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18.

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Nachdem sie den Pfarrer in Falkenau abgesetzt und ein oder zwei Meilen zwischen sich und den Ort gebracht hatten, ließ Cyprian den Wagen anhalten. Andrej reichte ihm wortlos den kleinen Verschlag mit seinem gurrenden Inhalt, und beide stiegen aus. Die Landschaft gab das Bild einer erstarrten Dünung ab, lange Wellen von sanften Erhebungen und flachen Tälern, die im grauer werdenden Nachmittagslicht nach Osten rollten, bedeckt mit schmutzig weißen Schneefeldern, gesprenkelt von Waldstücken. Da und dort stand eine kleine Rauchsäule in der Luft und zeigte an, dass es Dörfer und Menschen gab. Viel zu wenige Dörfer … viel zu wenige Menschen. Cyprian wandte sich ab. Der Anblick deprimierte ihn.

„Viel haben die Schweden hier nicht übrig gelassen“, seufzte Andrej.

„Die Kaiserlichen auch nicht“, sagte Cyprian.

Sie sahen sich an. Cyprian nestelte den Verschlag auf, und Andrej holte die Taube heraus. Der Köcher an ihrem Bein war bereits mit der Nachricht gefüllt. Das Tier ruckte unruhig mit dem Kopf hin und her. Andrej warf die Taube in die Luft, und sie flatterte in einem weiten Kreis einmal um die beiden Männer herum und drehte dann nach Südosten ab. „Und jetzt?“, fragte Andrej.

„Wir müssen damit rechnen, dass Buh dem Jungen erzählt hat, was er über die Teufelsbibel wusste.“

„Vielleicht hat er ihm auch gar nichts erzählt. Oder wenn, besteht die Möglichkeit, dass der Junge kein Wort verstanden hat.“

„Wer weiß, wie lange sie zusammen waren? Es können Jahre gewesen sein!“

„Ich weiß, was du denkst, mein Freund. Ich warne dich … folge diesem Pfad nicht.“

„Auf welchem Pfad befinde ich mich denn, Andrej?“

Andrej schlang die Arme um den Oberkörper und sah zum Himmel, wo die Taube bereits verschwunden war. „Auf einem Pfad, der links und rechts von Gräbern gesäumt ist. Auf einem Pfad, den vor über fünfzig Jahren schon jemand gegangen ist, weil er fürchtete, dass ein Kind, das unschuldig am Leben geblieben war, obwohl alle es für tot hielten, das Geheimnis der Teufelsbibel verraten könnte und ihren Fluch über die Welt bringen würde.“

Cyprian schwieg. Er hatte sich stets am besten darauf verstanden, dann zu schweigen, wenn man eigentlich einen Kommentar von ihm erwartete.

„Wenn du auch nur daran denkst, diesen Jungen zu finden, dann hast du schon die ersten Schritte auf dem Weg zurückgelegt, auf den Abt Martin Korytko damals Bruder Buh und Bruder Pavel geschickt hat.“

Cyprian musterte seinen Freund und trat dann mit dem Fuß gegen den Boden. „Wir können es uns nicht leisten, ihn nicht zu finden“, sagte er nach einer Weile.

Andrej blickte in die Ferne. Cyprian konnte nur erraten, was er dort sah. „Dass ich nach all der Buße, die ich für die Gier meines Vaters nach der Teufelsbibel abgeleistet habe, jetzt auch noch damit bezahlen muss, so zu werden wie diejenigen, die Yolanta umgebracht haben!“ Andrej schüttelte den Kopf.

„Wir werden nicht wie Abt Martin – oder wie Pavel und Buh.“

„Versprich es mir!“

„Was soll ich dir versprechen?“

„Wenn wir den Jungen wirklich finden – den jungen Mann –, dann wird ihm kein Haar gekrümmt werden.“

„Du lieber Gott …“

„Versprich es mir“, beharrte Andrej.

Cyprian sah ihn eine lange Weile an, dann streckte er die Hand aus und klopfte Andrej auf die Schulter. „Ich erinnere dich an dieses Versprechen, wenn sich rausstellt, dass der Kerl ein sieben Fuß großer Straßenräuber ist und dich an der Gurgel hat.“ Es klang nicht so leichtherzig, wie es hatte klingen sollen.

Diesmal war es Andrej, der schwieg.

„Wenn man ihm nichts angetan hat, dann hat man ihn sicher nach Eger gebracht. Vielleicht hat man seinetwegen einen neuen Hexenprozess angefangen – das wäre nicht abwegig. Darüber müssten sich Unterlagen finden lassen.“ Cyprian kratzte sich am Kopf. „Gleich nach der Jagd auf die Teufelsbibel liebe ich es ganz besonders, die Protokolle von Hexenprozessen zu lesen.“

„Der Teufel steckt in allen Menschen.“

„Ja. Ich habe nur keine Lust, ihm ständig in die Visage zu blicken.“

Sie kletterten in den Wagen zurück. Cyprian klopfte an die Wand, hinter der draußen auf dem Kutschbock der Lenker saß, und der Wagen ruckte an und rollte auf der Straße nach Eger weiter. Von Osten sickerte die bleierne Düsternis unaufhaltsam heran.

Die Erbin der Teufelsbibel

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