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Vorwort

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1971, das Jahr, in dem Ram Dass’ Buch Be Here Now zum ersten Mal erschien, war eine turbulente Zeit. Überall gingen die Menschen auf die Straße und protestierten gegen den Vietnamkrieg. Die überschäumende Begeisterung für psychedelische Drogen und Rockmusik, die neugewonnene sexuelle Freiheit, der Feminismus, der Umweltschutz und die Hippiekommunen, die aufs Land zogen, veränderten alles bisher Dagewesene. Die psychedelische Bewusstseinserweiterung vermengte sich mit dem Buddhismus, dem Hinduismus sowie der Spiritualität des New Age und lockte mit innerer Befreiung.

Doch diese idealistischen Visionen wurden bald von der Realität eingeholt. Der Tod der Studenten an der Kent State University und von Rock ’n’ Roll-Helden wie Jimi Hendrix, Janis Joplin und Jim Morrison, wirkten ernüchternd. Woodstock war vorbei. Jetzt erwachten alle am Morgen nach der großen Party, rochen den Kaffee und mussten irgendwie weitermachen. Nun galt es, den Grundstein für einen wahren Wandel zu legen.

Richard Alpert, einer der Kollegen und psychedelischen Weggefährten von Professor Timothy Leary in Harvard, wurde – wie dieser – 1963 gefeuert. Nach ihrer Zeit in Harvard betrieben sie ein „Exploratorium“ der Gegenkultur in Millbrook im Staat New York. 1966 ging Alpert nach Indien. Er kehrte zurück als Ram Dass, ein Yogi aus dem Westen, und wurde bald zu einem Impulsgeber der östlichen Spiritualität im gesamten Westen.

Nach einer zweiten Indienreise von 1970 bis 1972 war Ram Dass erneut unterwegs und hielt zweieinhalb Jahrzehnte lang unermüdlich Vortrag um Vortrag. Immer wieder vermittelte er – mit seinem Humor, mit Anekdoten und Zitaten – den Wechsel vom westlichen Leistungsparadigma „Bring es zu etwas“ oder „Mach etwas“ hin zur Ruhe des Geistes und dem Sein im Augenblick, der Gegenwärtigkeit, der Achtsamkeit und Liebe – des reinen Seins. Indem er radikal über seine eigene frühere Erfahrung hinausging, beschrieb und manifestierte er in sich selbst einen neuen Geisteszustand, den ihm sein Guru in Indien übermittelt hatte. Daraus erwuchs manche spirituelle Knospe. Tausende hörten die Botschaft und veränderten daraufhin ihr Leben.

Als sein handgefertigtes Buch Be Here Now schließlich veröffentlicht wurde, war das eine neue Stimme im gegenkulturellen Lärm der 1970er. Eine Kommune von Künstlern hatte es in den Bergen im Norden von New Mexico produziert und auf braunes Verpackungspapier gedruckt. Es wirkte eher wie ein moderner Comic oder ein Kunstband als ein bloßer Text. Be Here Now war Ausdruck einer neuen Lebensart: Plötzlich gab es mitten im Mainstream des Verlagswesens eine handgebundene, gegenkulturelle Bedienungsanleitung für das eigene Bewusstsein.

Und das kam an. Wer es gelesen hatte, reichte es an seine Freunde weiter, und so verwandelte es sich in eine Art New- Age-Bibel. Wie ein Kieselstein, der in den kulturellen Teich des Bewusstseins geworfen wurde, erzeugte Be Here Now Wellen, die man heute noch spürt – im Slang der Gegenwart, in der Yoga-Kultur, im Titel von Radiosendungen wie Here and Now, in dem steten Strom der New-Age-Literatur, der sich über die spirituelle Landschaft ergießt.

