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5.

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Sein linkes Auge war geschlossen und brannte so mörderisch, als hätte sich das gesamte Höllenfeuer auf ihn konzentriert. Was indessen noch mehr in ihm brannte, war die Wut über die erlittene Niederlage.

Finstere Gedanken beherrschten Robert Parsons, als er seine Kammer verließ. Er hatte sich gründlich gewaschen, seine Blessuren einigermaßen beseitigt und trockene Kleidung angezogen. Nur die veilchenblaue Färbung seines linken Auges konnte er nicht vertuschen. Grund genug, seine Wut in ständigem Siedezustand zu halten.

Leichter Nieselregen empfing ihn, als er über die Kuhl der „Revenge“ stapfte. Er hatte alle Lampen an Bord löschen lassen, nachdem er und seine Männer auf so schmähliche Weise zurückgekehrt waren. Niemand brauchte zu sehen, in welchem Zustand sie über die Decksplanken gekrochen waren – triefend naß und krumm und blau geschlagen. Aber nach Möglichkeit sollte auch niemand mitkriegen, was sich in Kürze abspielen würde. Der erste Offizier der „Revenge“ hatte in dieser Beziehung schon äußerst handfeste Überlegungen angestellt. Hölle und Teufel, diesmal würden sie dem Namen ihres Schiffes alle Ehre machen. Rache – das war das einzige, was jetzt noch zählte.

Mit vorsichtigen Bewegungen stieg Parsons in das Mannschaftslogis hinunter. Er fühlte sich unsicher, weil es ihm Schwierigkeiten bereitete, mit nur einem Auge sehen zu müssen.

Im stickigen Logis brannten nur zwei Öllampen. Die Luft roch nach Schweiß und Brackwasser. Ihre nasse Kleidung hatten die Männer zu einem Haufen in der Nähe des Niedergangs gestapelt. Zur Zeit war nicht daran zu denken, die Sachen zu trocknen. Draußen, im Freien, war die Luftfeuchtigkeit ohnehin zu hoch. Und im Augenblick gab es Wichtigeres, als ein wärmendes Kombüsenfeuer zu entfachen.

Parsons blieb vor dem Niedergang stehen und atmete tief durch. Die Männer boten einen erbärmlichen Anblick. Einige von ihnen trugen leuchtendweiße Verbände wie Turbane auf ihren Köpfen. Schrammen und Platzwunden hatten alle davongetragen, mehrere von ihnen auch ähnlich blaue Augen wie der „Erste“, der an Bord das Kommando führte, solange sich Admiral Drake auf seinem Landsitz in der Nähe von Plymouth befand. Immerhin sahen sie mit ihrer frischen Kleidung aber wieder wie halbwegs brauchbare Menschen aus.

Die halblauten Gespräche verstummten bei Parsons Erscheinen.

„Herhören, Männer“, sagte er. „Das Maß ist jetzt voll. Wir können es nicht länger hinnehmen, was sich Killigrews und Ribaults Strolche uns gegenüber ständig herausnehmen. Ein Vergeltungsschlag ist fällig. Sofort. Und zwar so, daß sie sich nicht wieder davon erholen. Ist jemand anderer Meinung?“

Keiner widersprach.

„Zeigen wir es den Bastarden“, knurrte einer der Männer, dessen Kopf verbunden war. „Und diesmal gibt es kein Pardon. Diesmal hauen wir sie zu Klump, daß sie ihren eigenen Namen nicht mehr kennen.“

„Anders herum“, entgegnete Parsons. „Wir werden sie an ihrer empfindlichsten Stelle treffen. Um das zu erreichen, müssen wir sehr schnell handeln. Ich habe festgestellt, daß sie aus der ‚Bloody Mary‘ noch nicht zurückgekehrt sind. Wahrscheinlich gießen sie mehr als einen hinter den Kragen und fühlen sich als die ganz großen Sieger. Um so leichter wird es für uns sein, ihnen eins überzubraten, daß ihnen Hören und Sehen vergeht.“

In knappen Worten schilderte Parsons seinen Plan, der so einleuchtend wie einfach war.

Die Augen der „Revenge“-Männer begannen zu funkeln. Verdammt, ja, das war eine hervorragende Idee – und ohne großes Risiko zu bewerkstelligen.

