Читать книгу Seewölfe Paket 6 - Roy Palmer - Страница 22

7.

Оглавление

Dan O’Flynn knirschte mit den Zähnen.

Seine Handgelenke brannten wie Feuer, die Haut hing in Fetzen. Wieder und wieder rieb er die Stricke über die scharfe Steinkante in seinem Rücken, und neben ihm tat Batuti mit zusammengepreßten Lippen das gleiche.

Viel Hoffnung hatten sie nicht.

Wenn sie es schafften, sich von den Fesseln zu befreien, konnten sie die beiden Wachtposten, die im Camp zurückgeblieben waren, mit Leichtigkeit überwältigen. Im Augenblick kümmerte sich keiner der beiden um die Gefangenen. Pepe le Moco stierte stumpfsinnig vor sich hin: er hatte den Schlag auf den Kopf noch nicht richtig verdaut.

Der zweite Mann, ein drahtiger, finsterer Typ mit nur einem Auge, der Esmeraldo hieß, war zwischen die Felsen geklettert in der Hoffnung, etwas von den Ereignissen mitzubekommen. Aber es würde sicher nicht lange dauern, bis er sich wieder umschaute.

Dan fluchte innerlich, als er die Bewegung sah, mit der sich der Kerl abwandte.

Sein Blick wanderte zu den Gefangenen, und das gesunde Auge funkelte auf. Mit einem Ruck riß er die Radschloß-Pistole aus dem Gürtel und sprang von den Felsen hinunter.

Sein tückisch glitzerndes Auge glitt zwischen Dan und Batuti hin und her, die Waffenmündung vollführte die gleiche Bewegung. Mit einem abfälligen Grinsen holte Esmeraldo aus und kickte Dan die Stiefelspitze zwischen die Rippen.

Batutis schwarzes Gesicht wurde fast grau vor Wut.

Was er schrie, konnte niemand verstehen, da er seine Heimatsprache benutzte. Und was er tat, ging so schnell, daß der Einäugige erst begriff, als es zu spät war.

Geschmeidig wie ein Panther schnellte der schwarze Herkules am Boden herum, zog blitzartig die gefesselten Beine an – und rammte Esmeraldo wuchtig die Absätze in die Magengrube.

Der Pirat flog mit rudernden Armen zurück und landete mit dem Hintern im Wasser des Bachs. Sein Gesicht wurde schmutzig, grün, würgend trennte er sich von seiner letzten Mahlzeit. Dan und Batuti kämpften verzweifelt gegen die Fesseln, aber sie wußten nur zu gut, daß sie keine Chance hatten.

Der zweite Pirat war froh, daß sie ihm einen Anlaß boten, sich für die Beule an seinem Kopf zu rächen.

Er fing es vorsichtiger an als sein Kumpan. Mit dem langen, handlichen Holzknüppel konnte er zuschlagen, ohne sich in die gefährliche Reichweite des hünenhaften Negers zu begeben. Batuti wurde zweimal am Kopf und einmal im Nacken getroffen, bevor er endlich die Augen verdrehte.

Pepe le Moco grinste triumphierend, während er den Knüppel sinken ließ und statt dessen die Pistole aufhob, die Esmeraldo entfallen war.

Der Einäugige spuckte immer noch. Pepe warf ihm einen verächtlichen Blick zu, dann grinste er Dan O’Flynn an.

„Schön ruhig, Kleiner! Ich …“

„Der Teufel ist dein Kleiner!“ fauchte Dan erbittert.

„Rotzfrech bis zum letzten!“ Pepe lächelte mit der satten Selbstzufriedenheit dessen, der seiner Rache sicher ist. „Die große Klappe wird dir noch vergehen, Bürschchen! Dich und den Nigger nehmen wir nämlich mit, wenn wir hier abhauen. Damit ihr euren Freunden nichts von Chiapas und dem Maya-Gold singen könnt. Und dann müßt ihr natürlich arbeiten, wenn ihr was zu fressen haben wollt. Bis euch das Wasser im Hintern kocht und die Zunge aus dem Hals hängt, Freundchen! Was glaubst du, wie ich mich darauf freue?“

„Wenn du dich nur nicht zu früh freust! Die ‚Isabella‘ kriegt ihr nicht, ihr dämlichen Hunde. Die Crew wird euch in kleinen Häppchen an die Haie verfüttern. Und dir reiße ich persönlich die Ohren ab, du Enkel eines triefäugigen, dreimal um die Großrah gewickelten Bilgengespenstes, du verlauster, stinkender Hurenbock …“

Weiter gelangte Dan nicht.

