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Einleitung

Mit dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs begann 1914 ein kriegerisches Zeitalter, das 1920 mit dem Friedensvertrag von Versailles nur für wenige Jahre unterbrochen worden ist. Die folgenden zwei Jahrzehnte galten als „Zwischenkriegszeit“, in der es nicht gelungen ist, eine stabile Friedensordnung in Europa zu errichten. Der vergangene und der erwartete künftige Krieg prägten das politische Denken und Handeln. Die einstigen Verlierer sannen auf Revision der Ergebnisse des Weltenbrandes, den Siegern gelang es nicht, ihre Vorherrschaft dauerhaft zu festigen und einer Versöhnung die Hand zu reichen.

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Adolf Hitler, Politisches Testament, 29. April 1945

Aus: Ueberschär/Müller, Deutschland am Abgrund, S.166

Seit ich 1914 als Freiwilliger meine bescheidene Kraft im ersten, dem Reich aufgezwungenen Weltkrieg einsetzte, sind nunmehr über dreißig Jahre vergangen.

Das Zeitalter der Weltkriege der

Der Zweite Weltkrieg wurde von jenen Kräften entfesselt, die nun bewusst und mit militärischen Mitteln erneut die Kräfteverhältnisse in Europa und Welt in Frage stellten. Das Ergebnis war das gewaltigste und blutigste Ringen der Weltgeschichte, das mit dem Einsatz der Atombombe im August 1945 und dem Untergang der faschistischen Mächte endete. Die Epoche der Weltkriege mündete in ein neues Zeitalter, in dem die Gefahr eines Dritten Weltkrieges zwar höchst virulent gewesen ist; aber im sogenannten Kalten Krieg gelang es der westlichen Welt durch ihre Abschreckungspolitik, das Sowjetimperium, das im Zeitalter der Weltkriege seinen Aufstieg erlebt hatte, mit friedlichen Mitteln zur Implosion zu bringen. Der innere Zusammenhang beider Weltkriege ist besonders für die Deutschen prägend gewesen. Ihre Staatsführung trug Mitverantwortung für die Auslösung des Ersten Weltkriegs und die Hauptverantwortung für die Entfesselung des Zweiten.

Die meisten Deutschen haben die beiden Kriege in der irrigen Auffassung mitgetragen, der Krieg sei dem Reich aufgezwungen worden. Die anfängliche Euphorie wich bald einer tiefen Apathie. Geführt und erlitten wurden die Kriege maßgeblich von den Jahrgängen, die vor 1900 geboren worden waren, als das Kaiserreich seine glänzendsten Jahre erlebte. Die ehemals jungen Soldaten und Offiziere von 1914 traten zu Hunderttausenden 1939 wieder an. Des Kaisers junge Stabsoffiziere waren nun vielfach die Generale des „Führers“. Ihre Söhne standen in den Reihen der jugendlichen Soldaten, die wieder zu Hunderttausenden auf dem Schlachtfeld geopfert worden sind. Die fast völlige Auslöschung des Jahrgangs 1920 (41,1 Prozent Todesfälle) ist dafür symptomatisch.

Kriegsschuld

Mit dem Begriff der „Entfesselung“ des Zweiten Weltkriegs wird deutlich, dass es anders als 1914 im Jahre 1939 eine Macht gegeben hat, die fest entschlossen gewesen ist, durch Krieg die europäischen Grenzen zu verändern und dazu auch die Eröffnung eines Weltkrieges zu riskieren. Der deutsche Diktator Adolf Hitler wollte endlich „schlagen“ und sein politisches Lebensziel verwirklichen: die Schaffung eines „Großgermanischen Reiches deutscher Nation“. Es ging ihm also um mehr als die Revision von Versailles, seine erfolgreichste politische Parole, die ihm die Gefolgschaft der Deutschen und die Zustimmung anderer Nationen sicherte. Neben der Kriegsschuldfrage ist auch der Kriegscharakter eindeutig geklärt. Der Begriff des „rassenideologischen Vernichtungskrieges“ kennzeichnet den einzigartigen Versuch der Nationalsozialisten, die Weltordnung umzustürzen und ihr „Drittes Reich“ für die nächsten tausend Jahre zur weltbeherrschenden Vormacht aufsteigen zu lassen.

