Читать книгу Mit gläubigem Herzen und wachem Geist - Reinhold Stecher - Страница 39
Lärmschutzfenster
ОглавлениеEs wird mir nichts anderes übrigbleiben, als sie eines Tages bei mir einbauen zu lassen. Ich teile nämlich als Anrainer einer Tag und Nacht befahrenen städtischen Hauptverkehrsstraße das zweifelhafte Glück mancher meiner Landsleute, einen ständigen Kampf gegen Abgas und Lärm führen zu müssen. Früher hat es genügt, bei herannahenden Hochwettern die Läden zu schließen. Aber gegen die Tornados des heutigen Verkehrs helfen die nichts. Das Fenster, das an sich der Lüftung und der Öffnung nach außen dient, erhält also im Zuge unserer zivilisatorischen Entwicklung eine weitere Dimension, die von einer bedrückenden Symbolik ist: Man muss es schließen und schalldicht machen können.
Tirol braucht Lärmschutzfenster.
Nicht nur da und dort an einem Haus oder einem Schlafzimmerfenster – es braucht die entsprechenden Einbauten auch an den großen Grenzfenstern des Landes, an denen in kriegerischen Zeiten raumsperrende Festungen erbaut wurden. In einem Europa, in dem man nach wie vor mehr an den Gashebeln des Ökonomischen interessiert ist als an den Filtern des Ökologischen, ist das einfach notwendig. Es müssten ja keine dräuenden Festungen an den Einfallstoren des Landes sein, es würden wahrscheinlich marktwirtschaftliche Regelungen genügen, nach denen man das bezahlen muss, was man an Schaden anrichtet. Und wenn dann der Transport von Alteisen, das möglichst frisch von Deutschland nach Italien kommen muss, so teuer wird wie ein Goldtransport, dann wird man sich in einer beweglichen Wirtschaft sicher etwas einfallen lassen. Und dann kommt vielleicht wieder eine Zeit, in der man in Tirol einige Lärmschutzfenster abbauen kann. Aber vorläufig brauchen wir sie.
Auch das Lärmschutzfenster könnte als Symbol für unsere Zeit gelten und regt zum Nachdenken an. Die Notwendigkeit solcher Fenster und ähnlicher Einrichtungen ist doch so etwas wie ein Menetekel, das darauf hinweist, wie sehr unsere Welt in Unordnung geraten ist …