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Extremes

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Und neben diesen sinnvollen und durchaus berechtigten Akzentuierungen gibt es natürlich auch die Entartung in die Extreme, eine Entartung, die sich gegenseitig hinaufgeschaukelt hat und an der heutigen, leider nicht von der Mitte geprägten Situation der Kirche nicht unschuldig ist.

Da gibt es den frömmelnden Christen, der sich in das Schneckenhaus seiner Individualität zurückzieht, in sein Privatissimum einer heute oft recht krausen Religiosität, die sich eben von der echten Mystik unterscheidet. Da spielen nicht selten Privatoffenbarungen und Visionen aller Art, Bücher aus verdächtigen Verlagen, Drohbotschaften und süße Zwiegespräche, aus denen irgendeine fromme Seele verbindliche Weisungen für andere formuliert, eine bestürzend wichtige Rolle. Da befasst man sich mit liturgischen oder anderen nebensächlichen Details mit einer Hingabe, die anderer Dinge würdig wäre. Im moralischen Bereich bewegt man sich zum überwältigenden Teil nur mit persönlichen Problemen ohne Sinn für eine positive Weltverantwortung. Die beschränkt sich auf einen ausgeprägten „Böse-Welt-Komplex“, und dieser wiederum äußert sich in aggressiven Klageliedern. Von dieser Extremrichtung her werden sozial engagierte Christen schnell einmal als „links“ eingestuft, und in Brasilien geht das ganz schnell.

Es ist überflüssig zu bemerken, dass diese Art christlicher Selbstverwirklichung mit der Sache Christi so viel zu tun hat wie die Mozartkugel mit Mozart: süßer Kram in Silberpapier …

Und dann gibt es natürlich auch das andere Extrem: den von frommen Anwandlungen unbeschwerten Sozialaktivisten. Er übt sich in Aktionen, nie in Kontemplationen, in Protesten, aber nicht im Gebet, in Öffentlichkeitserklärungen, aber nie in Ergriffenheiten. Es ist noch nicht so lange her, dass ich in meiner Eigenschaft als Caritasbischof der Auffassung entgegentreten musste, eine Berufstätigkeit im Rahmen der Caritas habe mit der Zugehörigkeit zur Kirche und zum Stehen im Glauben überhaupt nichts zu tun … Bei solchen Einstellungen kann es dann ohne weiteres sein, dass man Aktionsprogramme entwirft, die chemisch rein von jedem religiösen Gedanken sind, dass man beim Impressum nachschaut, ob es nicht aus Kuba oder Peking stammt. Und wenn schon ein Gottesdienst gefeiert wird, dann ertönt sogar noch beim Kommunionausteilen ein Song gegen Abfangjäger …

Auch das ist extrem und eine Verfälschung des berechtigten Anliegens. Und in Parallele zur Mozartkugel möchte ich bemerken, dass diese Form christlichen Weltdienstes mit dem innersten Anliegen des Welterlösers so viel zu tun hat wie eine Silvesterknallerei mit den Feuern von Pfingsten …

Mit gläubigem Herzen und wachem Geist

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