Bis zu diesem Augenblick hatte Pepe le Moco mit staunenden Augen zugehört, weil ihm die Hälfte der herzerfrischenden Flüche neu war, jetzt drang mit leichter Verspätung das Ausmaß der Beleidigungen in sein Bewußtsein. Berstende Wut überwog die Neugier darauf, wie es weiterging, und blitzartig riß er mit der Linken den Holzknüppel hoch.

Dan O’Flynn konnte nicht mehr ausweichen.

Er wurde am Kopf getroffen. Mit voller Wucht. Und das war sogar für den Dickschädel eines O’Flynn zu fiel.

Zwei Sekunden lang flimmerte ein prachtvoller bunter Funkenregen vor Dans Augen, dann sah er für eine Weile überhaupt nichts mehr.

Der zertrümmerte Boot hing so zwischen den Felsen des Riffs fest, daß es von Bord der „Isabella“ nicht gesehen werden konnte.

Vom Strand der Bucht aus entdeckten es die Seewölfe sofort. Hasard blieb stehen und spähte aus zusammengekniffenen Augen hinüber. Das Boot war Kleinholz und bestand nur noch aus einem Plankenstück mit zwei dranhängenden Duchten. Wer im Augenblick des Aufpralls noch auf diesen Duchten gesessen hatte, mußte zumindest schwer verletzt worden sein.

Hasard nahm an, daß Dan und Batuti nicht so dämlich gewesen waren, sich mit der Nußschale auf die Felsen schmettern zu lassen. Ein Riff ließ sich auch bei Sturm und Dunkelheit erkennen. Und ein Schwimmer hatte durchaus die Chance, durch eine der Lücken in der Felsenbarriere die Lagune zu erreichen. Der Seewolf sah sich um, genau wie die anderen. Aber Spuren waren in dem trockenen, von der auflandigen Brise geglätteten Sand längst nicht mehr zu erkennen.

Ferris Tucker wischte sich das schweißnasse rote Haar aus der Stirn.

„Quer durchs Dickicht sind sie bestimmt nicht gegangen“, stellte er fest. „Das ist die reine Hölle!“

Hasard zuckte mit den Schultern. Jetzt, da die Sonne fast im Zenit stand, schien jenseits des Palmengürtels tatsächlich die Luft zu kochen. War das am frühen Morgen, als der Sturm abflaute, auch schon so gewesen?

Hasard nahm an, daß Dan und Batuti versucht hatten, auf einen der Felsenkegel zu klettern, um sich einen Überblick zu verschaffen. Aber vielleicht gab es von der Welt- oder Ostseite her einen anderen Weg, der nicht durch das Dickicht führte.

„Versuchen wir’s doch durch die Klippen da drüben“, schlug Pete Ballie vor. „Ich habe da eine Art Hohlweg gesehen. Und weiter oben wird der Wald dann sicher lichter.“

Auch er erinnerte sich an den Einschnitt im Gelände, an dem sie vorbeigesegelt waren. Ein paar Minuten später hatten sie ihn wiedergefunden: eine schmale, ansteigende Schlucht, eine Art Klamm, die zwischen den roten Felsen aufwärts führte. Hasard ging voran. Ferris Tucker, Matt Davies, Gary Andrews, Smoky und Pete Ballie folgten ihm dichtauf.

Das Rauschen der Brandung drang nur noch schwach zu ihnen, ab und zu unterbrachen die kreischenden Schreie der Seevögel die Stille. Einmal glaubte Hasard, über sich in den Felsen ein Geräusch zu hören, ein leises Scharren, aber er war seiner Sache nicht sicher.