Be Here Now war aber kein reines Medienphänomen, sondern Teil des kulturellen Bewusstseinswandels. Heute bekennen sich immer mehr Menschen zu einer konfessionell nicht gebundenen Spiritualität. Die Baby Boomer, die langsam in die Jahre kommen, beschäftigen sich ganz offen mit dem Leben und dem Tod. Yoga gilt nicht mehr als exotischer Import aus dem Osten, sondern ist zu einer weltweiten Subkultur geworden. Im Zeitalter des Internets überwindet die Gegenwärtigkeit Raum und Zeit; wir leben eingebettet in einem virtuellen Augenblick. Wir reisen gemeinsam auf einer blauen Murmel durch das All, dabei wächst unser planetarisches Bewusstsein und Grenzen lösen sich auf. Wie Ram Dass gern sagte: „Aus ihnen wird wir.“

Für Millionen von uns hat Be Here Now die Tür zu unserem tieferen Selbst geöffnet. Es hat den Wirbel und Aufruhr der Innenschau beruhigt und vielen von uns die ersten Schritte auf dem Pilgerweg ins eigene Herz ermöglicht. Seit den 1960er Jahren hat uns der verschlungene Weg der Selbsterforschung um viele Ecken und in so manche Sackgasse geführt. Die innere Vision ruft uns immer noch, und wir folgen ihr.

Be Here Now hat unsere Sichtweise verändert - von dem, was wir glaubten, was los sei, zu einem Blick auf das Leben als spirituelle Reise. Ein Kapitel des Buches versorgte uns Menschen aus dem Westen mit spirituellen Übungen und Yoga. Die einfache Botschaft lautete: „Jetzt hast du das Licht gesehen – und so lebst du in ihm.“ Dieses Buch ist nach wie vor eine essenzielle Quelle, auch der immerwährende Imperativ des kryptischen Buchtitels gilt nach wie vor: Sei völlig gegenwärtig im Augenblick. Sei einfach!

Unser Bewusstsein vom Chaos und von Anhaftungen zu reinigen, damit wir einfach jetzt und hier sind, ist schwierig und fordert uns heraus – ein Spiel auf vielen Ebenen. Sobald man sich auf ein Teil des Bewusstseins-Puzzles konzentriert, erheischt unwillkürlich etwas anderes, noch schwierigeres unsere Aufmerksamkeit. Wie Ram Dass meint: „Der Geist ist ein herrlicher Diener, aber ein schrecklicher Herr.“

Auch das Bild vom Polieren des Spiegels ist eine vielschichtige Metapher: Das Bewusstsein an sich ist ein Spiegelsaal. Eine der Haupteigenschaften der menschlichen Seele ist ihre Fähigkeit, die eigene Existenz zu reflektieren. Nachdenken über sich selbst, Introspektion, Selbsterforschung – wie immer wir das auch nennen – führt uns durch viele Zwiebelschichten hindurch in unser innerstes Sein, von unseren alltäglichsten, wiederkehrenden Gedanken bis zu den erhabensten Geisteszuständen der reinen Bewusstheit und bedingungslosen Liebe, der Einheit oder dem Gottes-Bewusstsein.

Diese innere Reflektion mag auch als Prozess des Bezeugens betrachtet werden, des einfachen Beobachtens unserer eigenen Handlungen, Gedanken und Gefühle aus einer Haltung der Toleranz und Liebe heraus. Dieses Betrachten trägt dazu bei, dass wir uns von den äußeren Phänomenen und körperlichen Erfahrungen lösen, ebenso wie von unseren Gedankenkonstrukten, unseren ureigenen Geschichten, die so viel Aufmerksamkeit beanspruchen.

Das Beobachten ändert auf subtile Art, wie wir uns selbst identifizieren. Wir sind nicht mehr länger der Protagonist unserer eigenen Lebensgeschichte, der sich im Aufruhr unserer Gedanken und Erfahrungen befindet, sondern erkennen Gedanken und Erfahrungen als Phänomene, die im stillen Spiegel unseres inneren Seins reflektiert werden. Wir sind nicht mehr der Star unserer eigenen Show, sondern ein liebevoller Beobachter des Spiels.

