Читать книгу Der einsame Mensch - Rotraud A. Perner - Страница 23
Bindung, Akzeptanz und
Zugehörigkeit sind überlebenswichtig.
ОглавлениеAls heranwachsende Jugendliche stehen wir alle vor der Anforderung, uns selbst als Einzelne wie auch als Teile von Gruppierungen (Paarbildung mitgemeint) zu formen. Dafür gibt es heute eine Unzahl von Modellen – dafür sorgt schon die Produktwerbung, die auf »Kundenbindung« aus ist –, aber kaum einen begleitenden Beistand ohne eigene Absichten (wie beispielsweise Mitgliederfang politischer Parteien, besonders auffällig im Nationalsozialismus). Diese Suche nach sich selbst samt kosmetischen oder chirurgischen Körpermodifikationen, schreibt der Psychoanalytiker Mathias Hirsch (* 1942), dehnt sich heute häufig bis ins vierte Lebensjahrzehnt.52 In der Dysmorphophobie (d. h. die Angst, nicht schön zu sein) könne man die Körperkrankheit der Adoleszenz sehen, wobei die Angst vor der unbekannten Identität als Frau oder Mann auf Körperteile »verschoben« wird53 – und dies liefert wiederum einen Vorwand, sich nicht in Gemeinschaft begeben zu müssen. Ein klassisches Beispiel liefern junge Mädchen, die vor Bällen oder anderen »Herzeige-Veranstaltungen« an ihrer Haut herumdrücken, an ihren Haaren herumschnipseln oder sonst eine selbstschädigende Aktion setzen, bis sie sich so verunstaltet haben, dass sie den Stress-Auftritt vermeiden können.
In einer Welt überwiegend virtueller Kommunikation über SMS und Internet kann man diese Konfrontation »face to face« vermeiden – nicht aber das Eindringen sadistischer Attacken wie Cybermobbing. Gegen Gewalt hilft aber nur Öffentlichkeit, wie ich immer wieder betone: Man muss sich aus der Verkrümmung der Verletztheit aufrichten und Verbündete herbeirufen. Das zu organisieren, wird eine Aufgabe der Zukunft werden.