Das Bündnis der Demokratien

Es war also im Vergleich zum Ersten Weltkrieg eine Absage an das traditionelle Ringen von Imperien und Großmächten, das im Zweiten Weltkrieg die Kriegführung der meisten deutschen Verbündeten, also hauptsächlich des faschistischen Italiens und des japanischen Kaiserreiches, bestimmte. Gegen diese unbegrenzte Herausforderung setzte sich die Anti-Hitler-Koalition zur Wehr, die durch die Einbeziehung der UdSSR ein ungewöhnliches Bündnis der demokratischen Staaten mit dem totalitären Sowjetregime darstellte. In der Phase des europäischen Krieges bis Ende 1941 hatte es Hitler erreicht, dass sein Krieg globale Ausmaße erhielt. Insbesondere durch die Einbeziehung des pazifischen Kriegsschauplatzes entwickelte sich der Krieg zum Weltkrieg. Er entwickelte sich zudem auf vielen Gebieten zu einem totalen Krieg, der über das Maß des Ersten Weltkriegs hinausging, bis zu einer fast völligen Enthegung der Gewalt mit etwa 60 Millionen Toten, in der Mehrzahl Zivilisten.

Überwindung der sowjetischen Geschichtspropaganda

Die historische Forschung ist auch nach dem Zweiten Weltkrieg für Jahrzehnte von nationalen Geschichtsbildern geprägt gewesen. Sie wurden in der Zeit des Kalten Kriegs bis 1989 zudem vom ideologischen Gegensatz zwischen Ost und West bestimmt. Die sowjetkommunistische Geschichtspropaganda mit ihren Verfälschungen (Hitler-Stalin-Pakt) und Lügen (Katyn) hat die Geschichtsforschung lange Zeit instrumentalisiert und für teilweise heftige Kontroversen gesorgt. Erst die Wende nach 1990 hat den Weg zu einer Annäherung der Standpunkte und zu einer gesamteuropäischen Perspektive geöffnet. Die unterschiedliche Entwicklung der Weltkriegsforschung in beiden deutschen Staaten konnte überwunden werden.

Historisierung

Die Schwerpunkte des historischen Interesses haben sich von der ursprünglich engeren militär- und diplomatiegeschichtlichen Ausrichtung im letzten Drittel des 20. Jahrhunderts auf wirtschaftliche, soziale, politische und kulturelle Dimensionen des Krieges erweitert. In jüngster Zeit gewinnen durch neue Quellen und methodische Ansätze die militärischen Aspekte neue Beachtung. Der „Krieg des kleinen Mannes“ ist durch die Auswertung von Ego-Dokumenten wie Feldpostbriefen, Tagebüchern und Abhörprotokollen von Kriegsgefangenen stärker ins Bewusstsein gerückt. Die Historisierung des Zweiten Weltkriegs ist so weit vorangeschritten, dass es notwendig erscheint, einer jüngeren Generation, die den Krieg nur vom Bildschirm kennt, die Möglichkeit zu geben, besser zu verstehen, was Krieg für den Einzelnen bedeuten kann.

Überblick

Nach der notwendigen Darstellung der Ursachen des Zweiten Weltkriegs und seiner ersten europäischen Phase, der Zeit der sogenannten „Blitzkriege“, werden – abweichend von herkömmlichen chronologischen Darstellungen – in zwei systematischen Abschnitten die wesentlichen Voraussetzungen für die Kriegführung analysiert. Der „Krieg der Fabriken“ schuf die materiellen Bedingungen und Begrenzungen, die allgemeine Wehrpflicht die Rekrutierung der gesamten erwachsenen, männlichen Bevölkerung. Mehr als 50 Millionen Soldaten führten den Krieg und entschieden über seinen Ausgang. Ihre Lebenswelt ist für das Verständnis des Zweiten Weltkriegs von entscheidender Bedeutung. Die Abschnitte über die verschiedenen Kriegsschauplätze demonstrieren diese Einsicht. Weil der Krieg alle Lebensbereiche erfasste und nur durch die Mobilisierung aller Kräfte der Nationen geführt werden konnte, kommt der „Heimatfront“ eine hervorzuhebende Bedeutung zu. Abschließend verdient das Kriegsende mit seinen Folgen ausführliche Beachtung. Hier wie bei den meisten anderen Kapiteln liegt der Schwerpunkt der Darstellung im deutschen Bereich, denn Deutschland bildete den Motor des Zweiten Weltkriegs.

Der Zweite Weltkrieg

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