Mit diesem Ortswechsel der inneren Identität geht ein Prozess der externen Reflektion einher, weil unser inneres Sein sich in jeder Erfahrung der Außenwelt spiegelt und auf diese projiziert wird. Durch geduldige spirituelle Übung können wir unsere externe Erfahrung immer stärker mit unserem inneren Sein in Übereinstimmung bringen. Das nennt man Yoga – nicht nur das Yoga für den Körper, sondern auch das Yoga des Verstandes (jnana yoga), das Yoga des Herzens (bhakti yoga) und das Yoga des selbstlosen Tuns (karma yoga).

Wenn die Schleier der Illusion allmählich durchsichtig werden, wenn wir erkennen, wie begrenzt unsere Identifikation ausschließlich mit unseren Gedanken und Erfahrungen, mit der sogenannten Wirklichkeit ist, beginnen wir, den reineren Seinszustand widerzuspiegeln. Nehmen wir den Staub der Unreinheit und Anhaftung vom Spiegel unseres Herz-Geistes, dann können wir das spirituelle Licht reflektieren. Wenn die Schichten immer durchlässiger werden, dann strahlt das Licht durch uns und wir leben in einem weniger von Inhalt belasteten, immer klareren Zustand der Bewusstheit. Bewusstheit des Herzens erblüht zur Liebe, zum Mitgefühl, zur Weisheit.

Polieren wir diesen Spiegel, so löst sich der Prozess der Selbstreflektion durch das Beobachten und die Harmonisierung unseres externen Erlebens mit unserem wahren Sein, wenn wir uns vollständig mit unserer Seele identifizieren. Diese Schichten des Seins verschmelzen mit unserem spirituellen Herzen. Vielleicht kommt danach ein weiterer Schritt, wenn wir uns nicht mehr als abgetrennte Wesen erleben, wenn die paradoxe Beziehung von Subjekt und Objekt ins Eins-Sein aufgeht. Doch für diesen letzten Schritt benötigen wir etwas, das wir „Gnade“ nennen.

Wenn wir solch eine Reise der Selbst-Reflektion in Begleitung eines Führers oder Gurus unternehmen, erhalten wir die notwendigen Rückmeldungen, um konzentriert zu bleiben und uns nicht nur von unseren eigenen geistigen Umwegen, sondern auch von den astralen und feinstofflichen Ebenen ablenken zu lassen. Der wahre Guru spiegelt unser innerstes Wesen, unser wahres Selbst, weil er oder sie bereits an diesem Ort ist. Die liebende Bewusstheit eines Gurus bezüglich unserer Reise, und zwar auf jeder Ebene, ist wie ein Leuchtturm, der uns ständig unseren Weg weist.

Dieses Buch mit Ram Dass’ Lehren hält das Handwerkszeug bereit, das den Geist beruhigt, das Herz öffnet und zum Eins-Sein führt. Diese Lehren bieten praktische Lösungen, wie man jetzt hier ist. Betrachte dieses Buch als Reiseführer auf dem Weg ins Nirgendwo (oder ins Hier und Jetzt), als einen praktischen Ratgeber, wie man den wertvollen inneren Frieden und die spirituelle Wiedervereinigung findet.

Die Methoden sind einfach, der Weg ist subtil. Wir sind so nah – nur einen Gedanken entfernt!

Nur du selbst kannst herausfinden, ob das Polieren des Spiegels für dich stimmig ist. Du merkst es, wenn du innerlich ruhiger wirst, liebevoller und mitfühlender, friedlicher und gegenwärtiger, zufriedener mit deinem Leben.

Wie bei jeder inneren Arbeit gibt es viele Möglichkeiten, sich selbst zu täuschen. Das Ego verwandelt sich mühelos in ein neues, spirituelles Ego: „Aber hallo! Jetzt bin ich wirklich spirituell!“ Mit seinem Humor und weil er über seinen eigenen Weg und seine Stolpersteine so aufrichtig erzählt, ist Ram Dass das ideale Vorbild. Haben wir mit uns selbst so viel Mitgefühl und Geduld wie er es hat und nehmen wir uns selbst nicht zu ernst. Letzten Endes gibt es gar nichts zu erreichen. Wir lassen nur zu, dass wir einfach sind.

In Liebe

Rameshwar Das

Einfache Wahrheit

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