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KURZER THRILLER IM

TRIKOT (TEIL 2)

Eingefleischte Clubfans besitzen irgendeinen Spleen, so eine Art persönliche Visitenkarte. Heutzutage tätowiert sich der schmerzlose Supporter schon mal die gesamte Mannschaft auf den Rücken. Da diese Art der Körperverschönerung damals nur während lebenslanger Haft unter brutalen Banden in der JVA Mannertstraße vorkam, bevorzugte ich ein anderes Ritual. Ich zog mein neues Trikot einfach nicht mehr aus. Es mutierte zu meiner zweiten Haut.

Die elterlichen Reaktionen erspare ich dem geneigten Leser, nur so viel: Ich ertappte meine Mutter immer öfters dabei, dass sie mich mit ihrem FA Deodorant heimlich besprühte. Nach Veilchen duftend war ich wieder mal unterwegs nach Gostenhof, um beim Fabrikverkauf vom Brezen Kolb ordentliches Laugengebäck zu bunkern. In der U-Bahn-Station Aufseßplatz kam es zu einem folgenschweren Zusammentreffen mit zwei Jugendlichen in Bayerntrikots. Wohlgemerkt Nürnberger Jungs in Bayern Trikots. Und Bayern spielte überhaupt nicht gegen Nürnberg, weil es ein Dienstag war und meine Ruhmreichen gerade in der zweiten Liga drauf und dran waren, den festgeklemmten Fahrstuhl nach oben zu bugsieren.

Also trugen diese (ziemlich großen und kräftigen) Typen ihre Bayerntrikots freiwillig zum Spaß. Und das mitten in der Frankenmetropole. Für mich weder denkbar oder aussprechbar noch irgendwie verständlich. Wer besucht den Vatikan unbekleidet, wer grillt beim Jahrestreffen des Tierschutzvereins? Keiner! Wer rennt in Nürnberg mit Bayerntrikots herum? Auch keiner. Aber die taten es. Sogar freiwillig. Frank & frei! Es musste also zum Showdown kommen. Frühes Pressing meinerseits war angesagt. Folgender Dialog soll sich fast genau so und ungefähr zugetragen haben.

Die Ehrlosen: „Eeeeh, du Clubberer!“

Schweigen.

Die Ehrlosen: „Wo spielt der Club zur Zeit? Dritte oder zweite Liga?“ (Höhnisches Gelächter)

Schweigen.

Die Ehrlosen: „Ist der Fetzen euer neues Trikot!? Da ist ein Wischlappen aus dem NKD noch schöner!“

Schweigen.

Die Ehrlosen näherten sich dem stolzen, zitternden Clubfan und entkleideten diesen oberhalb der Gürtellinie. Obwohl er kämpfte, konnte er gegen diese bajuwarische Übermacht nichts ausrichten. Nur noch im Unterhemd mit ALF als Konterfei verließ er geschlagen das Feld. Er hat alles gegeben, doch in diesem unfairen Spiel sollte es einfach nicht sein. Wenn mein erster Boxhieb vielleicht nicht knapp ins Leere gegangen wäre, hätte das garantiert einen anderen Verlauf genommen. Was aus meinem Trikot geworden ist, weiß ich bis heute nicht. Die Ehrlosen werden ihr übles Spiel mit ihm getrieben haben. So verlor ich an diesem Tag mein erstes Duell gegen die Bayern. Mir schwante, es würde nicht das letzte sein.

Nach Veilchen roch ich auch nicht mehr, aber ich hatte zwei neue im Gesicht! Als Trostpflaster spendierten meine Eltern ein „natürlich viel zu teures“ Ersatztrikot. „Für so an Fetzn so a Haufn Geld.“ Manchmal muss man als Clubberer eben stark sein.

Naus zum Glubb

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