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Analotiv statt innovativ

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Das Unternehmen erleidet gerade einen Rückschlag. Der Bundesfinanzhof hat nämlich eine der größten Ungerechtigkeiten dieser Welt beseitigt. Er stärkte den kommunalen Geld-grabschern den Rücken und erklärte das Erheben einer Grundsteuer für Bedürfnisanstalten als rechtmäßig. Das trifft einige Großkunden deiner Klopiss AG hart, weil sie in ihrer Einfalt dachten, eine solche Steuer dürfe nur auf Häuser, nicht aber auf Häuschen berechnet wer-den. Klo-Häuschen waren vielerorts tatsächlich die reinsten Steuer-Oasen. Sie vereinten das große und das kleine Geschäft zu einem tollen Geschäft für die Betreiber.

Die hatten in ihrer Gier allerdings nicht beachtet, dass Finanzbeamte auch Menschen sind. Und diese Menschen fanden es ärgerlich, beim Pinkeln immer mehr abgezockt zu werden. Also schauten sie genau hin und bemerkten eine verblüffende Ähnlichkeit zwischen Haus und Häuschen. Flugs schickten sie Klo-Steuerbescheide auf die Reise. Damit schmälerten sie nicht nur die Gewinne der Klo-Direktoren, sondern gleichzeitig deren Bereitschaft, in neue Becken und Pissoirs zu investieren. Das nun wiederum trifft deine neue Firma. Ein ganzer Wirtschaftszweig gerät ins Trudeln.

Dein jetziger Chef ist aber nicht so hilflos wie andere. Er entpuppt sich als ein fixes Kerlchen, das die Misere bei den öffentlichen Klos vorausgesehen hat. Rechtzeitig ließ er neue Produkte entwickeln. So muss er jetzt zwar einen Einbruch beim Umsatz hinnehmen, aber das will er schon bald mit höherwertigen Erzeugnissen wieder auffangen. Weniger, aber teurer lautet die Devise. Das bedeutet eine strategische Abkehr vom Durchschnittshintern und ein Hinwenden zum höherwertigen Arsch. Du erhältst den Auftrag, die notwendigen Argu-mente für die Werbung zusammenzutragen.

Als Erstes bringt ihr eine beleuchtete Klobrille auf den Markt. Nächtelang grübelst du, wie die an den Mann beziehungsweise die Frau zu bringen ist. Immerhin hat elektrisches Licht selbst in den Badezimmern schon vor mehr als 100 Jahren Einzug gehalten. Und was kann man sehen, wenn man darauf sitzt?

Solch plumpe Frage ist freilich kein Thema fürs Marketing. Du musst das Produkt als historische Neuerung zu platzieren. Schließlich hat noch nie ein Mensch auf Licht gesessen. In diesem Zusammenhang erwähnst du verbreitete Irrtümer. Beispielsweise hält sich noch immer bei vielen Kunden das Jahrtausende alte Vorurteil, der Kopf wäre das wichtigste Körperteil. Dabei ist längst bewiesen, dass es sich auch ohne Hirn recht gut leben lässt. Ganz und gar nicht existieren könnte der Mensch allerdings ohne jenes mächtige Körperteil zwischen Rücken und Beinen.

Trotzdem wurde der Hintern bisher von Wirtschaft und Kultur arg vernachlässigt. Wäh-rend es für den Kopf Bücher und jede Menge anderer geistiger Nahrung gibt, blinkt da unten noch nicht einmal Licht. Klar: So kann es nicht bleiben. Mit der beleuchteten Klobrille läutet ihr eine neue Ära ein und stellt den innovativen Produkten erstmals ein analotives ge-genüber. Nun kann auch der Hintern sehen und für sein Tun verantwortlich gemacht werden.

Aber das ist erst der Anfang. Eure Firma sieht einen gigantischen Markt für analotive Er-zeugnisse. In der Entwicklung befindet sich der einführbare anale CD-Player, dessen Bässe allerdings noch Juckreiz verursachen. Ihr denkt auch schon an feinste Produkte aus Keramik und Metall für anales Piercing. Ein Tochterunternehmen soll unter dem Motto „Kultur statt Uhse“ Kopien berühmter Gemälde von Rembrandt bis Womacka in Unterhosen einweben. Unklar ist derzeit noch, ob es da unten so etwas wie politische Bildung geben soll. Im Prizip scheinen sich die Hintern dafür schon wegen ihres vielen Sitzfleisches besonders zu eignen. Bisher gilt es aber als anrüchig, wenn sich besagtes Körperteil zu Wort meldet. Eine konkrete Produktidee wird deshalb noch gesucht. Immerhin steht schon die Losung: Es gibt viel zu tun, sitzen wir's aus.

Aus dem bösen Wirtschaftsleben

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