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Lernziel Bindungslosigkeit?

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Zu Lebenskrisen werden üblicherweise nur die allgemein verbreiteten Lebensübergänge wie Geburt eines Kindes, Berufsantritt, Heirat und Scheidung, Eintritt einer chronischen Krankheit oder Behinderung und Todesfälle gerechnet.

Lebenskrisen entstehen aber auch, wenn man erkennt, dass der eigene Lebensentwurf mit den Anforderungen der Umwelt nicht in Einklang steht. Das hat lange Zeit homosexuell l(i)ebende Menschen in Einsamkeit getrieben, ehe sich politisch – nicht parteipolitisch! – gebildete Aktivisten selbstbewusst mit ihren Forderungen nach Respekt und Gleichbehandlung der Öffentlichkeit stellten.

Aber während diese Gruppe von Menschen zumindest in Westeuropa in ihrem Bemühen um Gleichbehandlung erfolgreich war, ist dies anderen nicht gelungen: denjenigen, die aus dem Arbeitsprozess ausgeschieden wurden. Ich sehe die Ursache darin, dass schwule und lesbische »besondere« Menschen wie Künstler (»Weibliches Feingefühl« – wenn es auch gar nicht zutraf!) oder Sportlerinnen (»Es muss halt männliche Kraft sein«) mit ihren Coming-outs positive Vorurteile bedienten und damit auch für andere Berufsgruppen Maßstäbe setzten; demgegenüber sind Arbeitssuchende nicht als »etwas Besonderes« vermarktbar, geben auch selten eine »Story« ab. Der polnisch-britische Soziologe und Philosoph Zygmunt Bauman (* 1925) etwa schreibt: »In Ermangelung eines dauerhaften, autorisierten und unumstrittenen Wertes der Optionen, die zur Wahl stehen, kann sich die Bewertung einzelner Wahlmöglichkeiten nur am Muster vermarkteter Güter orientieren. Das ausgewählte Identitätsmodell muss auf den Markt gebracht werden, um seinen Wert herauszufinden54 Ein Gut hat keinen Wert, wenn es keine Abnehmer findet, und der Wert bemisst sich nach der Zahl der Abnehmer, d. h. wie stark das Bedürfnis nach diesem Gut ist. Arbeitslos sein heißt, keinen Abnehmer für die wahre Arbeitskraft zu finden. »Die Strafe für das Versagen, Abnehmer für eine entworfene und zur Schau getragene Identität zu finden oder zu schaffen, ist die Exklusion (das Ausgeschlossen-, ›Abgeschrieben‹-, Geschnitten-, Ignoriert-Werden) – das gesellschaftliche Äquivalent für eine Müllhalde.«55

Der einsame Mensch

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