Die „Isabella“ und die „Le Vengeur“ würden an der Pier versenkt werden!

Ein Vergeltungsschlag, der in die Geschichte eingehen sollte. Als mahnendes Zeichen für alle, die jemals an ähnliche Dreistigkeiten denken sollten, wie sie sich die Hundesöhne unter Killigrew und Ribault geleistet hatten.

Es war still geworden im Hafen von Plymouth. Nur die vereinzelten Lampen der in der Mill Bay vertäuten Schiffe warfen einen matten Schimmer auf die glatte Wasseroberfläche. Längst hatten sich die Schaulustigen verzogen, noch vor Einbruch der Dunkelheit. Stimmen waren jetzt nur noch aus den zahlreichen Schenken in der Umgebung der Schiffsliegeplätze zu hören. Heisere, grölende Stimmen von Sealords, die nach langen Monaten auf See ein Faß aufmachten. In Plymouth gehörte diese abendliche Geräuschkulisse aus den Hafenschenken zur Gewohnheit. Nichts, woran die Bürger im Stadtinneren noch Anstoß nahmen. Im übrigen lebte diese Stadt von der Seefahrt, also mußte man den Seeleuten ihr kleines bißchen Narrenfreiheit lassen.

Ben Brighton genoß die Ruhe, die ihn auf dem Achterkastell der „Isabella“ umgab. Er schlug seinen Kragen höher und zog die Mütze tiefer in die Stirn. Dieser feine Regen gehörte zu jener Sorte, die einem bis auf die Knochen zu dringen schien. Trotzdem war es für Hasards Stellvertreter kein Grund, sich an einen trockenen Platz zurückzuziehen. Er brauchte die frische Luft so nötig wie das tägliche Brot. Er, der sich den Wind der sieben Weltmeere um die Ohren hatte wehen lassen, gehörte nicht zur Art der Stubenhocker. Auch war er kein Mann von vielen Worten. Lärmende Siegesfeiern jener Art, wie sie derzeit in der „Bloody Mary“ vonstatten ging, gefielen ihm schon gar nicht. Zwischen ihm und dem Seewolf bestand bei solchen Anlässen ein stillschweigendes Übereinkommen: Ben Brighton zog es meistens vor, an Bord die Stellung zu halten, wenn die anderen in einer dieser ewig gleichen Kneipen ihren Übermut ertränkten.

Der erste Offizier der „Isabella“ hatte ohnehin keinen Anlaß zu einer Siegesfeier gesehen. Was während und nach der Schlacht gegen die spanische Armada geschehen war, war nichts anderes als Pflichterfüllung gewesen. Nicht mehr und nicht weniger.

Ben Brighton warf einen Blick zum Vordeck. Er sah die Silhouette in der Nähe des Fockmastes, bewegungslos. Will Thorne, der Segelmacher, stand dort drüben auf Posten. Den alten O’Flynn hatte Ben unter Deck geschickt, damit er sich aufs Ohr haute. Zur Ablösung konnte er später geweckt werden. Beruhigt wandte sich Ben Brighton wieder um. Will Thorne war ein zuverlässiger Mann, einer dem man nicht ständig sagen mußte, was er tun sollte, der vielmehr auch eigene Gedanken und Entschlüsse entwickelte.

Ben Brighton wandte seine Aufmerksamkeit wieder der Umgebung achteraus zu. Seine Augen hatten sich längst an die Dunkelheit gewöhnt, und der matte Lichtschein der vereinzelten Schiffslaternen unterstützte ihn dabei.

Drüben, auf der „Revenge“ brannte kein einziges Licht. Nur als dunkler Schattenriß waren die Umrisse von Drakes Flaggschiff im Dock zu erkennen. Ben Brighton hatte gesehen, wie die Männer des Admirals fluchend und schreiend aus der Mill Bay an Land gekrochen und zurück an Bord ihres Schiffes gestolpert waren. Danach war verdächtige Ruhe eingekehrt auf der stolzen Kriegsgaleone des sehr ehrenwerten Admirals.

Seitdem hatte Hasards Stellvertreter das Dock ständig im Auge behalten. Eine unbestimmte Ahnung sagte ihm, daß sich Robert Parsons und seine Leute keineswegs schon zur endgültigen Ruhe begeben würden.

