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a) Einordnung: Strafrecht – Verfassung – Auslegung

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Von dieser Art der Ergebniskontrolle zu unterscheiden ist die praktisch wahrscheinlich durchaus wichtigere, theoretisch aber deutlich weniger beleuchtete[109] grundrechtsorientierte Auslegung als Sonderfall einer verfassungsrechtlich-systematischen Interpretation. Dies überträgt sonst vor allem im Zusammenhang mit der Rechtssetzung diskutierte Topoi in die Auslegung. Der Umstand, dass sich die meisten Abhandlungen zum Verhältnis von Strafrecht und Verfassungsrecht (schwerpunktmäßig, wenn nicht gar ausschließlich) mit der Strafgesetzgebung, nicht dagegen mit der Anwendung der Strafgesetze befassen, ist nämlich nicht nur etwas überraschend, weil die Verfassungsgemäßheit der konkreten Rechtsanwendung sonst in der verfassungsrechtlichen Diskussion durchaus eine eigenständige Rolle spielt; vielmehr ist es auch deshalb ein echtes Defizit, weil in diesem Bereich wohl „viel mehr zu gewinnen“ wäre.

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Soll geprüft werden, ob eine bestimmte „kämpferische“ Äußerung im Wahlkampf eine Beleidigung i.S.d. § 185 StGB darstellt, ist nicht problematisch, ob § 185 StGB als solcher mit Art. 5 Abs. 1 GG vereinbar ist, sondern ob bei der Auslegung der Vorschrift die Garantie der Meinungsfreiheit angemessen berücksichtigt wurde. Geht es um die Frage nach der Strafbarkeit neutraler, berufsbedingter Verhaltensweisen wegen Beihilfe (die unten nochmals als Beispiel herangezogen werden wird), so ist auch nicht ernsthaft erwägenswert, ob vielleicht § 27 StGB generell gegen Art. 12 Abs. 1 GG verstößt, sondern nur, wie die Berufsfreiheit bei der Auslegung von § 27 StGB zu berücksichtigen ist, wenn berufliches Verhalten in Rede steht. Dies gilt auch und insbesondere im Bereich „diesseits harter Verfassungswidrigkeit“, d.h. wenn es gerade nicht (wie bei der verfassungskonformen Auslegung) darum geht, ob eine bestimmte Auslegung verfassungswidrig ist, sondern wenn überlegt wird, ob ein anderes Ergebnis etwa die betroffenen Grundrechte noch besser zur Geltung bringen könnte (vgl. dazu unten Rn. 54 ff.).

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