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6.

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Der Regen vermischte sich mit Schnee, noch während Pater Nobili sich fragte, ob er wirklich der Gasse folgte, die der Helfer des päpstlichen Nuntius ihm gewiesen hatte. In der Dunkelheit sahen sogar in Rom alle Straßen gleich aus, aber hier wurde die Orientierung noch dadurch erschwert, dass alle Häuser und die meisten Straßenecken unbeleuchtet waren und der Schneefall so dicht war, dass er einem Vorhang glich, der einem vor den Augen gewedelt wurde. Weiter vorn sah er zwei Männer mit geschulterten Partisanen und Helmen auf den Köpfen, die sich an einer unangezündeten Laterne zu schaffen machten. Er trieb sein Pferd voran. Die Männer blickten auf.

„Kennen die Herren den Weg zur Delegation des Bischofs von Würzburg?“, probierte er es auf Latein.

Die Männer sahen sich an.

„La délégation de l'évêque de Wuerzburg?“, versuchte er es von Neuem.

Die Männer wechselten einen zweiten Blick. Einer von ihnen nahm die Partisane von der Schulter und rammte sie Pater Nobili in den Leib. Der Jesuit war zu überrascht, um Schmerz zu spüren, noch nicht einmal, als die Klinge mit den schlanken Flügeln sich in seinen Eingeweiden halb herumdrehte. Plötzlich fand er sich auf dem Boden wieder, atemlos. Eine Welle von Übelkeit raste von Pater Nobilis Unterleib durch seinen Körper, gefolgt von eisiger Kälte. Er öffnete den Mund. Schnee fiel ihm in die Augen, und er blinzelte. Er fühlte, wie die Klinge sich aus seiner Bauchdecke löste, sie aufriss, wie die Kälte noch schlimmer und die Übelkeit noch würgender wurde. Er glaubte zu ersticken und hustete, fühlte Blut über sein Kinn schwappen. Die Männer mit den Helmen sahen auf ihn herab. Die Klinge kam erneut auf ihn zu, legte sich sanft auf seine Brust. Pater Nobili versuchte einen Arm zu heben, um die Klinge wegzudrücken. Die Übelkeit schien ihn zu verschlingen; aus dem Kältegefühl in seinem Unterleib wurde übergangslos ein Schmerz, der so schlimm war, dass er gebrüllt hätte, wenn seine Kehle nicht von Blut überschwemmt gewesen wäre. Der Schnee fiel ihm immer noch in die Augen. Die Klinge glitt zwischen die Rippen in seine Brust, eine lodernde Flamme aus Eis, traf sein Herz, zerschnitt es, die Atemlosigkeit wurde unerträglich, Feuerglut schoss durch Pater Nobilis Gliedmaßen.

Wir alle sind ein Teil der Hoffnung, dachte er.

Der Schnee fiel weiter in seine Augen. Doch sie blinzelten nicht mehr.

Die Männer mit den Partisanen traten beiseite. Eine Gestalt löste sich aus der Finsternis eines Hauseingangs. Als sie neben Pater Nobilis reglosem Körper niederkniete, wurde klar, dass die dunkle Gestalt ein weiterer Jesuit war – ebenso gekleidet wie Pater Nobili in einen langen, gefältelten Mantel und mit dem dreieckigen Hut auf dem Kopf. Eine schlanke, weiße Hand streckte sich aus und schloss dem Toten die Augen, sanft wie ein Liebhaber. Die Arme des Toten waren ausgestreckt; der Neuankömmling beugte sie und faltete die leblosen Hände über der Brust. Wären das Loch in seinem Mantel, direkt über dem Herzen, und der aufgerissene Stoff über dem Unterleib nicht gewesen, wo Blut und das unsägliche Gekräusel von halb herausgerissenem Gedärm glänzten, hätte man meinen können, Pater Nobili wäre eines friedlichen Todes gestorben. Die kniende Gestalt wandte sich zu den beiden Bewaffneten um. Diese zuckten zusammen und rissen sich die Helme vom Kopf.

„Mitten im Leben sind wir vom Tod umfangen“, sagte die kniende Gestalt. „Ich wünschte, dies wäre nicht nötig gewesen, Bruder. Möge Gott mir verzeihen und deine Seele gnädig aufnehmen. Ich habe mich an dir versündigt.“

„Amen“, brummte einer der beiden Bewaffneten. Der andere stieß ihn mit dem Ellbogen in die Seite. „’tschuldigung“, sagte der Bewaffnete.

„Amen“, sagte die dunkle Gestalt und stand auf. „Bringt ihn weg. Er soll nicht gefunden werden. Wenn alle glauben, er sei noch am Leben, umso besser.“

Die Bewaffneten hoben Pater Nobili auf, als wiege er nichts. Die dunkle Gestalt sah ihnen nach, wie sie ihn forttrugen, und sagte leise: „Manchmal geht das Wohl aller über das des Einzelnen. O Herr, ich wünschte, ich müsste diese Bürde nicht tragen. Aber ich werde das Buch finden, und dann erst wird es wahre Hoffnung geben.“

Die Erbin der Teufelsbibel

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