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Katharina Trebitsch – Manches dauert etwas länger

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Katharina ist die Schwester von Markus Trebitsch. Sie hat den gleichen Beruf erwählt wie Bruder und Vater, ist eine erfolgreiche deutsche Fernsehproduzentin und außerdem eine der charmantesten Damen, die ich kenne. Den Charme hat sie eins zu eins von ihrem Vater übernommen.

Es war ein herrlicher Sommersonntagnachmittag. Katharina Trebitsch rief mich an: »Herr Nährig, ich habe ein Problem. Das können nur Sie lösen! In einer Stunde kommt ein wichtiger Gast in mein Haus zum Tee und ich habe nichts anzubieten. Können Sie mir helfen?« Ich konnte. »Ich organisiere etwas«, versicherte ich ihr.

Sie dachte bestimmt, ich schicke jemanden mit ein paar Stück Kuchen und einigen Teebeuteln vorbei. Nein, so geht das nicht. Immerhin vertrat ich mit jedem meiner Handgriffe das Hotel Vier Jahreszeiten. Ich nahm ein prächtiges Silbertablett mit feinen Ziselierungen, bestückte es mit Teetassen aus »Fine China«-Porzellan aus dem Hause Dibbern, nebst ebensolchen Kannen, Tellern und Silberbestecken. Feine Damastservietten. Verschiedene lose Teesorten, die ich in dafür vorgesehene Säckchen abfüllte. Eine Auswahl feinster Kuchenstücke aus der hauseigenen Konditorei. Zu guter Letzt noch eine sogenannte Sucaliere, ein Zuckergefäß aus vier kleineren silbernen Behältnissen: weißer Kristallzucker, brauner Rohrzucker, brauner und weißer Kandiszucker, außerdem Süßstoff.

Frau Trebitsch war begeistert. »Nein, so habe ich es nicht zu hoffen gewagt, aber genau das ist es, was ich meinem Gast heute kredenzen möchte!« – »Ja«, sagte ich, »das ist eben das Hotel Vier Jahreszeiten.« – »Vielleicht« entgegnete sie, »aber das sind in erster Linie Sie.«

Vielleicht.

Ihr Gast war, wie sie mir später erzählte, der Schriftsteller und Drehbuchautor Christian Pfannenschmidt. Vor Entzücken über dieses vorzügliche Tee-Arrangement behielt sie die Sucaliere gleich bei sich zu Hause. Bezahlte sie aber.

Katharina Trebitsch produzierte mehrere Kriminalfilme nach Romanen von Donna Leon. Ich halte sie für wirklich gelungen. Immer spannend und auch mit hohem visuellen Unterhaltungswert. Allein schon der zauberhafte Balkon von Commissario Brunettis venezianischer Wohnung mit dem Blick zum Kanal ist eine absolute Augenweide. Bei einem Gespräch berichtete ich Katharina Trebitsch einmal begeistert, wie sehr mir ihre Filme gefielen. Bedauerlicherweise, fügte ich hinzu, könne ich sie nur selten sehen, da ich ja abends, wenn sie gesendet werden, meist Dienst habe. »Ja«, gab sie zurück, »das Problem werden wir lösen, indem ich Ihnen Aufzeichnungen auf Videokassetten zukommen lasse.« Wofür ich mich schon im Vorweg herzlich bedankte. Leider ließen die Kassetten dann auf sich warten. Macht nix. Mit so viel Charme darf man sich alles erlauben. Zudem hat sie mich in einem anderen Fall sehr freundlich bedacht.

Der berühmte Filmschauspieler Heinz Rühmann war mit ihrem Vater Gyula Trebitsch nahe befreundet gewesen und mit Katharina ebenso. Rühmann war auch ständiger Gast im Hotel Vier Jahreszeiten. Zu gerne hätte ich von ihm ein Autogramm für meine gute Mutter gehabt, getraute mich aber nicht zu fragen, darum bat ich Katharina Trebitsch um Hilfe. Ob sie nicht Rühmann um ein Autogramm für mich bitten könne? Sie war sofort dazu bereit. Ich übergab ihr also eine zu diesem Zweck bereitgehaltene Langspielplatte.

Ich wartete eine Woche, einen Monat, ein Jahr, nichts kam, nichts mehr von der Schallplatte oder einem Autogramm gesehen oder gehört. Ein weiteres halbes Jahr geht ins Land, dann kommt, zusammen mit einem Brief, meine Langspielplatte. Begleitet von den Zeilen: »Manche Dinge im Leben dauern oftmals länger, vergessen aber werden sie nicht. Das ist mir wichtig! Herzliche Grüße, Ihre Katharina Trebitsch.« Das hat mich vor Rührung schier umgehauen. Man darf eben die Geduld nicht aufgeben.

Und wie endete die Sache mit den Videokassetten? Nun, das Zeitalter der Videokassette ging zu Ende. Inzwischen hat sie mir die Brunetti-Folgen aber tatsächlich zukommen lassen. Auf DVD. Manche Dinge dauern nun mal etwas länger, vergessen aber werden sie nicht.

Zu ihrem und ihres Vaters Geburtstag übersandte ich immer Grüße, wofür sie sich stets bedankte (sie ist eine der wenigen, die das tun). Doch das war ihr noch nicht genug. »Wie kann ich mich bei Ihnen bedanken?«, fragte sie einmal. Ich antwortete: »Sollte ich aus irgendeinem Grunde einmal gehenkt werden und man früge nach meinem letzten Wunsch, dann wär’s ein Glas mit Ihnen. Würd’s genießen, in vollen Zügen, Ihnen zuhören und ’s Maul halten.«

Sie meinte, so lange müssten wir nicht warten. Also, ich warte. Vergessen wird nicht.

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