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8 Absichtslos sein

Achtsames Gewahrsein ist eine sensitive, bewusste Form der Aufmerksamkeit. Wir sind uns des augenblicklichen Geschehens bewusst und gehen in einen unmittelbaren Kontakt. Das ist nur möglich, wenn wir absichtslos sind.

Alltägliche Wahrnehmung ist in der Regel zielgerichtet, absichtsvoll und automatisiert. Hier entsteht kaum eine sinnliche Erfahrung mit den Dingen. Im Alltag benutzen wir die Dinge. Daher genügt es, wenn unser Geist die Dinge anhand oberflächlicher Merkmale erkennt, um sie entsprechend zweckgebunden gebrauchen zu können.

Wenn wir eine Tasse Tee anfassen, um daraus zu trinken, widmen wir uns nicht bewusst den Empfindungen, die die Tasse in unserer Hand auslöst. Unser Körper greift wie nebenbei zur Tasse und führt sie zum Mund, ohne bewussten Kontakt zu der sinnlichen Erfahrung bei diesem Vorgang.

Ganz anders verhält es sich, wenn wir absichtslos eine Tasse Tee ergreifen und sie mit unseren Fingern erkunden. Erst jetzt spüren wir beim Ergreifen der Tasse ihre Form, die Beschaffenheit der Oberfläche und die angenehme Wärme, die in unsere Finger hinein ausstrahlt. Finger und Tasse werden zu einer lebendigen Erfahrung des intensiven Spürens.

Je mehr es uns gelingt, nicht nur unserer Absicht und dem Gelingen einer Handlung Aufmerksamkeit zu widmen, sondern alle Facetten des Tuns mit unseren Sinnen zu erfahren, desto leichter wird es, uns von den Dingen berühren zu lassen. Unsere Aufmerksamkeit verschiebt sich dabei immer mehr von einer funktionalen Wahrnehmung zu einer sensitiven, lauschenden Achtsamkeit. Erst jetzt offenbaren sich uns die Dinge tiefer. Uns erschließt sich die wertfreie Natürlichkeit allen Seins. Begegnen wir den Dingen offen und sensitiv, tauchen wir in eine Unmittelbarkeit ein, die sinnlich und erfüllend zugleich ist.

Die Haltung der Absichtslosigkeit ist ein zentraler Schlüssel zu unmittelbarem Gegenwärtigsein. Sie ist gleichzeitig im Einklang mit unserer Grundrealität von Gewahrsein. Das Gewahrsein ist ungerichtet, vollkommen absichtslos. Alles darf im Gewahrsein in der ureigenen Weise erscheinen und wieder vergehen. Wollen wir das Gewahrsein immer mehr verwirklichen und daraus leben, ist die Haltung der Absichtslosigkeit eine Grundvoraussetzung.

Auch die äußere Form der Praxis verkörpert aus diesem Grund die Absichtslosigkeit. Wir gehen meditativ, um zu gehen, und nicht, um irgendwo anzukommen. Wir sitzen, um zu sitzen, und nicht, um am Schreibtisch etwas zu erledigen. Gehen, um zu gehen, sitzen, um zu sitzen, atmen, um zu atmen, spüren, um zu spüren … Können wir den Geschmack von Freiheit darin erkennen, der in dieser unbedingten Natürlichkeit liegt?

In der Absichtslosigkeit kann alles sein. Es darf alles geschehen, so wie es natürlicherweise geschehen will. Unsere Wahrnehmung ist frei, die Dinge zu sehen, wie sie tatsächlich sind – ohne Verzerrung durch unsere Vorstellungen, Ziele und Vorlieben. Erst so können wir eintauchen in ein unbedingtes, freies Gewahrsein.

• Wie sind dein Erleben und deine Aufmerksamkeit, wenn du gehst, um irgendwo hinzukommen, oder wenn du gehst, um zu gehen?

• Wie erfährst du ein Glas, wenn du trinkst, und wie, wenn du es absichtslos mit sensitiver, lauschender Wahrnehmung erkundest?

• Erinnere dich zu Beginn der Meditation an die unbedingte Absichtslosigkeit des Gewahrseins.

Nach innen lauschen

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