Plötzlich bestätigte sich diese Ahnung. Ben Brighton beugte sich über die Heckbalustrade und spähte angestrengt in die Dunkelheit hinaus. Im nächsten Moment wußte er, daß es kein Trugbild war, das ihm seine eigenen Sinne vorgaukelten.

Huschende Schatten bewegten sich an Deck der „Revenge“ und im Dock. Kein Laut war indessen zu hören. Sie dämpften ihre Schritte sehr sorgfältig. Trotzdem war es nicht finster genug, um die „Revenge“-Männer ungesehen bleiben zu lassen. Boote wurden zu Wasser gelassen, Ausrüstungsgegenstände übernommen.

Ben Brighton hatte genug gesehen. Er wandte sich ab und huschte auf leisen Sohlen den Niedergang zur Kuhl hinunter. Wenig später war er bei Will Thorne, der ebenfalls spitzgekriegt hatte, daß sich dort drüben beim Dock etwas rührte. Ben erklärte es ihm mit wenigen knappen Worten.

„Lauf hinüber zur ‚Bloody Mary‘“, fügte er hinzu, „hoffen wir, daß sie noch nicht bis zum Stehkragen voll sind. Sie sollen ihre Beine in die Hand nehmen und so schnell wie möglich hier antanzen.“

„Aye, aye, Sir“, entgegnete Will Thorne halblaut, wirbelte herum und eilte von Bord. Seine Schritte waren nicht zu hören. Er wußte, auf was es ankam.

Ben Brighton ging unter Deck und rüttelte den alten O’Flynn wach. Gemeinsam begannen sie sofort, die Beiboote der „Isabella“ zu klarieren. Jede Sekunde war jetzt wertvoll. Denn lange konnte es nicht mehr dauern, bis die „Revenge“-Crew ihre Vorbereitungen beendet hatte.

Eins stand für Ben Brighton jedoch fest: Parsons und seine Leute unterschätzten die Wachsamkeit der Seewölfe. Einen Sieg bei einer Wirtshausprügelei errungen zu haben, bedeutete für sie noch lange nicht, daß sie hinterher alle. Vorsichtsmaßregeln vergaßen.

Selbst der stets besonnene und ruhige Ben Brighton mußte bei der Vorstellung grinsen, welcher höllisch unfreundliche Empfang den „Revenge“-Leuten bereitet werden würde.

Schlagartig wurde es lebendig auf den Kais rings um die Mill Bay. Der plötzliche Aufbruch der Seewölfe und ihrer Freunde aus der „Bloody Mary“ war in den benachbarten Hafenschenken nicht unbemerkt geblieben. Überall strömten die Schaulustigen ins Freie. Die Fackeln am Rand der Piers wurden angezündet. Stimmengewirr und ungewohnte Helligkeit weckten auch die Einwohner in den weiter entfernt gelegenen Häusern. So ergab es sich, daß die Schar der Menschen auf dem Kai rasch anschwoll, wie es bereits tagsüber der Fall gewesen war.

Niemand konnte indessen schon erkennen, was der Anlaß für die plötzliche Betriebsamkeit von Philip Hasard Killigrews und Jean Ribaults Männern war.

Zu undurchdringlich war noch die Dunkelheit über der weiten Wasserfläche der Mill Bay.

Die Männer der „Le Vengeur“ hatten sich nicht erst die Mühe bereitet, an Bord zu gehen. Weiter voraus, an den Stegen, lagen genügend Jollen, deren Festmacher man nur zu lösen brauchte. So waren die Gefährten aus Jean Ribaults Crew die ersten, die mit insgesamt drei Booten auf die Bucht hinauspullten. Piet Straaten und die anderen, die als Bordwache zurückgeblieben waren, ließen ein Beiboot von der „Le Vengeur“ zu Wasser. Sie mannten genügend Enterbeile, um damit auch ihre Kameraden ausrüsten zu können.

Klatschende Ruderschläge bestimmten jetzt die Szenerie in der Mill Bay. Längst mußte die noch unsichtbare Meute von der „Revenge“ begriffen haben, daß ihr heimliches Manöver nicht so unbemerkt geblieben war, wie sie es erhofft hatten.

