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Geschützte Hintern

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Mit deiner Offensivetauglichkeit würdest deinen neuen Kollegen gern die schönsten Posten wegschnappen, aber die kontern dich clever aus. Sie wählen dich kurzerhand in den Be-triebsrat. Dieses Gremium steht in der Gunst des Chefs ganz weit unten. Deshalb hast du dich auch lange hin und her gewunden, aber letztlich ist es dir nicht gelungen, so viel Ehre aus-zuweichen. Jetzt erwarten alle von dir, dass du für sie kämpfst. Sie denken dabei ganz stark an eine Gehaltsoffensive. So was hattest du auch vor. Allerdings wolltest du individueller vorgehen, nicht so sehr mit Blick auf die Gesamtbelegschaft.

Das kannst du dir jetzt abschminken. Es bleibt dir nichts anderes übrig, als Argumente zu sammeln, mit denen sich die Armut der Belegschaft eindrucksvoll beweisen lässt. Das ist nicht schwer, doch gleichzeitig prallst du auf die Armut des Chefs. Der würde euch ja so gern was geben. Aber wie das Leben so spielt, es ist nichts mehr da. Im Gegensatz zu deinem alten Pleite-Direktor hat der neue seine Schäfchen ins Trockene gebracht und das Unter-nehmen an einen Investoren-Fonds verhökert. Er ist jetzt selbst nur Gehaltsempfänger und Diener einiger Herren in Nadelstreifen. Die sind so vornehm, dass sie am liebsten nirgendwo erwähnt werden.

Jetzt kannst du wieder etwas lernen. Investitionen bezahlt man am besten mit dem Geld fremder Leute. Die Nadelstreifen-Gurus sind darauf regelrecht spezialisiert. Wenn du die Ge-winne einer Firma in die eigene Tasche lenken willst, musst du den Kauf der Firma noch lan-ge nicht aus der eigenen Tasche bestreiten. Die Streifigen haben einfach einen Kredit aufge-nommen und damit den Chef ausbezahlt. Der hat das Geld schnell in Sicherheit gebracht. Wenn du nun denkst, dem Fonds könnte die Kreditrückzahlung irgendwelche Sorgen berei-ten, dann irrst du sehr. Denn die neuen Eigentümer haben das Unternehmen zum Schuldner bestimmt. Die Firma zahlt aus ihrem Gewinn erst den Kredit zurück, dann macht sie die Fonds-Leute noch reicher.

Deshalb ist für euch Deppen nichts im Topf, obwohl ihr tagein-tagaus rackert. Genau ge-nommen, aber nur mal so rein philosophisch betrachtet, seid ihr die Investoren und nicht die feinen Herrn vom Fonds. Denn ihr zahlt, auch durch Lohnverzicht, mit eurer Arbeit den Kredit ab. Außerdem muss das Unternehmen neben dem Gehalt vom Chef die noch fetteren Bezüge einiger Fonds-Herren, die sich als Vorstände eingenistet haben, erwirtschaften. Du begreifst, dass die Gehaltsoffensive längst stattgefunden hat. Ihr von der Belegschaft wart nur nicht dabeigewesen.

Ja wo wart ihr denn die ganze Zeit? Erst schlafen und sich dann hinterher aufregen, das ist nicht in Ordnung. Ihr seid schlicht zu langsam für die Marktwirtschaft. Jetzt hilft euch die Wut nicht weiter und schon gar nicht die Idee, den feinen Herren in ihre gut betuchten Hintern zu treten. Revolutionen sind in Deutschland verboten. Und zwar streng. In Frank-reich mag das noch angehen. Die Franzosen haben ein überschäumendes Temperament. Wenn denen etwas nicht gefällt, dann zünden sie Autos an, werfen mit Steinen und prügeln sich mit der Polizei. Sie kidnappen auch mal einen Manager und sperren ihn ein. Dann hüpfen sie voller Freude umher und liegen sich in den Armen. Aber am Ende setzt sich sogar bei denen immer die Polizei durch.

Wir dagegen gründen im Fall größter Wut eine Behörde. Denn nur sie kann unseren Ärger ordentlich verwalten. Niemand tritt, niemand spuckt, niemand außer der Polizei sperrt ein. Selbst der dickste Hintern ist gesetzlich geschützt. Als Betriebsrat hast du da ganz schlechte Karten. Und deine Kollegen sind stinksauer auf dich, weil du so gar nichts in Bewegung setzt. Normalerweise wäre jetzt der Zeitpunkt gekommen, an einen Rücktritt zu denken. Leider ist das nicht so einfach. Für die Belegschaft wärst du ein Versager, beim Chef bis du sowieso schon unten durch. So wie du zwischen allen Stühlen sitzt, bräuchtest du eigentlich wieder einen neuen Job. Aber woher willst du den nehmen? Du bist schließlich kein gescheiterter Minister.

Aus dem bösen Wirtschaftsleben

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