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I.1.D.e. Verschriftlichung, Redaktion und Wirkungsgeschichte

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Die Apophthegmata sind die verschriftlichte Form einer geistlichen Unterweisung, die ursprünglich mündlich vorgetragen und wohl auch zunächst über längere Zeit mündlich überliefert worden ist. Die mündliche Form ist durch die Betonung des Logions weitestgehend beibehalten. Die einzelnen Stücke stehen zumeist für sich und sind in sich abgeschlossen. K. Heussi will „an nicht wenigen Stellen“ eine Sachordnung durchschimmern sehen, kann dann aber nur immer zwei oder drei Stücke zu kleinen Sacheinheiten zusammenbinden143, was nicht sehr überzeugt. Die alphabetische Ordnung stammt vom Redaktor.144

Die ursprünglich mündliche Überlieferung dürfte zum ganz großen Teil koptisch gewesen sein, denn die Mehrzahl der sketischen Mönche waren „koptisch145 sprechende Angehörige der einfachen Landbevölkerung.“146

Die Verschriftlichung allerdings erfolgte im Griechischen, auch wenn man u.U. kleinere koptische Sammlungen annehmen kann. Die Sammlung ist nach dem griechischen Alphabet angelegt, auch die Einteilung der Sachkapitel dürfte griechischem Denken entsprungen sein.147