Edwin Carberry verteilte die „Isabella“-Crew auf vier Beiboote. Dadurch hatten sie den Vorteil größerer Beweglichkeit. Und zur Überraschung aller gelang es dem Profos bei dieser Blitzaktion sogar, seine Donnerstimme so zu dämpfen, daß es ihnen wie ein Flüstern erschien.

In fieberhafter Eile wurden die Boote zu Wasser gelassen, und kurz darauf klatschten die Riemen in die bis eben noch stille Oberfläche der Mill Bay.

Lediglich der alte O’Flynn und Will Thorne blieben auf der Kuhl der „Isabella“ zurück. Doch sie hatten keineswegs Zeit, die Hände in den Schoß zu legen. Ihnen fiel eine besondere Aufgabe in dieser grimmigen Abwehraktion zu, die die Seewölfe so blitzschnell entfesselten. Alle waren sie schlagartig nüchtern geworden, als der Segelmacher mit der alarmierenden Nachricht in die „Bloody Mary“ gestürmt war.

An Land verdichtete sich die Menschenmenge zusehends. Schon übertönte das aufgeregte Stimmengewirr die Rudergeräusche in der Bucht.

Sie waren etwa zehn, zwölf Yards von der „Isabella“ entfernt, als Edwin Carberry sich zu voller Größe im Boot aufrichtete und seinen Befehl hinausbrüllte.

„Feuer frei!“

Die Donnerstimme des Profos ließ die Zuschauer auf dem Kai still werden. Doch es gab kein Krachen von Pistolen und Musketen, wie sie es fast geglaubt hätten.

Auf der Galeone der Seewölfe flammten kleine Lichtpunkte auf. Dann ein scharfes Zischen in rascher Reihenfolge. Grelle Funkenbahnen stiegen schräg zum Nachthimmel empor, und dann erfolgten mehrere dumpfe Donnerschläge.

Gleißende, grellweiße Feuerbälle entfalteten sich hoch über der Mill Bay und tauchten den ganzen Hafen von Plymouth in taghelles Licht. Langsam, wie von unsichtbaren Vögeln in den Klauen getragen, schwebten die Feuerbälle in die Bucht hinunter. Aber noch bevor sie knapp über der Wasserfläche verglühten, erfolgten neue Donnerschläge, und neue Lichtkugeln öffneten sich in großer Höhe.

Will Thorne und der alte O’Flynn arbeiteten auf der Kuhl der „Isabella“ ohne Pause und zündeten Rakete auf Rakete.

Der faszinierende Anblick des chinesischen Feuers verwandelte die Menschen auf dem Kai in eine vor Staunen erstarrte Menge. Erst nach einer Weile vermochten sie ihre Aufmerksamkeit von diesem Wunder aus dem Fernen Osten loszureißen.

Das Geschehen, das sich auf der Mill Bay abzuspielen begann, erinnerte unter der Festbeleuchtung an ein grandioses Schauspiel – eine Aufführung unter freiem Himmel, die Drama und Komödie zugleich war.

Da waren die Boote der „Revenge“, insgesamt fast ein Dutzend, die sich in wohlgeordneter Formation auf die an der Pier liegenden Schiffe des Seewolfs und Jean Ribaults zubewegten. Die Gruppierung, die sie eingenommen hatten, glich einem Halbmond, dessen äußere Enden nach vorn, auf den „Feind“, gerichtet waren. In einem der mittleren Boote stand Robert Parsons, der erste Offizier, und seine Positur erinnerte an die eines Flottenkommandanten hinter der Schmuckbalustrade einer mächtigen Kriegsgaleone.

Einige der Zuschauer konnten sich ein Grinsen nicht verkneifen. Es war mittlerweile bekannt, welche Formation die spanische Armada bei ihrem Angriff auf die königlich englische Flotte eingenommen hatte. Und haargenau diese Formation kopierten jetzt die Männer von Admiral Drakes Flaggschiff. Daß sie dies in ihren Ruderjollen taten, hatte etwas höchst Groteskes.