„Scheißhitze“, knurrte Ferris Tukker nach ein paar Minuten.

„Die Steine werfen die Hitze zurück.“ Pete Ballie grinste und berührte flüchtig mit seiner mächtigen Pranke die Felswand. „Ohne Stiefel würden wir uns glatt die Füße verbrennen. Ich wette, der Kutscher könnte hier Eier braten oder …“

„Vorsicht!“ schrie Hasard in derselben Sekunde.

Er hatte die Bewegung schräg über sich gesehen. Hochschnellende Schatten, Steine, die durch die Luft flogen. Mit einem Satz warf sich der Seewolf zur Seite, riß Ferris Tucker mit, aber die anderen schafften es nicht mehr, schnell genug auszuweichen.

Ein Steinhagel prasselte in die Schlucht hinunter.

Matt Daviel brüllte auf, als ihm einer der Brocken ins Kreuz krachte. Smoky wurde am Kopf getroffen, warf die Arme hoch und klappte lautlos zusammen. Hasard rollte herum und griff nach der sächsischen Reiterpistole in seinem Gürtel. Neben ihm schnellte Ferris Tucker hoch. Seine Faust schloß sich um den Stiel der riesigen Zimmermannsaxt. Im nächsten Augenblick wurde es auch auf der anderen Seite der Schlucht lebendig.

Diesmal reagierte selbst der Seewolf nicht schnell genug.

Er sah Ferris stürzen, fühlte einen mörderischen Schlag an der Schulter und fiel nach vorn. Instiniktiv riß er beide Arme hoch, um seinen Kopf zu schützen. Ein paar Sekunden hatte er das Gefühl, daß die halbe Insel über ihm zusammenstürzte, dann hörte er das wilde Triumpfgeschrei der unbekannten Angreifer.

Von beiden Seiten kletterten sie über die Felsen, mindestens ein Dutzend Männer.

Die Seewölfe waren zu sechst. Normalerweise hätten sie es spielend mit der doppelten Anzahl von Gegnern aufgenommen. Aber jetzt lagen Ferris Tucker, Matt Davies und Smoky bewußtlos am Boden, Gary Andrews versuchte vergeblich, sich aufzurappeln, Hasard war zumute, als habe er sich jeden Knochen im Leib gebrochen – er wußte verdammt genau, daß es aus dieser Falle keine Flucht mehr gab.

Es war ohnmächtige Wut, die ihn den erstbesten der Kerle anspringen ließ wie ein Tiger.

Der Bursche schwang einen Säbel in der Faust, aber ehe er ihn auch nur hochreißen konnte, war der schwarzhaarige Hüne mit den eisblauen Augen schon dicht bei ihm und schmetterte ihm eine stahlharte Faust an den Kiefer. Der Säbelschwinger kippte stumm um. Hasard hatte die Pistole fallen lassen, weil er nicht wollte, daß seine Männer zusammengeschossen wurden. Er wirbelte herum und griff zum Degen, doch im selben Augenblick drangen vier, fünf Angreifer gleichzeitig auf ihn ein.

Er schaffte es, einen der Kerle zu packen und so herumzuschleudern, daß zwei weitere umgesäbelt wurden. Gegen den dritten, der sich von hinten mit einem Holzknüppel anschlich, war kein Kraut gewachsen. Hasards harter Schädel überstand den Hieb, doch er konnte nicht verhindern, daß er nach vorn fiel. Zum zweitenmal traf ihn der Knüppel, diesmal in den Rücken – und dann schlugen die Kerle wie eine Woge über ihm zusammen.

Er war der einzige, der noch kämpfte.

Aber gegen die Übermacht von zwölf Männern konnte selbst ein Seewolf nichts ausrichten. Er ging mit fliegenden Fahnen unter – und es dauerte immerhin noch fünf Minuten, bis es den Kerlen endlich gelang, ihn bewußtlos zu schlagen.

Seewölfe Paket 6

Подняться наверх