es befinden sich auch mehrere Tavernen in der Halle, in denen man vorzüglich essen kann, die am Vormittag gut besucht sind, wie überhaupt die Markthalle von Lebendigkeit widerhallt, bevor es im Laufe des Nachmittags ruhiger wird und der Markt am frühen Abend seine Pforten schließt. Im Dezember sollten wir von unserer Dachterrasse aus einen wunderbaren Blick auf das Dach dieses imposanten Gebäudes haben und einen Eindruck seiner Größe und Eleganz gewinnen. Es war stets eine Freude hier einzukaufen und die Markthalle erfüllt ihren Zweck heute so gut wie vor hundert Jahren. An seiner westlichen Seite gibt es zudem jenes Kafeneio, welches wir zu gerne aufsuchen, um uns darin ein wenig von den Anstrengungen des Tages zu erholen.

Auf der Fahrt über die Berge haben die Kinder ihre Augen ein wenig ausgeruht und bis Vrisses wenig von der Umgebung mitbekommen. Es war ein langer Tag für sie mit einer schlaflosen Nacht auf dem Flughafen von München und einem sehr frühen Flug nach Heraklion. Wir sind hinauf in die weißen Berge gefahren, haben Kares erreicht und auf der Rückbank wurde wieder in die Landschaft hinaus geblinzelt. Die wenigen Straßen von Sfakia bieten oftmals phantastische Ausblicke und sind eingebettet in eine atemberaubende Landschaft. Die Straße von Kares nach Imbros mäandert durch die Hochebene von Askifou, auf der östlichen Seite das Grün der Ebene, eine seltene Farbe in diesen Bergen, auf der westlichen Seite die Ausläufer der Berge bis die Straße nach Imbros kurvenreicher wird und die Ebene in die Imbros-Schlucht übergeht. Im Westen ragen nun die Berge empor, im Osten fallen sie zur Schlucht hinunter und die Straße mutiert zu einer Passstraße, die sich an den Berg schmiegt. Nach drei kurzen Tunneln fällt die Straße zur Südküste Kretas ab und führt in engen Serpentinen zur Küste hinunter. Jede Serpentine bietet neue grandiose Ausblicke. Das Blau in Blau von Meer und Himmel der Südküste Kretas, am Horizont ineinanderübergehend und in der Entfernung kann man Gavdos mehr erahnen als sehen. Mit jeder Kurve neue phantastische Aussichten, die sich in allen Schattierungen von Blau zu einem spektakulären Ganzen zusammenfügen. Wenn man zur östlichen Seite hinüberschaut, erblickt man eine Spielzeuglandschaft an dieser unwirklich imposanten Küste, die zu weit entfernt ist, um Einzelheiten erkennen zu können, wenn man nicht um sie wüsste.

Auf halber Strecke halten wir an, um die Landschaft ungestört zu bewundern. Ich kann mich erinnern, wie ich gestaunt habe als wir vor acht Jahren das erste Mal an derselben Stelle standen und den Ausblick genossen und in uns aufgesogen haben. Die Landschaft ist ein Gemälde, von dem man nicht genug bekommen kann. Zur Linken sieht man die Küstenebene östlich von Komitades zwischen steil aufragenden Bergen und dem Meer gelegen, eine grüne Oase in der Kargheit der Berge und an der Küste kann man um das Kastell von Frangokastello ahnen. Winzig sieht es aus, angesichts der Größe der Landschaft wie verloren.

Die Straße fällt weiter Serpentine um Serpentine ab, kommt an einer stillgelegten Tankstelle vorbei, um am Ende tatsächlich auf die Küste zu stoßen. An einer Taverna geht sie im Osten hinüber nach Komitades, während wir fünf Kilometer nach Westen weiterfahren, an der Mülldeponie vorbeikommen, die malerisch gegenüber einer Hotelanlage gelegen ist und auf Chora Sfakion stoßen. Wir nehmen die Straße hinunter zur Plateia, geben den Mietwagen zurück und gehen den weiten Weg zum Hotel Stavris.

Im Kafeneio haben wir uns ein wohlverdientes Bier gegönnt, mit Giorgis einen Raki zur Begrüßung getrunken und den Kindern ihr Zimmer gezeigt, welches heller und luftiger als unser eigenes ist, aber keine Kochgelegenheit hat. Da es noch angenehm warm war, entschlossen wir uns zum Strand hinunterzugehen, um dort ein wenig zu schwimmen, uns zu erfrischen und die Lebensgeister zu wecken. Neben meiner Terrasse einer der schönsten Orte Chora Sfakions. Mit eben jener habe ich sie danach bekannt gemacht, ihnen die Wäscheleine für die Badesachen gezeigt, zusammen die Aussicht genossen, ein Bier dazu getrunken und auf die Ankunft der Daskalogiannis gewartet. Nach Strand und Terrasse fehlte nun noch das Lefka Ori, wohin wir uns zum Begrüßungsessen begaben. Das hatten sich Elena und Felix nach ihrem langen Tag mehr als verdient. Wir haben sie mit Giorgos und Giannis bekannt gemacht und jenen versichert, dass sie bei Weitem nicht so viel Raki trinken würden wie wir. Anschließend hatten wir ein weitgehend vegetarisches Begrüßungsfest, durften uns nach Herzenslust an Gerichten versuchen, die wir sonst nicht so oft bestellen wie das exzellente Moussaka, die gefüllten Gemüsegerichte oder Feta Saganaki, dazu kleine Fische und gegrillter Tintenfisch, man kann auch zu viert zu viel bestellen. Wir gehen gerne hierher, fühlen uns gut aufgehoben und freundlich umsorgt. Auch heute verlebten wir einen vergnüglichen Abend und am Ende sind es doch ein paar Raki geworden. Wir saßen zu bequem, um zeitig aufzustehen und haben die Atmosphäre in der lauen Sommernacht und die Gesellschaft der Kinder genossen. Ein wunderbarer Abend, den wir mit einem Verdauungsspaziergang hinunter zum neuen Hafen abrundeten.

Im Südwesten Kretas

Подняться наверх