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4 Offensein

Gegenwärtigsein ist die Orientierung am Augenblick, so wie er sich zeigt von Moment zu Moment. Diese Haltung impliziert eine bedingungslose Offenheit für den Augenblick. Meditation wird auf diese Weise zu einer Art Hingabe, einem Dienst am Leben. Wir könnten es auch „Gottesdienst“ nennen.

Die Haltung des Dienens entspricht exakt der Haltung von Offensein. Wenn wir jemandem dienen, geht es nicht um unsere Bedürfnisse, um unsere Vorstellungen, um unser Wollen, sondern um die andere Person. Wir öffnen uns für ihre Bedürfnisse. Auch in der Meditation geht es nicht um unsere Bedürfnisse und Vorstellungen, sondern wir öffnen uns für das augenblickliche Sein. Im Christentum drückt sich diese Haltung in dem Satz aus: „Dein Wille geschehe.“

Eine so bedingungslose Offenheit und Hingabe braucht ein großes Vertrauen. Das Vertrauen in das gegenwärtige Leben und dessen Führung, auch wenn es sich für unser Ego falsch oder unangenehm anfühlen sollte. Vertrauen ist die Grundlage für Offenheit. Und umgekehrt führt bedingungslose Offenheit zu einem bedingungslosen Vertrauen.

Wir überlassen uns dem größeren Willen und öffnen uns dem gegenwärtigen Geschehen. „Dieser Augenblick, ob angenehm oder unangenehm, ob erwünscht oder unerwünscht, ist richtig.“

In der Meditation drückt sich die Haltung der Offenheit konkret darin aus, dass wir ein offenes Gewahrsein praktizieren und keine Konzentrationspraxis (= Objektmeditation). Bei einem offenen Gewahrsein halten wir die Aufmerksamkeit weit und alles darf in unserem Gewahrsein auftauchen, kommen und gehen. Wir grenzen nichts aus und praktizieren keine Konzentration durch Verengung unserer Aufmerksamkeit auf ein einziges Geschehen, wie zum Beispiel den Atem.

Um in dieser Offenheit fortwährend wach und konzentriert gegenwärtig zu bleiben, können wir das „Etikettieren“ als Konzentrationshilfe nutzen. Etikettieren bedeutet, das augenblickliche Erleben innerlich mit einem kurzen, knappen Etikett zu versehen. Auf diese Weise verankern wir uns in der Gegenwart, ohne unsere Aufmerksamkeit auf ein Objekt verengen zu müssen. Unsere Aufmerksamkeit bleibt beweglich und ungebunden.

Es gibt verschiedene Arten des Etikettierens, die jeweils andere Erkenntnisprozesse einladen.

Zum Beispiel: „Bewusstsein des Atmens, Bewusstsein des Denkens, Bewusstsein eines Schulterschmerzes …“ lenkt meine Aufmerksamkeit in jedem Geschehen auf die hintergründige Dimension des Bewusstseins, aus der jede Erfahrung hervortritt.

Oder wir sagen innerlich: „Atmen geschieht, Denken geschieht …“ So erkennen wir mit der Zeit, dass die Dinge aus sich selbst heraus entstehen. Letzteres führt uns in eine umfassende Hingabe.

Solange wir noch unkonzentriert und zerstreut sind, nutzen wir das Etikettieren. Wenn unsere Sammlung sich vertieft und wir unmittelbar im Augenblick sein können, lassen wir das Etikettieren und überlassen uns dem Lauschen …

• Wie erfährst du vollkommene Offenheit?

• Wie verändert dich die Gegenwart, wenn du dich vertrauensvoll überlässt?

Nach innen lauschen

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