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3. Kriegsheirat

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Ohne den Krieg wären die Schmidts vielleicht kein Ehepaar geworden. Die standesamtliche Hochzeit von Hannelore und Helmut Schmidt datiert auf den 27. Juni 1942 – der von Hitler-Deutschland entfachte Krieg währte da bereits fast drei lange Jahre. Zwar kannten die beiden sich seit ihrer Kindheit, dennoch sind die näheren Umstände ihres Eheversprechens so stark durch den Krieg geprägt, dass man von ihrer Ehe ohne Zweifel als einer typischen »Kriegsehe« sprechen kann.

Nach dem Ende ihrer gemeinsamen Schulzeit hatten sie sich so weit voneinander entfernt, dass in den Monaten vor und nach Beginn des Krieges eine gemeinsame Zukunft für beide weit außerhalb ihrer Vorstellungen und Wünsche lag. Für Helmut Schmidt lag die Zukunft im Sommer 1939 nicht einmal mehr im vertrauten Hamburg. Im Herbst ging seine Wehrpflichtzeit zu Ende, und er war fest entschlossen, eine berufliche Laufbahn außerhalb der Grenzen des Deutschen Reichs anzustreben. Während seines Wehrdienstes hatte er auch von seiner früheren Freundin und Klassenkameradin Loki Glaser Abstand gewonnen. Im Jahr 1939 kommt der Name Loki in seinen Aufzeichnungen nur noch vereinzelt, 1940 nicht ein einziges Mal mehr vor. Der Rekrut und spätere junge Soldat hatte inzwischen an seinem Standort Grohn bei Bremen andere junge Frauen kennengelernt, vor allem entwickelte er eine schwärmerische Beziehung zu der Malerin Olga Bontjes van Beek, die im nahe gelegenen Künstlerort Fischerhude lebte.

Lokis Beziehung war vor Kriegsbeginn zerbrochen, dennoch unternahm sie keinerlei Versuche, mit ihrem ehemaligen Klassenkameraden Helmut einen intensiveren Kontakt, geschweige denn eine Beziehung, aufzunehmen. Im Sommer 1939 besuchte sie ihn noch ein Mal. Mit dem Rad fuhr sie von Hambergen, wo sie ein Landschulpraktikum absolvierte, ins nahe gelegene Grohn, dem Standort des Rekruten Schmidt, um ihn dort zu treffen. »Wir waren uns damals aber recht fremd«,[54] so ihre Erinnerung. Danach verloren sie sich für mehr als eineinhalb Jahre völlig aus den Augen.

Ab Anfang 1941 entwickelte sich dann aber erneut ein Briefkontakt zwischen den beiden. Helmut war inzwischen in Berlin stationiert, Loki war mit einer Mädchengruppe ihrer Hamburger Schule für ein Jahr in die sogenannte Kinderlandverschickung nach Franken dienstverpflichtet worden. Bis in den Sommer 1941 tauschten sie Briefe aus, für die Sommerferien 1941 verabredeten sie sich auf Lokis Vorschlag hin für einige Tage in Berlin. Nach gut zwei Jahren sahen sie sich dort erstmals wieder, kamen sich näher und gaben sich am Ende dieser wenigen Tage das Versprechen auf die baldige Ehe. Am letzten gemeinsamen Tag in Berlin brachte Loki Helmut zum Bahnhof, er hatte einen Marschbefehl an die Ostfront erhalten. Wenn er zurückkehren sollte, wollten sie ihren Entschluss zur Ehe einlösen. »Ich habe mich damals wie verheiratet gefühlt. Und mit dieser Gewissheit bin ich nach Russland gezogen«, schilderte Helmut Schmidt später seine damalige innere Gefühlswelt.[55]

Bereits aus dieser äußerst gerafften Schilderung wird deutlich, dass der überstürzt wirkende Entschluss zur Heirat der Schmidts unter sehr besonderen Bedingungen zustande kam. Zum besseren Verständnis soll hier deshalb die Vorgeschichte näher beleuchtet werden.

Die Schmidts. Ein Jahrhundertpaar

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