Der weiße Feuerregen, der plötzlich vom Himmel fiel, brachte die „Revenge“-Männer in sichtliche Verwirrung. Allen Schaulustigen wurde jetzt klar, daß Parsons und seine Leute damit gerechnet haben mußten, daß sie unbemerkt die „feindlichen“ Schiffe erreichen würden.

Und dann noch die Tatsache, daß von der „Isabella“ und der „Le Vengeur“ ebenfalls Boote „in See gegangen“ waren – Boote, deren Besatzungen in äußerst ungeordneter Formation zum Gegenangriff ansetzten.

Zusätzliche Demoralisierung bewirkte bei Parsons Mannen das plötzliche wilde Gebrüll, das die Seewölfe und ihre Kampfgefährten anstimmten. Ihr Schlachtruf hallte wie Donnerbrausen über die weite Wasserfläche der Mill Bay.

„Ar-we-nack! Ar-we-nack!“ Immer wieder stießen sie diesen Ruf aus, während sie mit kräftigen Schlägen auf den Gegner zupullten.

Letzterer geriet in jähes Durcheinander. Die eben noch präzise Schlachtordnung löste sich auf, und es hatte den Anschein, als wußte Robert Parsons nicht recht, ob er zum Rückzug oder zum Angriff blasen sollte. Sein offenkundiges Zögern wurde zu einem nicht wieder auszubügelnden Nachteil für die „Revenge“-Männer.

Die Zuschauer an Land hielten den Atem an. Es war schon ein schaurigeindrucksvoller Anblick, den die Verteidiger der beiden stolzen Schiffe boten. Im Bug jedes Bootes standen mindestens zwei oder drei von ihnen bereit zum Angriff, während die anderen pullten, als gelte es, dem Teufel persönlich ins Gesicht, zu springen.

Die Männer der „Isabella“ und der „Le Vengeur“ waren mit Enterbeilen bewaffnet, die sich hoch über ihren Köpfen schwangen. Aber da gab es noch andere, die einem unbeteiligten Beobachter leicht einen Schauer über den Rücken jagen konnten: der bullige Profos Edwin Carberry, dem seine bloßen Hände genug waren, um es mit den Angreifern aufzunehmen, der riesenhafte Schiffszimmermann Ferris Tucker, der seine schwere Axt mitgeschleppt hatte und dessen Haare im grellen Licht des chinesischen Feuers einen noch rötlicheren Schimmer hatten als gewöhnlich, und da war der schwarze Herkules Batuti, der seinen mörderischen Morgenstern schwang und seine weißen Zähne blitzen ließ.

Die Distanz zwischen den gegnerischen Parteien schmolz rasch zusammen.

Nur noch zehn Yards, bis sich die ersten Boote begegnen würden. Das Kampfgebrüll der Seewölfe und ihrer Gefährten steigerte sich zu einem donnernden Inferno.

Auch Robert Parsons schrie jetzt Befehle und versuchte, Ordnung in seine verwirrte Flotte zu bringen, um sie nun doch noch zum Angriff zu bewegen.

Zu spät.

Die „Revenge“-Männer schafften es nicht einmal mehr, ihre Boote auf Kurs und die Riemenschläge in einen einigermaßen brauchbaren Takt zu bringen.

Eines der „Vengeur“-Boote war zuerst dran, zersplitterte vier Riemen auf einmal unter seinem Kiel, und im Vorbeigleiten ließen Pierre Puchan und Grand Couteau auf geradezu elegante Weise ihre Entermesser kreisen. Trokkene Schläge hackten in das Holz des „Revenge“-Bootes, bevor dessen Besatzung auch nur zu einer Gegenwehr ansetzen konnte. Schon drehte das Boot mit Pierre Puchan und Grand Couteau ab, und die fassungslosen „Revenge“-Männer mußten erkennen, wie es durch zwei Lecks in ihrer Nußschale hereinsuppte.

Das Gebrüll der Seewölfe steigerte sich zu erstem Triumph.

Und dann ging es Schlag auf Schlag, im wahrsten Sinne des Wortes.

Ferris Tucker ließ sich seelenruhig auf eins der Gegner-Boote zudirigieren. Während sein Nebenmann Luke Morgan die aufgescheuchten Verteidiger im Heck dieses Bootes auf Distanz hielt, zerschmetterte Tuckers Axt den Spiegel mit weniger als einem halben Dutzend wohlgezielter Hiebe. Das Boot sackte weg wie ein Stein, und seine Besatzung ergoß sich als schreiendes Knäuel in die nachtdunklen Fluten der Mill Bay.