Wie die Vorrede des Redaktors verdeutlicht, ist das primäre Interesse die Unterweisung derer, „die bestrebt sind, nach der himmlischen Lebensweise zu leben und einen Weg zu beschreiten, der zum Königreich der Himmel führt.“148 Da die heiligen Väter bestrebt gewesen seien, ihr Leben im Verborgenen zu führen und nichts um der Schau willen zu tun, sei es unmöglich, dieses tugendhafte Leben genau zu beschreiben. Weniges sei dennoch überliefert worden, das aufgezeichnet wurde, „nicht, um jenen Männern zu Gefallen zu sein, sondern, um damit die Späteren zur Nacheiferung anzuregen.“149 K. Heussi greift dies auf und weist nach, daß „die Überlieferung sich nicht aus irgendeinem historischen oder biographischen, sondern rein aus asketisch-lehrhaftem Interesse bildete. ... Dieser Sachverhalt ist sehr aufschlußreich. Er läßt erkennen, daß das leitende Interesse, das bei der Bildung der Tradition wirksam war, am Sachlichen haftete, an der vorbildlichen Askese, und daß die Personen zunächst lediglich zur Verdeutlichung der Sache dienten.“150 Von daher ist nicht verwunderlich, wenn sich aus den Apophthegmata meist keine Viten der Mönchväter rekonstruieren lassen. Die Namen wären zum größten Teil austauschbar und zeigen nur rudimentäre typische Charakterzüge einzelner Gestalten.151 Was die Apophthegmata als Geschichtsquelle liefern, so W. Bousset, ist das Bild des sketischen anachoretischen Mönchslebens, das noch ganz wenig Vermittlung mit dem koinobitischen Ideal eingegangen war.152 K. Heussi sieht das differenzierter. Er listet die verschiedenen Orte außerhalb der Sketis auf und formuliert am Ende seiner Untersuchung: „Man gewinnt den Eindruck, daß die Apophtegmen nicht ausschließlich, aber doch ganz überwiegend sketischen Stoff bieten, zugleich aber, daß ein sehr lebhafter Verkehr unter den ägyptischen Anachoreten bestand, so daß man - mit der nötigen Vorsicht - die Apophtegmen als Quelle für das ägyptische Anachoretentum dieser Zeit überhaupt verwenden kann.“153 Die Sammlung verbreitete sich schnell, wurde in den Klöstern vorgelesen, von den späteren Autoritäten zitiert und in verschiedenen Klöstern auch angereichert und durch neue Sprüche eweitert, so daß eine lebendige Überlieferungsgeschichte zu verzeichnen ist. Nicht nur im sketischen Mönchtum, sondern auch darüber hinaus wurden die Apophthegmata an Wert und Bedeutung neben die Hl. Schrift, manchmal sogar darüber gestellt.154 „Die Apophthegmata finden sich, wenigstens bruchstückweise, in allen alten Sprachen wieder: ein Beweis ihrer erstaunlichen Ausbreitung und des unvergleichlichen Wertes dieser Dokumente für die Geschichte der mönchischen Frömmigkeit des 4. und 5. Jahrhunderts. Sie sind mehr als irgend ein anderes Buch gelesen worden.“155 Diese Quellenlage und Einschätzung berechtigt uns, in dieser Arbeit, die Apophthegmata Patrum als Hauptquelle für die Beschreibung und Charakterisierung der Geistlichen Begleitung in der Zeit des Anachoretentums zu benutzen.156 Wie gezeigt handelt es sich bei den Apophthegmata Patrum um ein „Florilegium“, eine Blütenlese von Episoden, Sprüchen etc. verschiedenster Väter und Mütter, „Momentbilder des Mönchlebens“157 über einen längeren Zeitraum in einem geographisch eingrenzbaren Gebiet. Diese literarische Konzeption macht es nicht möglich, ein theoretisches Konzept des Mönchtums der Sketis schlechthin zu entwickeln. Dies geht auch nicht für einzelne Väter, da entweder das Material zu dünn ist oder wie im Fall des Abbas Poimen, das Material wohl reichen würde, seine Überlieferung aber im Sinne der sicheren Urheberschaft des Poimen für die unter seinem Namen überlieferten Geschichten zumindest hinterfragbar, wenn nicht zweifelhaft ist. Daraus folgt, daß sich einige Grundlinien ziehen lassen, sehr wohl aber auch gegenläufige Tendenzen festzustellen sind und sich für die eine oder andere Beobachtung sehr schnell das genaue Gegenteil finden läßt. Doch lassen sich diese gegenläufigen Tendenzen nicht gegeneinander ausspielen, sondern sie müssen nebeneinander stehenbleiben, da es garnicht Anliegen der Apophthegmata ist, eine Theorie158 aus einem Guß vorzustellen, sondern Geschichten zu erzählen und so das Bild der Väter und Mütter der Sketis in seiner Buntheit und manchmal widersprüchlichen Pluralität plastisch werden zu lassen. „Da es kein ausdrückliches Interesse an Instruktionsmethoden und auch keine Ausbildung gab, zeigt sich das personale charismatische Wesen der Meister-Schüler-Beziehung nur in der großen Vielfalt von konkreten Geschichten, die in den Spruchsammlungen auf uns gekommen sind; ihre Spiritualität ist so verschieden und mannigfaltig wie die Persönlichkeiten der Meister159.“160

So sind die folgenden Kapitel jeweils als der Versuch zu verstehen, verschiedene Beobachtungen in Auseinandersetzung hauptsächlich mit den Apophthegmata zu formulieren und aus ihnen in einer gewissen Systematisierung einen Eindruck von der Geistlichen Begleitung im alten anachoretischen Mönchtum zu gewinnen. Dieser Eindruck läßt sich aufgrund der literarischen Struktur der Quelle nicht als abstraktes theoretisches Konzept formulieren, sondern als Systematisierung von Einzelbegegnungen, Erfahrungen und Geschichten. Dies ist also eher der Versuch, in einer Art Collagentechnik ein Bild der Geistlichen Begleitung entstehen zu lassen, das in sich richtig ist, da sich alle Einzelteile belegen lassen, das gleichzeitig aber nicht glatt und homogen ist, sondern Verwerfungen, Brüche und Gegensätzlichkeiten aufweist. So gab es schlußendlich die Geistliche Begleitung der Wüstenväter überhaupt nicht, sondern es gab Geistliche Begleiter, in deren Handeln oder besser in deren Haltung sich Linien einer Begleitung finden lassen, die man mit Einschränkungen als typisch bezeichnen kann.

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