Batutis Morgenstern sorgte bei einer anderen Bootsbesatzung für Panik. Schon der Anblick der furchtbaren Waffe, die der gambische Herkules in kreisende Bewegung versetzte, genügte für zwei, drei Männer, fluchtartig über Bord zu springen. Auch die anderen begriffen in ihrer Angst zu spät, daß Batuti nicht sie als Zielscheiben ausgesucht hatte, sondern lediglich die Bootsbeplankung mit wenigen kraftvollen Schlägen seines Mordinstruments in Trümmer legte.

Edwin Carberry ließ ein Gegner-Boot, das er aufs Korn genommen hatte, kurzerhand rammen. Mit einem Satz enterte er über. Und wie es der Zufall wollte, handelte es sich um Robert Parsons’ Boot. Drakes erster Offizier wurde weiß im Gesicht, als er sich zum zweiten Mal an diesem Abend den Riesenpranken des Profos ausgeliefert sah.

Zum zweiten Mal an diesem Abend mähte Carberry Drakes „Ersten“ von den Füßen. Nur gab es diesmal keinen Fußboden, von dem Parsons sich wieder aufrappeln konnte. Er versank gurgelnd, tauchte wieder auf und strebte mit verzweifelten Schwimmzügen dem Kai entgegen.

Dorthin, wo sich die Menschenmenge zu immer begeistertem Beifallsgeschrei steigerte. Das, was die Seewölfe und ihre Freunde hier boten, war wirklich eine Augenweide! Eine Seeschlacht im Kleinformat!

„Die Schlacht auf der Mill Bay!“ schrie jemand, und der Ruf pflanzte sich mit rasender Geschwindigkeit fort.

Schon jetzt stand fest, daß auch dieses Ereignis in die Geschichte der Stadt Plymouth eingehen würde – als eine Geschichte, bei der die Großväter noch in hundert Jahren schmunzeln würden, wenn sie sie ihren Enkeln am Kaminfeuer erzählten.

Edwin Carberry ließ seine mächtigen Fäuste kreisen, bis er auch den letzten „Revenge“-Mann von Bord gefegt hatte. Dann erst kehrte er auf sein eigenes Boot zurück.

Der letzte Widerstand der Drake-Crew schmolz rasch zusammen. Ohnehin hatten sie dem wild entschlossenen Angriff der Seewölfe und der Ribault-Crew nicht viel entgegenzusetzen gehabt. Denn für ihr Vorhaben, die „Isabella“ und die „Le Vengeur“ zu versenken, hatten sie sich mit vorwiegend geräuscharmen Geräten, wie Bohrern und Sägen, ausgerüstet.

Die Enterbeile der Seewölfe und ihrer Gefährten blitzten, Ferris Tukkers Axt fand reichliche Ernte, und Batutis Morgenstern kreiste unablässig. Bootsplanken splitterten und krachten, und in rascher Folge ging ein „Revenge“-Mann nach dem anderen über Bord.

Unter dem tosenden Johlen der Zuschauer an Land blies Edwin Carberry den Einsatz schließlich ab.

Lediglich Old O’Flynn und Will Thorne schossen immer noch ihr chinesisches Feuer ab.

Die Feuerkugeln erhellten eine jämmerliche Niederlage der Männer von Drakes Flaggschiff. Nur noch vier Boote waren heil geblieben. In weitem Umkreis trieben Splitter und Planken auf dem Wasser der Bucht, und dort, wo die „Revenge“ im Halbdunkel lag, kroch eine triefendnasse Gestalt nach der anderen an Land.

Mit gemächlichen Riemenschlägen kehrten die Seewölfe und ihre Freunde zur Pier zurück. Wieder hatten sie einen überzeugenden Sieg errungen, und wieder wurden sie von den Bürgern der Stadt Plymouth stürmisch gefeiert.

„Scheint langsam zur Gewohnheit zu werden, das“, brummte Edwin Carberry, nachdem er auf die ihm vertraute Kuhl zurückgekehrt war.

Seewölfe Paket 9

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